2024-05-02T16:12:49.858Z

Spielvorbericht
„Mentalitätsmonster“: 1860-Coach Bierofka sieht im Sturmrecken Sascha Mölders einen Bruder im Geiste. Foto: M.i.S.
„Mentalitätsmonster“: 1860-Coach Bierofka sieht im Sturmrecken Sascha Mölders einen Bruder im Geiste. Foto: M.i.S.

Mölders‘ Löwen-Tattoo muss noch warten

Stürmer erwartet keine Pfiffe

Vor dem Derby bei seinem Ex-Klub Augsburg stellt Mölders klar: „Wenn ich ein Tor schieße, werde ich jubeln“

Großflächige Tätowierungen zieren die Haut des Stürmers Sascha Mölders, und es sind auch vier Motive darunter, die den Karriereweg des 32-Jährigen als Fußballer nachzeichnen. „Das erste Tattoo ist von Duisburg, das war meine erste Erstliga-Station. Dann kommt Rot-Weiss Essen – das ist mein Heimatverein. Beim FSV Frankfurt habe ich meine ersten Zweitliga-Tore gemacht. Und beim FC Augsburg habe ich meine ersten Bundesliga-Tore erzielt.“ Berechtigte Nachfrage, sie wurde auch prompt gestellt: Fehlt da nicht ein Wappen? Das des TSV 1860 nämlich, für den der gebürtige Essener seit 2016 auf Torejagd geht? „Bei 1860 muss auch was Außergewöhnliches passieren, damit da ein Tattoo kommt“, sagte Mölders – und grinste.

Es ist unschwer zu erraten, welches außergewöhnliche Ereignis der Stürmer im Sinn hat, jetzt, da er mit den Löwen auf Aufstiegskurs surft und auch sonst den Eindruck erweckt, nicht unglücklich in München zu sein. Zwar wohnt Familie Mölders nach wie vor in Mering vor den Toren Augsburgs, in einer Doppelhaushälfte, finanziert mit Bundesliga-Gehältern. Auch seine viereinhalb Jahre beim FCA wirken nach, wie sich vor dem Wiedersehen am Sonntag in Form ungezählter Kartenanfragen äußert. Aber: So, wie Mölders jubelt, wie er sich reinhaut, wie er Ja gesagt hat zum freiwilligen Abstieg (Regionalliga statt 2. Liga) – so verhält sich doch nur jemand, der den TSV nicht als kaltes Austragsstüberl ansieht, oder? „Ich habe mich bei 1860 vom ersten Tag an wohlgefühlt“, sagt Mölders und will gar nicht mehr viel Worte verlieren über das Halbjahr des Horrors, das im Jahrhundertabstieg der Löwen gipfelte. „Für mich war es die schlimmste Zeit, die ich im Fußball erlebt habe“, gibt er zu: „Ich kannte das vorher nicht. Einige Leute haben gedacht, dass wir gar nicht absteigen können. In der Relegation sind wir dann jedenfalls verdient abgestiegen.“

Aber: Vorbei und ins geistige Hinterstübchen verdrängt. „Scheiße gelaufen“, schließt Mölders das Kapitel ab. Jetzt dagegen mache es wieder richtig Spaß. „Wir haben einen Trainer, der ehrgeizig ist und der wie ich nie verlieren will. Die Mannschaft ist super in Ordnung, wir haben keinen Stinkstiefel.“ Auch die Fans vergisst der Publikumsliebling nicht zu erwähnen. Ergo: Mölders fühlt sich wohl – und dann zahlt ein geradliniger Typ wie er auch gerne mit Leistung zurück.

Acht Tore hat er bei seinen 14 Regionalligaeinsätzen erzielt, dazu kommen sieben Assists – das ist sehr respektabel dafür, dass Mölders die Saison auf den letzten Drücker, untrainiert und mit dem Gegenteil eines Waschbrettbauchs begonnen hat. Warum Daniel Bierofka von Anfang an auf seinen Bruder im Geiste und Kurzzeit-Trainerkollege (SV Mering) gesetzt hat, verriet er kürzlich. „Sascha ist ein Mentalitätsmonster“, schwärmte Bierofka: „Wenn er auf den Platz geht, dann will er unbedingt gewinnen. Und das überträgt er auf die Mannschaft.“

Mölders ist laut Bierofka „prädestiniert“ für solche Derbys

Auch am Sonntag wollen Mölders und seine jugendlichen Nacheiferer ihre Siegermentalität ausleben. Die Löwen haben Respekt vor der Reserve des FC Augsburg, in der Mölders Verstärkungen aus dem Profikader erwartet („Ich würde mich freuen, Callsen-Bracker wiederzusehen“). Doch sie wollen ihre Erfolgsserie fortsetzen. „Jedes Spiel, das du gewinnst, lässt die Brust wachen“, sagt der Stürmer. Das Selbstvertrauen nach sechs Siegen in Folge scheint grenzenlos zu sein.

Mölders ist laut Bierofka „prädestiniert“ für solche Derbys, in denen es hitzig zugeht, in denen beide Fanlager alte Animositäten ausleben. Seit Donnerstag ist das Spiel offiziell ausverkauft, und es wird wohl Pfiffe geben, wenn die Löwen einmarschieren – aber nicht für ihn selbst, glaubt der der verdiente Ex-Augsburger (18 Bundesligatore, darunter das 1:0 beim ersten Sieg gegen den FC Bayern). „Die Fans haben mich auch da sehr, sehr gemocht“, erinnert er sich: „Ich freue mich darauf, noch einmal in der WWK-Arena zu spielen. Das wird ein schönes Spiel, sicher auch ein brisantes. Denn schon zu Zweitligazeiten ist es immer heiß hergegangen zwischen den beiden Klubs.“

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Bliebe noch zu klären, wie viel Augsburger der prominente Meringer noch ist und wie viel Löwe bereits? Wird er bei einem Tor gegen den Ex-Verein demütig das Haupt senken und die Freude still ausleben, wie das gerade Mode ist? Mölders, der geradlinige Typ, macht auch da kein großes Ding draus. „Wenn ich ein Tor schieße“, sagt er, „dann werde ich auf jeden Fall jubeln.“ Die Frage nach dem 1860-Tattoo, die könnte dann vielleicht im Frühjahr wieder aktuell werden.

Aufrufe: 013.10.2017, 16:20 Uhr
Uli Kellner - Münchner MerkurAutor