2024-05-02T16:12:49.858Z

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“Mein Plan war, mich hochzuarbeiten“, sagt Bierofka dpa / Andreas Gebert
“Mein Plan war, mich hochzuarbeiten“, sagt Bierofka dpa / Andreas Gebert

Happy Birthday, Biero! Sein fast immer blaues Leben im Überblick

TSV 1860

Erst 40 und schon Löwen-Legende: In der tz lässt Trainer Daniel Bierofka sein fast immer blaues Leben Revue passieren.

Er hat den Status einer Löwen-Legende – obwohl er heute erst 40 Jahre alt wird. Daniel Bierofka kam im Sommer 2000 von den Amateuren des FC Bayern, wurde bei 1860 Nationalspieler, bejubelte Tore in Leverkusen und die Meisterschaft mit Stuttgart, ehe es ihn 2007 zurück nach München zog, wo er jetzt auch als Trainer erfolgreich arbeitet. In der tz zeichnet Bierofka die Stationen seiner bemerkenswerten Karriere nach.

Plötzlich ging’s gegen Leeds…

Bierofka über sein Debüt:

„Ich habe sechs Jahre bei Bayern gespielt, vier Jahre in der Jugend, zwei Jahre Amateure. U 21-Nationalspieler war ich auch. Es gab dann Anfragen aus Wolfsburg und noch von zwei anderen Vereinen. Sechzig war damals Vierter in der Ersten Liga und hatte einen tollen Kader. Es war die Frage, ob ich mich da überhaupt durchsetzen kann, aber Werner Lorant hat gesagt: Gib einfach Gas – dann wirst du auch spielen.

Und so war’s dann ja auch. Aber zuerst kamen acht Wochen Vorbereitung, die richtig hart waren. Gott sei Dank war ich ein Spieler, der relativ laufstark war und fit – so hab ich das überlebt und war drin. Plötzlich stand ich im Kader für Leeds, für das Quali-Spiel zur Champions League. Das war schon extrem, weil ich ja aus der Regionalliga kam. Natürlich war das gleich ein absolutes Highlight in meiner Karriere, ein einschneidendes Erlebnis. So etwas dürfen nicht viele Spieler erleben.“

Vorbild Ryan Giggs

Bierofka über Trophäen: „Ein Trikot hab ich eingerahmt zu Hause: das von Ryan Giggs. Der war mein großes Vorbild. Linksaußen wie ich – und für mich der Beste aller Zeiten. Wir hatten damals in Manchester gespielt. Zwar 0:2 verloren, aber hinterher bin ich trotzdem hin. Ich war ja auch Profi. Kein ganz großer Name, aber auch nicht ganz No-Name. Trotzdem bin ich wie ein Schuljunge zu ihm hin – und er hat’s mir gegeben. Ich weiß nicht, ob es jemals wieder so einen Linksaußen geben wird. Wie der gedribbelt hat, in höchstem Tempo – das war schon herausragend.“

Wechsel nach Leverkusen

Bierofka über den Transfer im Sommer 2002:

„Es war für beide Seiten eine Win-win-Situation. Leverkusen wollte mich unbedingt haben, sie waren damals Zweiter in der Bundesliga, zusammen mit Bayern der stärkste Club – und zuvor im Finale um die Champions League gewesen (1:2 gegen Real Madrid, d. Red.). Sechzig brauchte mal wieder ein bisschen Geld – so kam dann der Transfer zustande. Insgesamt war ich drei Jahre bei Bayer und hab dort tolle Erlebnisse gehabt, in Mailand gespielt, in Liverpool, Barcelona und Madrid. Real – das waren ja damals noch die Galaktischen.

Bierofka im Leverkusener Trikot

Mit Beckham, Raul, Zidane und (dem Brasilianer) Ronaldo, als der noch dünn war. Trotzdem haben wir sie 3:0 geschlagen. Champions League war immer wie ein Festtag. Duelle mit 1860 gab’s natürlich auch – gleich in meinem ersten Jahr haben wir beide Spiele 3:0 gewonnen. Beide Male hab ich das 1:0 gemacht. Das war schon ein komisches Gefühl.“

„Mein erstes Spiel war eigentlich Harakiri“

Bierofka über den nahtlosen Übergang in die Trainerlaufbahn: „Ich war erst Co-Trainer in der U 16. Mein Plan war, das von Grund auf zu lernen. Aber dann kam alles anders. Nach drei Monaten gab es den ersten internen Wechsel: Filip Tapalovic ist hoch zu den Profis, Wolfgang Schellenberg zur U 16 – ab da war ich Chef. Es hat mir auch unheimlich Spaß gemacht mit Jungs wie Lino Tempelmann (jetzt Freiburg) oder den Spitzer-Zwillingen (jetzt U 21).

