2024-05-02T16:12:49.858Z

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Ralf Zahn blickt in die Erfolge der Vergangenheit.
Ralf Zahn blickt in die Erfolge der Vergangenheit. – Foto: Andreas Mayr

BCF Wolfratshausen: Zahns Freistoß öffnet Tor zur Bayernliga

Sensationeller Aufstieg mit „Kreis-Auswahl“ 2004

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Es muss nicht immer der FC Bayern oder 1860 München sein – auch hier im Landkreis gab es im Laufe der Jahrzehnte viele große Mannschaften, die schöne Erfolge feiern durften.

Die Fußballer des TSV Wolfratshausen beispielsweise, die von 1966 bis 1969 unter der Regie des ehemaligen Nationalspielers Willi Siemetsreiter in der damals hochklassigen Landesliga antraten. In der gleichen Liga war der TuS Geretsried mit seinem Coach Hannes Salberg in den 1990er Jahren eine feste Größe. Nicht zu vergessen die Bezirksliga-Zeiten des SV Wackersberg (2004 bis 2007) und des SC Gaißach (2012 bis 2015) sowie der sensationelle Durchmarsch, der den SV Bad Heilbrunn 2019 bis in die Landesliga Südwest führte.

BCF Wolfratshausen schafft Aufstieg in die Bayernliga

Übertroffen wurden all diese Triumphe jedoch vom BCF Wolfratshausen, der am 5. Juni 2004 mit einem 3:2-Sieg nach Verlängerung gegen Quelle Fürth den Sprung in die damals noch eingleisige Bayernliga schaffte. „Diese Mannschaft war einfach überragend. Da hat alles gepasst, spielerisch wie menschlich“, lobt heute noch der zuständige Trainer Andreas Brunner. Der mittlerweile 53-Jährige hatte die Farcheter 2002 in die Landesliga geführt und seinen Kader sukkzessive ausschließlich mit Kickern aus der Region verstärkt. Das waren die ehemaligen Geretsrieder Ralf Zahn, Dirk Habian, Christian Fuchs und Dominik Irmer, die Ex-Wölfe Maxl Jakob, Martin Enax und Thorsten Krause sowie die „Oberlandler“ Thomas Simmeth und Martin Raffeiner (beide Kochel), Karl Murböck (Lenggries), Thomas Haslinger (Gaißach), Josef Kaltenhauser (Wackersberg), Daniel Heidemann (Bad Tölz) und Stefan Streicher (Antdorf). Das brachte dem BCF gleichermaßen Missgunst und Anerkennung durch die Nachbarvereine ein. „Was uns geholfen hat, waren die Pokalspiele auf den Dörfern. Die haben uns die Sympathie von vielen Fans eingebracht“, erinnert sich Brunner. Fortan sah man bei den Heimspielen Autos mit allerlei Kennzeichen aus dem Oberland auf dem Parkplatz des Isar-Loisach-Stadions stehen.

Die dritte Landesliga-Spielzeit verlief erfreulich für die Elf um Torhüter und Kapitän Thorsten Arlt, ehe man kurz vor Schluss ins Schlingern geriet. „Wir waren fast durch, haben aber dann fünf oder sechs Spiele vergeigt“, berichtet der damalige Libero Ralf Zahn. Das Resultat war, dass der BCF am Ende punktgleich mit dem MTV Ingolstadt an der Tabellenspitze lag. Ein so genanntes Bereinigungsspiel um die Meisterschaft wurde fällig und vor 1500 Zuschauern in Pipinsried ausgetragen. Mit 2:5 nach Verlängerung unterlagen die Farcheter, „aber es war überhaupt das beste Spiel, das wir in jenen Jahren gemacht haben“, sind sich Brunner und Zahn heute noch einig.

Zweite Chance gegen Fürth

Doch die Flößerstädter bekamen wenige Tage später eine zweite Chance – ein Aufstiegsmatch gegen Quelle Fürth in Ingolstadt. „Der gesamte Tag war unglaublich“, meint Ralf Zahn rückblickend. Die Mannschaft – begleitet von etwa 200 Anhängern im Fanbus oder per Privat-Pkw – war extra frühzeitig angereist, machte noch einen Spaziergang durch die Stadt. „Aber ich wollte unbedingt rauf auf den Platz“, so der damals 35-Jährige Zahn. Zu Beginn der Partie waren die Oberbayern klar unterlegen, gerieten nach 20 Minuten in Rückstand. Karl Murböck gelang jedoch per Kopfball das 1:1 (35.). „Das Glück war auf unserer Seite“, stellt Zahn fest, als Fürths Torjäger Valerie Ebongalle mit Gelb-Rot vom Platz musste. Dass der spätere TuS-Trainer selbst kurz darauf einen Elfmeter verschoss, „hat zu diesem Spiel gepasst“. Denn außerdem hatte sich Stammkeeper Arlt beim Aufwärmen eine Fingerverletzung zugezogen und musste vom jungen Martin Eberherr vertreten werden.

