2024-05-02T16:12:49.858Z

Spiel der Woche
Bunte Fußballschuhe, rassige Zweikämpfe, ein Goldenes Tor kurz vor Abpfiff und am Spielfeldrand der süße Rauch einer Shisha - das ist Topspiel-Atmosphäre in der Fußball-A-Klasse 6. Foto: Wolfgang Zink
Bunte Fußballschuhe, rassige Zweikämpfe, ein Goldenes Tor kurz vor Abpfiff und am Spielfeldrand der süße Rauch einer Shisha - das ist Topspiel-Atmosphäre in der Fußball-A-Klasse 6. Foto: Wolfgang Zink

Vatanspors Jagd nach vielen Topspielen

Alltag in der A-Klasse - Folge 8: Geht es nach dem Vereinsvorsitzenden, steht zum Abschluss dieser Fußballsaison der lang ersehnte Aufstieg in die Kreisklasse

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Ein holpriger Sandplatz, in der Kabine eine Kiste Bier, das Trikot riecht nach Zigaretten — ja, man erzählt viel über die A-Klasse. Aber auch, dass man dort den Fußball noch so erleben kann, wie er ursprünglich einmal war. Wir wollen herausfinden, wie es wirk­lich ist, in den Niederungen des Ama­teurfußballs. Deshalb begleiten wir die A-Klasse Nürnberg 6 — eine ganze Saison lang.

Als die Schlussminute anbricht, hat Glaishammer noch einmal Einwurf auf Höhe des gegnerischen Straf­raums. Es ist die letzte Chance, noch einmal ins Spiel zurückzukommen, Glaishammer liegt 0:2 zurück. Den Glauben, in dieser Partie noch etwas zu reißen, hat man in den letzten Minu­ten nicht mehr unbedingt erkennen können; den weiten Bällen in der Spit­ze ist schon länger keiner mehr in den blauen Trikots nachgejagt, die Luft ist ihnen spätestens Mitte der zweiten Halbzeit ausgegangen, es ist die Defi­nition von Standfußball. Nun sind sie aber wenigstens noch einmal in Straf­raumnähe.

Ein Angreifer schnappt sich den Ball, er will das Spiel ein letztes Mal schnell machen, doch beim Wurf rutscht er ihm aus den Händen. Der Ball prallt ihm an den Hinterkopf, fliegt fast senkrecht in die Luft und kommt zwei Meter vor dem Angreifer wieder im Spielfeld auf. Dann kullert er ins Toraus — Abstoß für Vatan Spor. Der Angreifer bedeutet dem Schiedsrichter mit einer Geste, doch nun bitte endlich abzupfeifen. Der Schiedsrichter hat ein Einsehen, er nimmt die Pfeife in den Mund und atmet kräftig aus. Es bleibt beim 0:2.

Nach einem Topspiel hat diese Begegnung wahrlich nicht ausgesehen und tatsächlich ist es auch gar keines. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass dies erst das Vorspiel war. Die zweiten Mannschaften von Vatan Spor und Glaishammer hatten sich passender­weise ebenfalls an diesem Tag zum Fußballspielen verabredet, das ver­meintliche Topspiel ist dann doch nur Alltag in der B-Klasse 10. Das Duell zwischen den beiden ersten Mann­schaften, die in der A-Klasse 6 derzeit um den Aufstieg in die Kreisklasse kämpfen, ist da schon deutlich ansehnlicher: Das Tempo ist höher, die Zweikämpfe sind intensiver, mit­unter schmerzhaft, die Pässe finden relativ oft ihr Ziel und auch die Ballbehandlung sieht zuweilen nach jahrelanger Übung aus, wenn nicht gerade ein Platzfehler wieder das Dribbling unterbricht. Bei den ersten Mannschaften traut man sich sogar, bunte Fußballschuhe zu tragen.

Eigentlich hätte man sich schon deutlich früher in der Saison getrof­fen, weil bei Glaishammer zu dem Zeitpunkt aber noch die halbe Mann­schaft im Urlaub war, hat man das Spiel verlegt. Warum der Gegner die Lücken nicht mit Spielern aus der zweiten Mannschaft gefüllt hat, konnte man an diesem Tag ja ganz gut erahnen. Vatan Spor, der Verein, der 1989 von türkischen Einwanderern gegründet wurde, ist ungeschlagen in dieses Topspiel gegangen. Lediglich am ersten Spieltag haben sie sich ein Unentschieden geleistet, danach haben sie mal mehr, mal weniger deut­lich die Konkurrenz beherrscht. Es ist ihnen bislang als einzige Mannschaft gelungen, Tabellenführer Eintracht Süd zu schlagen, man hat sich in dieser Spielzeit einiges vorge­nommen.

„Es muss in dieser Saison einfach mit dem Aufstieg klappen“, sagt Emrah Barlak, Vorsitzender bei Vatan Spor.

Der Vorsitzende steht im Tor

In den vergangenen beiden Spielzei­ten haben sie den Relegationsplatz nur ganz knapp verpasst. „Unnötige Fehler“ waren die Ursache, erzählt Barlak. Einmal verloren sie am Saison­ende gegen den Tabellenletzten, ein anderes Mal stand ihnen kein Torwart mehr zur Verfügung. Also stellte sich Barlak selber zwischen die Pfosten und, nun ja, nun spielen sie immer noch in der A-Klasse 6. „Diesmal haben wir die nötige Qualität im Kader“, ist er sich sicher.

Nur im Top­spiel des Tages ist davon zunächst wenig zu sehen. In der Verteidigung grätschen sie sich fast gegenseitig um, nach vorne klappt wenig, Glaishammer domi­niert die erste Hälfte und geht nach 36 Minuten durch Paul-Andrei Fizesan in Führung. Im zweiten Abschnitt läuft es besser. Murat Tulgar erzielt für Vatan in der 73. Minute den Aus­gleich, doch in der Nachspielzeit gelingt Glaishammer durch Fizesans zweites Tor, einem Freistoß, noch der etwas glückliche Siegtreffer.

Die Enttäuschung bei Vatan Spor ist groß, trotzdem gewinnen sie zwei Tage später schon wieder ihr nächstes Spiel. Nach dem 4:1 gegen die Zweite von Johannis 83 stehen sie nun auf dem dritten Platz. Hinter dem TV Glaishammer. Sie werden daran arbeiten, dass auch das zweite Aufeinandertreffen in dieser Saison ein Topspiel wird. In der Hoffnung, dass es dann immer noch um die Aufstiegsplätze geht und dass Emrah Barlak nicht wieder ins Tor muss.

Aufrufe: 08.10.2014, 10:23 Uhr
Sebastian GloserAutor