2024-05-08T11:10:30.900Z

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Unbändige Freude im Grünwalder Stadion: Der Eschweiler Simon Seferings erzielt das entscheidende Tor zum 2:2 in der Relegation gegen Saarbrücken für die Münchener Löwen. Foto: imago/MIS
Unbändige Freude im Grünwalder Stadion: Der Eschweiler Simon Seferings erzielt das entscheidende Tor zum 2:2 in der Relegation gegen Saarbrücken für die Münchener Löwen. Foto: imago/MIS
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Extreme sind nicht sein Ding – oder doch?

Der Eschweiler Fußballer Simon Seferings ist nach langer Verletzungspause mit 1860 München in die 3. Liga aufgestiegen. Sein Ziel bleibt die Bundesliga.

Simon Seferings sagt über sich selbst, kein Mensch für Extreme zu sein. Gesagt hat er das, als er vor wenigen Tagen gerade von einem Kurztrip mit seiner Mannschaft aus Mallorca zurückkam. Der Grund für diese Tour: Seferings spielt für 1860 München und ist mit dem Traditionsverein gerade in Relegationsspielen gegen Saarbrücken in die 3. Liga aufgestiegen.
Der 22-Jährige, der aus Eschweiler stammt, war daran nicht ganz unbeteiligt. In der 83. Minute des Rückspiels erzielte er kurz nach seiner Einwechslung das 2:2. Mit seinem ersten Ballkontakt. Nach dem 3:2-Erfolg der Löwen im Hinspiel stand der Aufstieg fest. Nach der Spontanfeier auf der Lieblingsinsel der Deutschen weilt Seferings nun im Urlaub. Und blickt auf eine Rückrunde, die – zumindest ein Stück weit – extrem war . . .

Der Reihe nach: Seferings ist 14 Jahre alt, als er Eschweiler in Richtung München verlässt. Er kickt in seiner Jugend für Germania Dürwiß und die Sportfreunde Hehlrath, wechselt dann zur Aachener Alemannia, wo er auch zum U 15-Nationalspieler wird. Es folgen Angebote zahlreicher Bundesligaklubs. Der 1. FC Köln, Borussia Mönchengladbach, Bayer Leverkusen und die TSG Hoffenheim klopfen an. Und der FC Bayern München. Simon Seferings kann nicht widerstehen und zieht ins Internat des FC Bayern.

Seferings spielt für Bayerns U 17, später für die U 19. Ein weiteres Highlight folgt: Unter Pep Guardiola darf Seferings eine Trainingseinheit bei den Profis mitmachen. Auch für die zweite Mannschaft absolviert er ein Spiel. Einen Vertrag bekommt er jedoch nicht. Vom FC Bayern wechselt er zum SV Heimstetten. Der Verein spielt damals in der Regionalliga. Nach einer Spielzeit geht's zurück nach München, zum Rivalen des FC Bayern, dem TSV 1860 München. Seit dem 1. Juli 2015 steht er dort unter Vertrag. Damals spielen die Sechziger noch in der 2. Bundesliga, Seferings kickt für die zweite Mannschaft. 40 Spiele und sechs Tore stehen für den Mittelfeldspieler zu Buche. Es hätten mehr sein können, aber der gebürtige Eschweiler hat immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen.

„Bei Bayern ist alles viel größer. Aber die Atmosphäre ist bei 1860 viel intensiver. Die Emotionen sind extrem.“

Simon Seferings

Schon in der Jugend bricht er sich den Arm, beim FC Bayern reißt er sich das vordere Kreuzband. Er kämpft sich immer wieder zurück. Im Herbst 2016 werden bei Seferings zwei kleine Einrisse im Meniskus diagnostiziert. Es folgt eine Operation, eigentlich ein kleiner Eingriff. Er absolviert die Reha, plötzlich tritt der Schmerz wieder auf. Ein anderer Arzt entscheidet, dass eine Tablettenkur helfen soll. Nach sechs Wochen kehrt er ins Mannschaftstraining zurück, doch es folgt eine weitere OP.

16 Monate fällt er mit dieser Verletzung insgesamt aus. Inzwischen hat sich bei 1860 München viel getan. Die erste Mannschaft ist aus der 2. Liga abgestiegen und hat für die 3. Liga keine Lizenz erhalten. Immer wieder sorgt Geldgeber Hassan Ismaik für Schlagzeilen. Die einstige zweite Mannschaft wird im Verein zur ersten und legt eine starke Hinrunde hin. Verstärkt mit ehemaligen Bundesligaspielern wie Sascha Mölders strebt das junge Team den Aufstieg in die 3. Liga an. Von den oft negativen Schlagzeilen rund um den Verein bekommt die Mannschaft nur wenig mit, sagt Seferings. Klar lese man viel, aber Trainer Daniel Bie-rofka halte eventuelle Querelen im Verein von seinem Team fern. „Momentan ist natürlich auch alles sehr positiv“, sagt er.

Seferings kann im ersten Halbjahr der gerade beendeten Saison nur zuschauen. Zum Start der Rückrunde steht er im Kader. Mehr noch: Am 25. Spieltag steht er in der Partie gegen Nürnberg II in der Startelf – und trifft nach nur vier Minuten zum 1:0 für seine Elf. Eine Bilderbuchrückkehr nach der langen Verletzungspause.

In der Rückrunde spielt er mal von Anfang an, mal gar nicht. Auch, weil Bierofka den Eschweiler behutsam aufbauen möchte. Gegen den FC Ingolstadt II lässt er einen weiteren Treffer folgen.

Dann steht die Relegation an. Im Hinspiel beim 1. FC Saarbrücken spielt Seferings keine Sekunde. Seine Mannschaft gewinnt 3:2. Das Rückspiel wird zum Krimi. Wieder steht er nicht in der Startelf. Die Geschichte ist bekannt: Saarbrücken führt 2:0. Ein Elfmeter von Mölders führt zum 1:2 und in der 83. Minute schlägt Seferings' große Stunde. Aus kurzer Distanz schiebt er zum 2:2 ein.

Die Stimmung im Stadion an der Grünwalder Straße in diesem Moment: unbeschreiblich. Daran macht Seferings auch den großen Unterschied zwischen dem FC Bayern und 1860 fest. „Bei Bayern ist alles viel größer. Aber die Atmosphäre ist bei 1860 viel intensiver. Die Emotionen sind extrem.“

Seferings hat seinen Vertrag bei 1860 München kurz vor der Relegation um zwei Jahre (plus Option auf ein weiteres) verlängert. Der Trainer habe ihm stets vertraut, das möchte er nun zurückzahlen. Dennoch baut er auch für die Zeit nach dem Fußball vor. An der Fernuni in Düsseldorf hat er ein Studium begonnen: Sportmanagement. Lange ausruhen kann er sich nicht, da die Vorbereitung auf die neue Saison bereits am 18. Juni beginnt.

Geht es nach Seferings, ist die
3. Liga nur Durchgangsstation. „Mein Ziel ist die 1. Bundesliga“, sagt er. „Ich weiß, was ich kann.“ Sollte er dieses Ziel erreichen, wäre das nach den Höhen und Tiefen dann doch ein wenig extrem . . .

Aufrufe: 06.6.2018, 06:00 Uhr
Tobias Röber | AZ/ANAutor