Die zweite Halbzeit verlief zunächst ausgeglichen, ehe Dominik Irmer ebenfalls per Kopfball die Farcheter auf die Siegerstraße brachte. Doch weit gefehlt: „Wir haben das dritte Tor nicht gemacht und waren nach dem Fürther 2:2 richtig am Boden“, berichtet Zahn. Er selbst war es aber, der dann die Weichen auf Aufstieg stellte: Der Libero zirkelte in der 99. Minute in seiner unnachahmlichen Art einen Freistoß in die Fürther Maschen. „Klar, das war meine Wiedergutmachung für den verschossenen Elfer“, scherzt der 52-Jährige. Quelle warf in der Folge alles nach vorne, doch die BCF-Defensive war auf dem Posten, während die eigenen Angreifer noch einige Überzahlsituationen zur Vorentscheidung ausließen. Um 19.54 Uhr war es dann soweit: Schlusspfiff, der Aufstieg in die Bayernliga war perfekt.

Riesen-Feier nach Aufstieg

An die Feierlichkeiten erinnern sich die Beteiligten noch gut. „Erst auf dem Platz, dann in der Kabine. Und auf der Heimfahrt im überfüllten Bus sind wir fast an jeder Tankstelle angehalten, um für Bier-Nachschub zu sorgen“, verrät Zahn. Stunden später trudelte der Tross im Isar-Loisach-Stadion ein, wo Offizielle und Fans schon warteten. Die Feier ging noch einige Stunden weiter, „und anschließend sind wir in Wolfratshausen um die Häuser gezogen“.

Als ein „tolles Erlebnis“ hat der heute 52-Jährige auch die folgende Saison in Erinnerung: „Aber es war auch schwer, die Bayernliga war uns eine Nummer zu groß.“ Von einem „großen Abenteuer“ spricht auch Andreas Brunner. Der Wolfratshauser Stadtteilklub musste sich mit vormaligen oder späteren Profi-Vereinen wie der SpVgg Bayreuth, dem FC Ingolstadt 04 und den zweiten Mannschaften des 1. FC Nürnberg, der SpVgg Unterhaching, Greuther Fürth und Jahn Regensburg messen. Sieben Siege sprangen nach 36 Spieltagen heraus, mehr als der 18. und damit vorletzte Tabellenplatz war nicht drin. „Aber von dem 2:0-Sieg im Nürnberger Frankenstadion reden alle Beteiligten heute noch“, freut sich der Coach. Man habe vorab beschlossen, kein Geld für Verstärkungen auszugeben. „Und die Jungs haben trotz der vielen Niederlagen tapfer mitgezogen.“ Bis auf einen, denn mit einer taktischen Veränderung forcierte der Trainer den vorzeitigen Abgang seines Liberos, der an Weihnachten zurück zum TuS Geretsried wechselte. „Die Einführung der Viererkette war in dieser Situation nicht sinnvoll. Wir waren ohnehin schon über dem Limit“, meint Ralf Zahn. Brunner selbst verteidigt seine Anpassung an das damals neue Konzept: „Sonst hätten wir nicht einmal diese 26 Punkte geschafft.“

Zahn: "Höhepunkt meiner Laufbahn"

Einig sind sich der damalige Trainer und sein Libero, was den Stellenwert dieses Triumphs betrifft. „Es war der Höhepunkt meiner Laufbahn, weil es einfach eine wunderschöne Zeit war. Die Mannschaft war überragend und das Verhältnis zu unserem Abteilungsleiter Toni Gamperl ausgezeichnet“, sagt Brunner. Zu seiner großen Freude treffen sich seine BCF-Kicker jedes Jahr am 5. Januar in Lenggries zum Skifahren und lassen anschließend die damaligen Ereignisse noch einmal Revue passieren. „Das wird von Karl Murböck organisiert, und 15 Mann sind immer dabei.“

Als einen „der schönsten Augenblicke meiner Karriere“, bezeichnet auch Ralf Zahn den damaligen Aufstieg. „Die Mannschaft war gewachsen und anerkannt im Landkreis. Außerdem waren das lauter bodenständige Burschen – das hat den Erfolg doppelt so schön gemacht.“ Und der langjährige Geretsrieder und Waldramer Trainer fügt noch an: „Heutzutage erinnert mich der SV Bad Heilbrunn ein bisschen an den damaligen BCF. Das gefällt mir, wie die das machen.“

Aufrufe: 025.5.2020, 11:37 Uhr
Thomas WenzelAutor