2024-06-17T07:46:28.129Z

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Läuft wieder im Trikot des TSV Gräfelfing auf: Torjäger Philip Sterr kehrte vom SV Untermenzing zu den Wölfen zurück. A-FOTO: DAGMAR RUTT
Läuft wieder im Trikot des TSV Gräfelfing auf: Torjäger Philip Sterr kehrte vom SV Untermenzing zu den Wölfen zurück. A-FOTO: DAGMAR RUTT

Versöhnung auf der Wiesn: So kam Sterr zurück zu den Wölfen

Schmidt: "Der Freund ist das, was zählt bei uns"

Die Stimmung unter den beiden Freunden besserte sich mit jeder Mass Bier, die an den Tisch geschleppt wurde. Irgendwann stellten Stefan Schmidt und Philip Sterr fest, dass sie mehr verband, als trennte, und sie beschlossen, die Streitereien des Sommers endgültig zu begraben.

Dass sich der Fußball-Abteilungsleiter des TSV Gräfelfing und Münchens Kreisliga-Torschützenkönig auf der Wiesn wieder näher kamen, war im Juli noch nicht absehbar gewesen. Da schien das Tischtuch zwischen den beiden Spezln erst einmal für lange Zeit zerschnitten.

Obwohl der Angreifer seinem Spartenchef noch seine Dienste für die kommende Saison zugesagt hatte, brannte er kurz vor Torschluss, will heißen dem Ende der Wechselfrist, zum SV Untermenzing durch. Auf diesen Vertrauensbruch reagierte Schmidt so fassungslos wie ein gehörnter Ehemann. „So lange ich hier Abteilungsleiter bin, wird er in Gräfelfing nicht mehr spielen, außer in der AH“, rief der Enttäuschte dem treulosen Angreifer hinterher. Ja, die zarte Seele des bekennenden Gemütsmenschen war so sehr verletzt, dass er seinem ziemlich besten Freund felsenfest versicherte: „Lieber spiele ich mit anständigen Jungs in der Kreisliga als mit solchen Clowns.“

Doch es kam anders. Auf dem Oktoberfest tranken sich die beiden Unzertrennlichen ihre Beziehung wieder schön. „Der Freund ist das, was zählt bei uns“, säuselte Schmidt das Hohelied auf die wahren Werte des Lebens. Und so beschlossen sie, dass Sterr wieder im Schoße des Vereins aufgenommen wird, und das schon in der Winterpause. „Ich erledige das in Gräfelfing“, versicherte Schmidt seinem Kumpan mit der Selbstsicherheit eines altgedienten Strippenziehers. Im September sah man Sterr schon wieder im Vereinsheim an der Hubert-Reißner-Straße sitzen, und im November absolvierte er sein erstes Training bei der Reserve des TSV.

Eigentlich wollte der Angreifer in Untermenzing noch einmal eine sportliche Herausforderung suchen. Er absolvierte auch ein Dutzend Begegnungen für den Bezirksliga-Aufsteiger, in denen er elfmal in der Anfangself stand und acht über die volle Distanz bestritt. Aber sein Schussglück hatte ihn auf einmal verlassen. Mehr als drei magere Treffer gingen nicht auf sein Konto, zumal er nicht frei von Verletzungen blieb.

„Es ist ein bisschen unglücklich gelaufen“, brachte Florian Fiessmann das Intermezzo des mit vielen Vorschusslorbeeren bedachten Torjägers auf den Punkt. Der Technische Leiter des Sportvereins stellte jedoch klar, dass er Sterr keinen Vorwurf mache, schließlich habe der sich schnell integriert und immer vollen Einsatz gezeigt. Er betonte aber auch, „dass es kein Geheimnis ist, dass sich beide Seiten mehr versprochen haben“.

Sterr scheint diese Entwicklung im Sommer bereits geahnt zu haben. „Ich werde dort nicht ewig bleiben“, prophezeite er, „ich komme wieder, keine Frage.“ Damit diese Ankündigung bereits nach sechs Monaten Wirklichkeit wird, musste Schmidt den vereinspolitischen Salto mortale stehen. Es ist sicherlich nicht so, dass sich alle Wölfe ungeteilt über Schmidts Spezlwirtschaft freuen. Einige kümmert sie erst gar nicht, aber manche stoßen sich auch an ihr.

Also suchte Schmidt in Sachen Sterr einen Kompromiss, der auch die Kritiker im Klub ruhigstellt. „Er spielt auf keinen Fall in der ersten Mannschaft“, erklärte der TSV-Boss, „sondern in der zweiten.“ Sonst hätte er wohl das sofortige Zerwürfnis mit seinem Übungsleiter Franco Simon riskiert. Anders als Schmidt hat der Trainer dem Stürmer seinen plötzlichen Abschied im Sommer nicht verziehen. Zwei SMS will der Coach auf seinem Smartphone haben, in denen Sterr ihm seine ungeteilte Unterstützung auch in der Saison 2017/18 versicherte. Insofern ist es nur konsequent, dass er die Rückkehr des Angreifers in die Kreisliga-Elf nicht aktiv betreiben wird. „Es muss von der Mannschaft aus kommen, dass sie es wieder möchte“, deutet der Coach jedoch an. Letztlich sei der Wille des Teams ausschlaggebend, ob Sterr in dieser Saison doch noch für die Erste aufläuft oder die Runde wie geplant in der Reserve zu Ende spielt. Denn hier herrscht anscheinend noch Gesprächsbedarf. „Es gibt einige, die seinen Abschied in den falschen Hals bekommen haben“, verrät Simon. Prinzipiell stellt er jedoch ganz diplomatisch klar, „dass Sterr ein Gräfelfinger Junge ist, und jeder Gräfelfinger Spieler die Möglichkeit haben sollte, immer zurückzukehren“.

Mittlerweile ist der Wechsel vollzogen. Zuvor allerdings mussten noch einige notwendige Formalitäten geklärt werden. Fiessmann wollte Sterr „keine Steine in den Weg legen“, wie der Technische Leiter des SVU beteuerte. Probleme gab es zunächst allein wegen der Ablösesumme. Schmidt wollte nur gut die Hälfte des Betrages bezahlen, den er im Sommer aus Untermenzing erhalten hat. Aber darauf wollte sich der Bezirksligist nicht einlassen, der das vollständige Salär forderte: „Wir sind nicht die Caritas“, stellte Fiessmann klar. Offenbar kam es zu einer Einigung. Andernfalls wäre Sterr für insgesamt sechs Monate gesperrt worden und hätte sich bis in den Mai gedulden müssen, bis er wieder für die Wölfe hätte auflaufen dürfen. Aber das wollte Schmidt seinem guten Freund dann doch nicht antun, nachdem er ihm schon all seine Fehler so großzügig verziehen hatte.

Aufrufe: 04.1.2018, 11:28 Uhr
Christian Heinrich - Münchner Merkur (Würmtal)Autor