ein Plan war: Zwei Jahre U 16, dann U 17 und U 19. Scheine machen, mich peu à peu hocharbeiten. Dass es dann so schnell zurück in den Profifußball ging, war ganz und gar nicht geplant, aber man kann sich die Herausforderungen nicht aussuchen. Schon mein erster Einsatz als Trainer der Profis war Harakiri, eigentlich. Dann kam die Zeit unter Vitor Pereira, den ich nach wie vor für einen guten Trainer halte. 2017 gipfelte alles im Totalzusammenbruch. Ja, und so entwickelst du dich dann weiter als Trainer.“

„Drei Spiele, nicht schlecht“

Bierofka über die DFB-Karriere: „Ich hatte ja schon 22 Länderspiele für die U 21 bestritten, aber im A-Team den Adler auf der Brust zu tragen und bei der Hymne dazustehen – das ist schon was ganz Besonderes. Einmal durfte ich mich sogar in die Torschützenliste eintragen lassen – in Österreich. Drei Spiele, ein Tor – gar nicht mal so schlecht, die Quote (lacht). Dass es bei den drei Einsätzen geblieben ist, lag wohl auch am Konkurrenzdruck in Leverkusen, der immer größer wurde. Krzynowek wurde gekauft. Ich war plötzlich mal drin, mal draußen. Nicht mehr 100 Prozent Stammspieler.

2005 kam dann auch noch meine erste schwere Verletzung dazu: ein Bandscheibenvorfall, der mich länger außer Gefecht gesetzt hat. Trotzdem bin ich dankbar für jedes Spiel. Ich empfinde es immer noch als Auszeichnung, dass ich überhaupt dabei war. Ich war ja sehr jung, 22 oder 23 – und das war schon ein Traum.“

Die Rückkehr zu Sechzig

Bierofka über den Ruf der Heimat 2007: „Ich hätte nach Gladbach gehen können, nach Bochum oder Bielefeld. Dann kam der Anruf von Stefan Reuter (1860-Manager) – mit einem langfristigen Vertrag als Angebot. Bei der Vorgeschichte mit meinem Knie war das mehr als eine Überlegung wert. David ist auch zu der Zeit auf die Welt gekommen – daher haben meine Frau und ich beschlossen, mal mehr den Heimatgedanken in den Vordergrund zu stellen.“

Meister mit den jungen Wilden

Bierofka über den Titelcoup mit Stuttgart 2007: „Das war außergewöhnlich: die Geschlossenheit, die da im Laufe der Saison entstanden ist. Wenn man allein sieht, wo die jungen Wilden von damals gelandet sind: Khedira, Hitzlsperger, Cacau, Gomez… Für mich war es schon deswegen toll, weil ich das Jahr davor unter Giovanni Trapattoni die schwere Knieverletzung hatte und gar nicht wusste, ob ich überhaupt wieder spielen kann. Für mehr als 13 Spiele hat es nicht gereicht. Aber: Ich war dabei!“

Dank an Willi und Werner

Bierofka über prägende Weggefährten: „Im Endeffekt nimmt man von jedem Trainer ein bisschen was mit. Trotzdem möchte ich zwei Menschen hervorheben: Meinen Vater Willi, der zwar nicht mein Trainer war – und Werner Lorant. Es ist ja so: Wenn es gut läuft, dann sind alle da. Da kannst du dir die Leute aussuchen. Aber auf meinen Vater konnte ich mich immer verlassen, er war auch in schwierigen Zeiten für mich da. Ja, und die Härte gegen mich selber, die hat mir Werner Lorant früh beigebracht. Es war garantiert nicht einfach mit ihm – trotzdem hatte ich immer das Gefühl, dass er mich besser machen will. Ich musste mir auch das eine oder andere anhören, was nicht so schön war. Das gehörte aber damals dazu. Die heutige Spielergeneration würde sich damit eher schwertun.“

Emotionen bei 1860

Bierofka über die Extreme bei 1860: „Meine große Stärke ist, dass ich mich extrem in Sachen reinbeißen kann. Es war eine Mammutaufgabe, aus dem Scherbenhaufen 2017 wieder etwas aufzubauen. Der Tag nach dem Totalabsturz hat sich angefühlt, als wäre jemand gestorben. Der Aufstieg war dann extrem – erst diese nervliche Anspannung, dann Gänsehaut pur. Auf einer Emotionsskala eine 10, ach was: eine 10 plus.“

„Das ist meine Exit-Strategie“

Bierofka über seine Zukunftspläne: „Mein Leben mit 50? Ganz schwere Frage. Ich hoffe, ich leb’ noch (lacht). Das ist mal das Erste. Ob ich bis dahin noch Trainer bin, kann ich jetzt nicht sagen. Das lasse ich auf mich zukommen. Ich hoffe jetzt erst mal, dass ich meine Prüfungen (für den Fußballlehrerkurs) zu Ende bringe, denn diese zehn Monate mit der Doppelbelas­tung 3. Liga waren mit das Härteste, was ich in meinem Leben hatte. Danach wird man sehen, wo mein Weg hin geht. Es muss auch nicht ewig der Profibereich sein. Ich kann auch wieder in den Ausbildungsbereich gehen.“

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Uli Kellner

Aufrufe: 07.2.2019, 08:54 Uhr
Münchner Merkur / tz / Uli KellnerAutor