2024-04-25T14:35:39.956Z

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Lorenz Knöferl kam in der Hinrunde weder für die erste noch für die zweite Mannschaft des TSV 1860 München zum Einsatz.
Lorenz Knöferl kam in der Hinrunde weder für die erste noch für die zweite Mannschaft des TSV 1860 München zum Einsatz. – Foto: Ulrich Wagner

„Mir wurde das Fußballspielen verwehrt“: Lorenz Knöferl spricht erstmals über sein Aus beim TSV 1860

Abschied nach neuneinhalb Jahren

Im Interview spricht Lorenz Knöferl über seinen Abschied vom TSV 1860 München und den Neustart beim TSV Landsberg unter Sascha Mölders.

München – Fast ein Jahrzehnt spielte Lorenz Knöferl für den TSV 1860 München. Lange galt er als vielversprechendes Offensivtalent. Bis heute ist er der jüngste Torschütze in der Profifußballgeschichte der Löwen.

Doch ausgebremst von einer schweren Schulterverletzung, schaffte es Knöferl nicht, im Drittligakader Fuß zu fassen. Es folgten der Schritt in die zweite Mannschaft und eine Leihe zu Carl Zeiss Jena. Nach seiner Rückkehr im Sommer fand der 20-Jährige bei Sechzig aber keine Berücksichtigung mehr.

Im Interview spricht Lorenz Knöferl erstmals über sein Aus beim TSV 1860, den Neustart in Landsberg und seine Zukunftsambitionen.

Servus Lorenz, du hast vor zwei Wochen deinen Premierentreffer für den TSV Landsberg erzielt – per Fallrückzieher gegen die alten Teamkameraden. Wie hat sich das angefühlt?

Ich habe mich riesig über das Tor gefreut. Es war nach einer langen mentalen Leidenszeit mal wieder ein Erfolgserlebnis für mich. Nach dem Spiel kam auch über die Hälfte meiner alten Kollegen zu mir und hat gesagt: ‚Wir gönnen dir das’ und ‚geiles Tor’. Das hat mir schon viel bedeutet, weil ich mit Sechzig ja nicht so ganz im Positiven auseinander bin.

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Was ist zwischen dir und Sechzig vorgefallen?

Als Erstes möchte ich betonen, was ich 1860 alles zu verdanken habe. Ich habe dort während meiner Jugend die schönste Zeit verbracht und durfte meine ersten Spiele im Profibereich machen. Bei Sechzig habe ich mich nicht nur zu dem Fußballer, sondern auch zu dem Menschen, der ich heute bin, entwickelt. Von den neuneinhalb Jahren, die ich da war, würde ich mir neun genauso wieder ausmalen. Aber das letzte halbe Jahr war eine mentale Leidenszeit, wie ich sie im Fußball noch nie erlebt habe. Ich war 20 Jahre jung, topfit und wollte einfach nur kicken. Aber mir wurde das Fußballspielen verwehrt.

In der Hinrunde hast du weder für die erste noch für die zweite Mannschaft von Sechzig eine Minute auf dem Platz gestanden. Wieso?

Dafür muss ich ein bisschen ausholen. Ich hatte eine schwere Schulterverletzung und wurde zweimal operiert. Danach konnte ich nicht direkt wieder Fuß fassen, deswegen wurde mir die Leihe zu Carl Zeiss Jena nahegelegt. Ich bin dann in den Osten gegangen, um danach wieder eine Chance zu bekommen. Ich wollte unbedingt weiter für meine Jugendliebe 1860 München spielen. Aber nach meiner Rückkehr wollte mich der Jacobacci nicht haben, stattdessen wurde mir eine Vertragsauflösung aufgezwängt.

Als Elfjähriger wechselte Lorenz Knöferl von Glonntal in die Jugend des TSV 1860.
Als Elfjähriger wechselte Lorenz Knöferl von Glonntal in die Jugend des TSV 1860. – Foto: privat

In die du aber nicht eingewilligt hast?

Nein. Ich habe akzeptiert, dass die Entscheidung gegen mich gefallen ist, aber ich wollte nicht weg. Stattdessen wollte ich versuchen, über die zweite Mannschaft den Schritt zurück in den professionellen Fußball zu schaffen. Dafür habe ich mir auch tagtäglich den Arsch aufgerissen. Ich war Trainingsweltmeister, aber gespielt habe ich nie. Das lag aber nicht am Frank Schmöller (Trainer von 1860 II, Anm. d. Red.) oder jemandem aus der zweiten Mannschaft. Von der NLZ-Seite habe ich immer vollste Unterstützung bekommen. Aber eine gewisse Person, die mittlerweile nicht mehr in der Vorstandschaft tätig ist (Marc-Nicolai Peifer Anm. d. Red.), wollte mir Steine in den Weg legen, weil ich mich gegen die Vertragsauflösung entschieden hatte.

Innerlich stand ich kurz vor dem Burnout.

Lorenz Knöferl

Was hat das mit dir gemacht?

