2024-05-02T16:12:49.858Z

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Daniel Bierofka ist jetzt offiziell Fußball-Lehrer. dpa / Tobias Hase
Daniel Bierofka ist jetzt offiziell Fußball-Lehrer. dpa / Tobias Hase

DFB-Ausbilder Niedzkowski über Bierofka: „Ehrgeizig, aber kein Streber“

65. Fußball-Lehrer-Jahrgang

Daniel Bierofka hat den 65. Fußball-Lehrer-Jahrgang des DFB bestanden. Anlässlich der Trainer-Gala, bei der er sein Zeugnis erhält, sprach die tz mit seinem Ausbilder Daniel Niedzkowski.

München - Anfang März hat Daniel Bierofka erzählt, wie sehr er sich an die Fahrten nach Hennef gewöhnt hatte, an die Lernerei im Zug, an das kollegiale Miteinander im 65. Fußball-Lehrer-Jahrgang des DFB. „Schon komisch, dass das dann von einem auf den anderen Tag vorbei ist“, sagte er. Am Mittwoch, den 27. März, bei der Trainer-Gala in Köln, sieht er sie noch einmal wieder, seine Leidensgenossen aus der zehnmonatigen Ausbildung an der DFB-Akademie – und auch den Lehrmeister Daniel Niedzkowski (42). Ob Bierofka wirklich so ein Musterschüler war, wie alle glauben, wo er seine Stärken und Schwächen hatte – darüber sprachen wir mit dem Mann, der den Ausbilderjob beim DFB seit 2008 mit dreijähriger (Co-Trainer in Leverkusen) Unterbrechung ausübt.

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DFB-Ausbilder Niedzkowski spricht im Interview über Daniel Bierofka

Herr Niedzkowski, haben Sie Ihren Smoking schon rausgehängt? Oder geht es gar nicht so feierlich zu bei der Trainer-Gala?

Niedzkowski: Doch, das ist schon ein feierlicher Anlass. Ein Smoking wird’s jetzt nicht bei mir, aber Anzug und Krawatte packe ich dann schon mal aus.

Es ist ja die insgesamt 7. Klasse, die Sie betreut haben. Konnten Sie auch etwas lernen von Bierofka, Andreas Hinkel und Co.?

Niedzkowski: Auf jeden Fall. Es ist ohnehin nicht mein Stil, dass ich von oben herab sage, wie es geht. Meine Aufgabe ist es eher, das zu strukturieren, was sie sowieso mitbringen. Es sitzt schließlich ganz viel Wissen und Trainererfahrung im Raum. Auch ich lerne da viel.

War es denn eine eher strebsame oder eine anstrengende Klasse?

Niedzkowski: Ist das ein Gegensatz? Auch eine strebsame Klasse kann anstrengend sein (lacht). Es war auf jeden Fall eine sehr ehrgeizige Gruppe. Jeder wollte ganz viel für sich mitnehmen. Trotzdem haben sie ihr Wissen miteinander geteilt. Es gab eine erfrischend offene Gesprächskultur – mit sehr ehrlichem Feedback.

„Er ist total fleißig, akribisch“

Stichwort Ehrgeiz. Im Umfeld der Löwen gilt Daniel ­Bierofka als Trainertalent, der Eifer mit Ehrgeiz paart – und sehr detailversessen arbeitet. Wie haben Sie ihn erlebt?

Niedzkowski: Das würde ich zu 100 Prozent unterschreiben. Ehrgeizig ist er nicht nur, was Ergebnisse angeht, sondern auch seine eigene Entwicklung. Er ist total fleißig, akribisch. Er ist sehr verbindlich in dem, was er sagt. Ehrlich mit sich – und mit anderen. Auch die Detailversessenheit würde ich unterschreiben, er saugt wirklich alles auf.

Ist er ein Streber?

Niedzkowski: Nein, das ist er nicht. Bei dem Wort denke ich an den klassischen Nerd, aber das ist er nicht, auf keinen Fall. Er ist ehrgeizig, aber kein Streber.

Er selber sagt, dass er sich vor allem in Physiologie „nicht schlecht“ angestellt habe. Können Sie das bestätigen?

Niedzkowski: Das ist zwar nicht mein Fachbereich, aber die Ergebnisse sprechen für ihn. Da hat er sich richtig reingekniet. Das kennzeichnet ihn ja generell. Er hat immer den Anspruch, das Maximale zu leisten.

1860 ist ja ein traditionell unruhiges Pflaster – bei dem viel diplomatisches Geschick gefragt ist. Beherrscht er die Klaviatur der Psychologie?

Niedzkowski: Auf jeden Fall. In so einem Umfeld ist auf der einen Seite Diplomatie gefragt – auf der anderen muss man aber auch klare Worte sprechen. Das kann er beides. Er ist sehr sensibel dafür, was eine Situation erfordert. Er kann sich psychologisch geschickt verhalten, Menschen für sich gewinnen – auch durch seine ehrliche, verbindliche Art.

„Er macht das richtig, richtig gut“

Es klingt, als wäre er ein Naturtalent als Trainer.

Niedzkowski: Ein riesiges Trainertalent aus meiner Sicht. Er macht das richtig, richtig gut. Ich finde es wichtig, dass wir Leute wie ihn als Trainer haben, und ganz sicher – ob jetzt bei 1860 oder woanders – ist das noch nicht das Ende seines Weges.

Hatte er bei der Benotung einen Bonus wegen seiner Doppelbelastung?

Niedzkowski: Nein. Der Faktor war bei ihm natürlich gegeben, aber dann müsste man auch bei anderen gewisse Umstände wohlwollend beurteilen. Wenn wir damit anfangen, kommen wir in Teufels Küche.

Seit Bierofka nicht mehr wochentags in Hennef ist, läuft es sportlich: Aus den letzten fünf Spielen holte 1860 vier Siege. Sehen Sie da einen Zusammenhang?

Niedzkowski: Sie gewinnen jetzt halt Spiele 1:0, die sie vorher noch 1:1 gespielt haben. Wenn sich’s in Ergebnissen widerspiegelt, soll es mir recht sein, aber ich find es vor allem für sein eigenes Belastungs-Management wichtig, dass er mal runterkommt. Und dass er jetzt immer vor Ort ist, sollte der Mannschaft idealerweise auch nicht schaden (lacht).

Die Löwen haben jeweils neun Punkte zu den Aufstiegs- und den Abstiegsplätzen. Was würden Sie ­Bierofka raten: Defensiv bleiben? Oder mal verbal einen raushauen?

Niedzkowski: Dazu würde ich auf gar keinen Fall raten. So, wie ich 1860 kennengelernt habe, ist es auch gar nicht notwendig, Stimmungen zu befeuern. Tiefstapeln, das weiß er selber, ist bei 1860 wahrscheinlich die bessere Alternative.

Trauen Sie Bierofka zu, bei 1860 eine Ära zu prägen wie in den 90ern Werner Lorant?

Niedzkowski: Ja, absolut. Ich glaube auch, dass er jemand ist, der gerne Kontinuität hat. Außerdem hat er sehr klare Visionen, wie er den Verein weiterentwickeln würde. Er würde das allerdings auf seine eigene Art machen, nicht nach Art von Lorant.

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Uli Kellner

Aufrufe: 027.3.2019, 09:22 Uhr
Münchner Merkur / tz / Uli KellnerAutor