2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview

"Es ist Zeit, etwas anderes zu machen"

Interview der Woche mit Norbert Scheider über dessen Arbeit als Trainer beim VfR Wipperfürth

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Oberberg. Nach 18 Jahren verlässt mit Norbert Scheider ein echtes Urgestein den Kreisligisten VfR Wipperfürth. Thomas Giesen sprach mit dem Trainer über seine bewegte Zeit im Verein und wie er sich die Zukunft vorstellt.

Sie hatten am letzten Spieltag der Saison bereits frei. Sind Sie nicht ein wenig traurig, dass der letzte Akt ausgefallen ist?

Norbert Scheider: Es wäre natürlich perfekt gewesen, sich mit einem Heimspiel zu verabschieden und es ist natürlich traurig, dass es kein Spiel mehr zum Abschluss gab. Die zweite Mannschaft des SV Bergisch Gladbach hatte leider schon zurückgezogen. Da kann bei uns keiner etwas dafür. Aber wir haben schon vor Wochen etwas für den Samstag nach dem Saisonende geplant. Damals wussten wir noch nicht, ob wir am letzten Spieltag noch Punkte brauchen. Dann wird ein Allstar-Team aus den vergangenen 18 Jahren gegen die aktuelle erste Mannschaft des VfR Wipperfürth antreten. Das ist mein letzter Akt. Ich denke, dass wir einen schönen Ausklang haben werden.

Sie haben Ihre Entscheidung, den Verein zu verlassen, schon frühzeitig verkündet. Haben sie den Entschluss irgendwann mal bereut?

Norbert Scheider: Ich habe meinen Entschluss nie bereut, denn ich habe mir ihn ja gründlich vorher überlegt. 18 Jahre beim VfR waren eine sehr lange und schöne Zeit. Ich habe die Jahre Revue passieren lassen und gehe mit dem Verein vernünftig auseinander. Ich mache ja nur den Trainerposten frei, bleibe aber im Verein bei den Alten Herren tätig. Denn eins ist klar: ich werde immer zu VfR-Familie zählen Jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt im Trainer Dasein und es ist an der Zeit, mal etwas anderes zu machen.

Gibt es rückblickend einen besonderen Moment, an den Sie sich erinnern?

Norbert Scheider: Wenn ich Pech gehabt hätte, wäre ich keine acht Monate Trainer des VfR gewesen. Kurz nach meinem Engagement standen wir nämlich auf einem Abstiegsplatz in der Kreisliga A und es gab schon Stimmen, die meine Entlassung gefordert haben. Aber unser Präsident Hans-Jürgen Breidenbach hat zu mir gehalten. Wir sind dann im Jahr 2005 Kreismeister geworden, sind zweimal in die Landesliga aufgestiegen und haben zweimal den Hallenkreispokal gewonnen. Ein besonderer Moment war aber sicher der Gewinn des Kreispokals. Das gab es vorher noch nicht, in der Vereinsgeschichte. Daran sieht man, was passiert, wenn man jemanden in Ruhe arbeiten lässt und wie wichtig es ist, dass einem Vertrauen geschenkt wird. Das war ein Schlüsselerlebnis. Eines ist aber auch klar: als Trainer kannst du nur so viel Erfolg haben, wenn alles andere stimmt. Angefangen bei der Rückendeckung des Vorstandes über eine geile Mannschaft, die kicken will und kann, bis hin zu den Betreuern, die sich um alles kümmern, neben dem Fußball.

Wie wollen Sie nun Ihre Zeit verbringen?

Norbert Scheider: Ich habe im Moment für meinen Geschmack viel zu viel Zeit. Eigentlich laufen zu diesem Zeitpunkt des Jahres schon die Spielergespräche. Normalerweise hätte ich jetzt so viele Termine, dass ich sie gar nicht alle unter einen Hut bringen könnte. Im Moment habe ich noch keine konkrete Vorstellung. Ich mache jetzt erstmal Urlaub. Außerdem läuft ja die Weltmeisterschaft, die wird mir sicher über die schwere Zeit hinweghelfen. Meine Frau freut sich auch, dass ich endlich mal mehr Zeit habe und ich habe ja auch noch ein anderes Hobby. Die Jagd. Ich habe mir gerade erst noch einen zweiten Hund angeschafft, mit dem ich mich nun beschäftigen kann. Wenn die neue Saison mal angefangen hat, habe ich endlich auch mal Zeit mir anzusehen, was andere Trainer so machen und komme dazu, Spieler zu beobachten.

Die Sommerpause wird schnell wieder vorbei sein. Können Sie sich vorstellen, dass Sie dann ohne Fußball auskommen?

Norbert Scheider: Ganz ohne Fußball, auf keinen Fall. Aber wenn ich eine Aufgabe übernehme, dann nur eine mit Perspektive. Für irgendeinen Job, bei dem man nach einer Saison wieder entlassen wird, bin ich nicht zu haben. Die Harmonie im Verein muss stimmen und ich möchte dazu beitragen, etwas aufzubauen. Ein gewisses Niveau soll jedoch vorhanden sein. Ich würde gerne etwas in der Bezirks- oder Landesliga machen.

Das klingt ein wenig so, als würden Sie ein Ebenbild ihres ehemaligen Vereins suchen. Warum sind Sie dann überhaupt weggegangen?

Norbert Scheider: Ich habe den VfR in der Kreisliga übernommen und über die Jahre hinweg mit Spielern aus der eigenen Jugend geführt. Wir haben damals in die Jugend investiert, aber es in der vergangenen Zeit versäumt, nachzulegen. Ich habe ja meine Trainer A-Lizenz gemacht, um auch weiter höherklassig zu trainieren.

Das klingt, als würden Sie zur neuen Saison kein Engagement planen.

Norbert Scheider: Im Moment sieht es so aus, aber man weiß ja nie. Meine Frau hat jedenfalls ihre Zweifel, ob sich bis zum Saisonauftakt nicht noch etwas Neues ergibt. Zum Schluss möchte ich mich nochmal bei allen bedanken, die mir in den Jahren die Treue gehalten haben. Vorstand, Spieler, Betreuer und Fans. Danke und auf Wiedersehen.

Aufrufe: 016.6.2018, 08:00 Uhr
Oberbergischer Anzeiger/Thomas GiesenAutor