2024-05-02T16:12:49.858Z

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Nachdem Lars vor Spielbeginn Zwillingsbruder Sven noch ein paar Takte mit auf den Weg gab, schnappte er sich ein Helles und machte sich auf in Richtung Seitenlinie.
Nachdem Lars vor Spielbeginn Zwillingsbruder Sven noch ein paar Takte mit auf den Weg gab, schnappte er sich ein Helles und machte sich auf in Richtung Seitenlinie. – Foto: Matthias Schieferdecker / Sebastian Heise

Die Bender-Zwillinge: Starallüren? Komplette Fehlanzeige! Ex-Profis leben die Kreisklasse

Sven mit Erfahrung im Spiel, Lars mit Bier an der Linie

Der TSV Brannenburg hat sein Spiel gegen den SV Riedering mit 3:2 gewonnen. Mit dabei im und am Spielgeschehen: die Ex-Löwen Lars und Sven Bender.

Brannenburg - Es läuft die zweite Halbzeit beim Spiel in der C-Klasse 1 Inn/Salzach zwischen dem TSV Brannenburg II und dem SV Riedering II, als plötzlich Sven Bender gut gelaunt auf dem Sportplatz Brannenburg auftaucht und das Vereinsheim betritt. Wenig später folgt sein Bruder Lars, der ebenso fröhlich in die Runde grüßt und sich ein Bier schnappt. Ein befremdliches Gefühl, wenn man daran denkt, dass die beiden vor erst fünf Monaten ihre letzten Profispiele für Bayer 04 Leverkusen* absolvierten.

Doch für die Bender-Brüder ist das Szenario an diesem frühen Samstagnachmittag ganz und gar nicht befremdlich. Denn es wird schnell klar: Die beiden kennen und wollen es gar nicht anders. Hier ein kurzes Gespräch, dort ein kleiner Plausch. Wüsste man nicht, dass es sich bei den Zwillingen um zwei superreiche und national bekannte Personen handelt, würde man meinen, dass der typische Amateurfußballer in doppelter Ausführung vor einem steht. Auf dem Vereinsgelände des TSV sind sie zwei von vielen, sie verlieren sich fast in der Masse.

Kreisklasse mit traumhafter Kulisse: Der Sportplatz des TSV Brannenburg.
Kreisklasse mit traumhafter Kulisse: Der Sportplatz des TSV Brannenburg. – Foto: Matthias Schieferdecker

TSV Brannenburg: Keine Starallüren - Lars und Sven Bender ordnen sich im Team unter

Und genau das wollen sie erreichen. Fernab von Pressetrubel und Interviews. Weit weg von der gesellschaftlichen Auffassung des unantastbaren Profifußballers. Denn eigentlich wollten die beiden seit Kindestagen einfach nur Fußball spielen, wie sie später noch erzählen werden. Den kommerzialisierten Profifußball, bei dem sich alles nur um Geld dreht, lehnen sie ab. In Brannenburg sind sie nah am Menschen. Ihre Bodenständigkeit, die sie im Laufe der Jahre nie verloren haben, merkt man besonders. In den Gesprächen geht es nicht um inhaltsleere Fußballfloskeln oder gestanzte Aussagen, sondern um authentische Anekdoten aus dem Leben, Witze und typische Kreisklasse-Sprüche.

Denn in dieser Liga kicken die beiden seit ihrem Rückzug aus dem Profifußball. Am Samstag spielte aber nur der um zwölf Minuten jüngere Sven. Sein Bruder Lars ist angeschlagen - wie so häufig in seiner Karriere - und deshalb zum Zuschauen verdammt. Er sah ein munteres Spiel, das schon nach nur drei Minuten einen ersten Höhepunkt bereithielt. Sven Bender schickte einen Mitspieler auf die Reise, dieser wurde im Strafraum des Gegners rüde gefoult. Den fälligen Strafstoß konnte Christopher Eckl, der Kapitän des Kreisklassisten, aber nicht im Tor unterbringen. Auch dieses kleine Detail - dass die erfahrenen Benders nach ihrer Rückkehr nicht die Kapitänsbinde für sich beanspruchen - spricht für die Charakteristik der Zwillinge.

War auch noch lange nach Spielabpfiff auf dem Sportplatz in Gesprächen involviert: Ex-Löwe Lars Bender.
War auch noch lange nach Spielabpfiff auf dem Sportplatz in Gesprächen involviert: Ex-Löwe Lars Bender. – Foto: Matthias Schieferdecker

TSV Brannenburg: Sven Bender glänzt als Spielmacher und Vorlagengeber

Bis zum ersten Treffer des Tages dauert es dann aber noch eine Weile. Kurz vor der Pause spielt Sven Bender einen maßgeschneiderten Pass in den Lauf von Mitspieler Mika Hanssum, der die 1:0-Pausenführung für die Gastgeber markiert. Kurz nach dem Seitenwechsel wiederholt sich dieses Zusammenspiel. Der einzige Unterschied: Der Pass vom ehemaligen Dortmunder war noch eine Spur feiner und überlegter als zuvor.

Im Spielstil von Sven Bender gibt es Unterschiede zu seiner aktiven Zeit. Er fordert kaum den Ball, teilweise lässt er sich im Mittelfeld treiben. Doch wenn er gebraucht wird, weiß er mit seiner Erfahrung und seiner Übersicht zu überzeugen. Auch die Anzahl an Zweikämpfen, vor denen sich der beinharte Defensivmann einst nie sträubte, lassen sich an einer Hand abzählen. Jeder körperliche Kontakt mit einem Gegenspieler wird minimiert. Verständlich, wenn man die langen Leidenszeiten von ihm und seinem Bruder kennt.

„Wir spielen als Freigeister überall.“

Lars Bender über seine und die Rolle seines Bruder beim TSV Brannenburg.

Nach dem zweiten Nackenschlag haben sich die Gäste aus Riedering noch nicht aufgegeben und versuchen weiterhin ihr Glück. Der Anschlusstreffer fällt dann nach knapp 70 Minuten im Getümmel nach einer Ecke. Die Gäste haben im Anschluss aber nicht die Möglichkeiten, den Ausgleichstreffer zu erzielen. Denn nur zwei Minuten später ist der alte Abstand wiederhergestellt. Kurz vor Schluss überschlagen sich die Ereignisse, als der SV innerhalb von fünf Minuten zu zwei hochwertigen Chancen kommt. Die erste, ein Foulelfmeter, wird von TSV-Keeper Fabian Drechsel vereitelt. In der 87. Minute hat er aber dann das Nachsehen, als ein Distanzschuss in den Maschen einschlägt. Am Ende zitterten sich Sven Bender und seine Jungs zum verdienten Heimsieg.

Nach Spielabpfiff sieht man Lars wieder gelassen mit einem belegten Brötchen über das Vereinsgelände schlendern. Er unterhält sich ausgelassen mit den Mannschaftskollegen. Auf die Frage, welche Positionen er und sein Zwillingsbruder im Brannenburger Spiel einnehmen, sagt der ehemalige Leverkusener Kapitän verschmitzt lächelnd: „Wir spielen als Freigeister überall.“ Genauer, meint er anschließend, hält er sich am liebsten im zentralen Mittelfeld auf der Sechser- bzw. Achterposition auf. Kurz darauf erscheint auch Bruder Sven aus den Katakomben des Kreisklassisten und gesellt sich zur Runde hinzu. (Paul Ruser)

Aufrufe: 018.10.2021, 20:15 Uhr
Paul RuserAutor