2024-05-02T16:12:49.858Z

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Mittendrin und voll dabei: Eine ganze Reihe beim Mannschaftsfoto hatte Bierofka fürs Funktionsteam reserviert.  M.i.S
Mittendrin und voll dabei: Eine ganze Reihe beim Mannschaftsfoto hatte Bierofka fürs Funktionsteam reserviert.  M.i.S

TSV 1860 München: Daniel Bierofka belohnt die Löwen-Waschfrau

Fairplay beim Fototermin

Ein Mannschaftsfoto ist für eine Fußballmannschaft unverzichtbar - das Shooting ist Routine. Beim TSV 1860 überraschte Trainer Daniel Bierofka dieses Jahr aber.

München – Es ist ein Pflichttermin im Kalender jedes Fußballvereins: das obligatorische Mannschaftsfoto, das meist in das kleine Zeitfenster zwischen (vorerst) letztem Transfer und Druck des kicker-Sonderhefts gequetscht wird. Für die Profis ist es Routine und trotzdem meist für ein paar Lacher gut (Spaßvögel, die Hasenohren mit den Fingern formen, gibt es überall). Für die Fans ist das Mannschaftsfoto mehr: Die einen trennen es aus der Zeitung und hängen es an die Wand. Andere schauen zumindest die Reihen durch, ob es was zu entdecken gibt. Ein junges Talent, eine neue Frisur, ein im Sommerurlaub gestochenes Tattoo – oder ein Team im Team, wie beim jüngsten Shooting des TSV 1860.

Bierofka beordert Funktionsteam zum Mannschaftsfoto

Es fällt auf: Die Mittelreihenlöwen (also die, die keine Bierbank brauchen) tragen andere Trikots als die Männer davor und dahinter. Noch mehr fällt aber auf, dass kein Aktiver in dieser Mittelreihe auftaucht, dafür Waschfrau Tanja Groll, Busfahrer Georg Ostermaier – das ganze Funktionsteam eben. Sie könnten ein eigenes Großfeldteam stellen. 13 Köpfe sind es genau, wenn man von Mitte links (Waschfrau Groll) bis Mitte rechts (Physiotherapeut Tobias Adams) durchzählt.

Am Tag des Fototermins war auch Daniel Bierofka ziemlich beschäftigt. Tags darauf nahm er sich ausführlich Zeit für die Presse – und legte dar, dass es sein expliziter Wunsch gewesen sei, auch die Mannschaft hinter der Profimannschaft ins (rechte) Bild zu rücken. „Mir ist die Waschfrau genauso wichtig wie mein Topspieler“, sagte er: „Das sind diejenigen, die sich im Hintergrund den Hintern aufreißen, damit die Jungs gute Leistungen bringen können. Dafür sollen sie belohnt werden. Spieler kommen und gehen, aber diese Leute sind mindestens genauso wichtig. Sie halten hier die Fahnen hoch und haben es deswegen nicht verdient, im Abseits zu stehen.“

Aaron Berzel: Der Wiederkehrer darf noch keine Interviews geben

Einer, der die Löwen-Fahne zuletzt auch ohne Vertrag hochgehalten hatte, feierte mit dem Foto seinen Wiedereinstand. Aaron Berzel ist gegangen, um zurückzukommen, und auch in den zwei Wochen des Wartens, ob die externe Finanzierung klappt, hatte der Allrounder Präsenz gezeigt. Er war beim Saisonauftakt da, beim Testspiel gegen Basel, zur Überbrückung joggte er mit seinen Hunden durch den Perlacher Forst – und erhielt gestern so viel Lob von seinem Trainer, als wäre er ein Mitglied des Funktionsteams. „Aaron ist universell einsetzbar“, schwärmte Bierofka über den Rückkehrer: „Aufgrund der Kaderstruktur ist es immens wichtig, dass er mehrere Positionen spielen kann. Auf dem Platz ist Aaron ein Typ, der immer gewinnen will.“ Und einer, der sich traut, den Mund aufzumachen. „Wir haben eine sehr ruhige Mannschaft“, so Bierofka: „Da brauchen wir auch Spieler, die extrovertiert sind.“ Ab sofort soll Berzel neben Mölders und Abwehr-Hoffnung Dennis Erdmann (Spitzname „Erde“) ein weißblauer An- und Wortführer sein.

Letzteres gilt fürs Erste allerdings nur intern. Interviews geben darf Berzel noch nicht – obwohl er schon 27 ist. Obwohl er den Verein bestens kennt. „Erst nächste Woche“, bat Bierofka um Geduld: „Aaron soll erst trainieren und dann reden. Das hat auch mal ein Trainer mit grauen Haaren gesagt.“

Löwen-Klassenerhalt hängt vom Teamplay ab

Eines stellte Daniel Lorant aber schon gestern klar: Berzel wird beim Miniturnier in Heimstetten (Samstag ab 16 Uhr, live bei Sky News HD) viel Spielzeit bekommen. „Ich will ihn auf jeden Fall neben Dennis Erdmann sehen”, sagte der Coach und meinte damit nicht das Mannschaftsfoto. Da steht Berzel ganz entspannt neben Topspieler Mölders. Auch das ein Vorteil der Rückholaktion. Wer wenig Geld für Neuzugänge hat, muss sich auch nicht so viel Gedanken über Integration machen. Wie sagte Bierofka, angesprochen auf das Saisonziel Klassenerhalt? „Es klappt nur, wenn wir ein Team sind.“ Was jetzt auch bildlich dokumentiert wäre.

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Zurück von der Tribüne auf den Rasen: Aaron Berzels Warten zahlt sich aus. Derweil sind die Fronten zwischen Löwen-Investor Hasan Ismaik und der TSV-1860-Geschäftsführung verhärtet. Eine Arabien-Expertin erklärt, woran es liegt: „Absolut die falsche Strategie, sorry!“

Aufrufe: 012.7.2019, 10:13 Uhr
Münchner Merkur / tz / Uli KellnerAutor