Ich habe mir nicht anmerken lassen, wie es mir persönlich geht, sondern versucht, das Trainingsniveau und die Jungs zu pushen. Ich habe mir gesagt: ‚Okay, ich kann zwar nicht spielen, aber die Laune werdet ihr niemals von mir abbekommen.‘ Woche für Woche saß ich in Gilching auf der Tribüne und habe zugeschaut. Das war natürlich nicht meine Pflicht, aber ich habe mit der zweiten Mannschaft trainiert und wollte deshalb auch meinen vollen Support geben. Innerlich stand ich aber kurz vor dem Burnout.

Nach einem halben Jahr auf der Tribüne hast du dich dann für den Schritt zum TSV Landsberg entschieden.

Ich wusste, solange diese eine Person da ist, werde ich keine Chance mehr bekommen. Und ich wollte nicht riskieren, noch ein halbes Jahr zu verlieren. Ich bin kein 35-jähriger Söldner, der nur für Geld spielt. Ich bin 20 Jahre alt und wollte unbedingt wieder kicken. 90 Minuten auf dem Platz zu stehen und Gas geben, ist für mich einfach das geilste Gefühl auf der Welt.

Ich bin Sascha sehr dankbar, dass er mir hilft, zurück in die Spur zu finden.

Lorenz Knöferl

Wie wurdest du in Landsberg aufgenommen?

Vorbildlich (lacht). Den ein oder anderen kannte ich ja schon von den Löwen. Allen voran natürlich Sascha (Mölders Anm. d. Red.), mit dem ich anderthalb Jahre zusammengespielt habe. Er hat mir auch sein Wort gegeben, dass er mich komplett unterstützt. Ich habe dann schon in der Vorbereitung relativ viel Spielzeit bekommen, weil ich ja sechs Monate lang kein Elf gegen Elf mehr gespielt hatte. Wenn du nur noch trainierst und auf kleinen Feldern spielst, verlierst du irgendwann die Orientierung und die Automatismen. Ich bin Sascha sehr dankbar, dass er mir hilft, zurück in die Spur zu finden.

Mit Sascha Mölders spielte Lorenz Knöferl bereits beim TSV 1860 München zusammen. Im Winter folgte er dessen Lockruf nach Landsberg.
Mit Sascha Mölders spielte Lorenz Knöferl bereits beim TSV 1860 München zusammen. Im Winter folgte er dessen Lockruf nach Landsberg. – Foto: Sampics

Sascha Mölders hat sein Wort gehalten und dich in den fünf bisherigen Bayernligaspielen von Beginn an aufgestellt. Dafür hast du ihn sozusagen in die Innenverteidigung verdrängt.

Ich glaube nicht, dass ich das alleine war (lacht). Er hat das ja in der Hinrunde schon gespielt und jetzt hatten wir in der Defensive ein bisschen Verletzungspech. Da hat er wieder ausgeholfen.

Wie stellt sich Sascha Mölders denn als Innenverteidiger an? Hat er auch auf der Position Bayernliga-Niveau?

Definitiv. Das hat er in den letzten Spielen bewiesen. Natürlich hilft ihm seine jahrelange Erfahrung als Stürmer. Er kann viele Spielsituationen lesen und hat ein super Stellungsspiel. Außerdem legt er eine harte Spielweise an den Tag. Da kann es schon mal passieren, dass er seinen Gegenspieler mitsamt Ball verräumt. Aber er hat letztens gesagt, dass er seine Karriere wahrscheinlich schon mit 27 Jahren beendet hätte, wenn er von Beginn an Innenverteidiger gespielt hätte (lacht).

Mit Landsberg steht ihr aktuell auf dem zweiten Tabellenplatz und seid punktgleich mit Spitzenreiter Schwaben Augsburg. Wo landet ihr am Saisonende?

Die Mannschaft und der Fußball, der in Landsberg gespielt wird, sind richtig geil. Es macht einfach Spaß. Wenn wir es schaffen, dass jeder an sein Maximum geht, ist die Meisterschaft auf jeden Fall drin.

Lorenz Knöferl (l.) mit seinem neuen Teamkollegen Daniel Leugner (r.).
Lorenz Knöferl (l.) mit seinem neuen Teamkollegen Daniel Leugner (r.). – Foto: Florian Rosina

Würdest du bei einem Aufstieg der aktuellen Landsberger Mannschaft die Regionalliga zutrauen?

Auf jeden Fall. Das merke ich allein am Trainingsniveau. Wenn Leugner und Cekic aufzocken und ihre Doppelpässe spielen, schaue ich nur hinterher.

Du bist der jüngste Torschütze in der Profifußballgeschichte des TSV 1860. Du bist immer noch erst 20 Jahre alt. Welche sportlichen Ambitionen hast du?

Ich habe meine Ausbildung zum Bürokaufmann abgeschlossen, habe also auf jeden Fall was in der Hand. Jetzt möchte ich versuchen, sportlich das Maximum aus meiner Karriere herauszuholen. Ich bin unglaublich diszipliniert und mache sehr viel für meinen Körper und für meine Athletik. Es wäre gelogen, dass ich das nur mache, um gut auszuschauen (lacht). Ich möchte schon zurück in den professionellen Fußball.

Interview: Simon Jacob

Aufrufe: 027.3.2024, 09:54 Uhr
Simon JacobAutor