2024-05-02T16:12:49.858Z

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Vincent Haber (am Ball) hat sich bei der TSG Pfeddersheim schnell zu einer festen Abwehrgröße entwickelt. 	Foto: Rolf Ruppenthal
Vincent Haber (am Ball) hat sich bei der TSG Pfeddersheim schnell zu einer festen Abwehrgröße entwickelt. Foto: Rolf Ruppenthal

Prüfungssaal statt Trainingsplatz

Vincent Haber, Shootingstar der TSG Pfeddersheim, kann sich „dank“ Corona voll auf seine Abiturprüfungen konzentrieren

Worms. Die Tinte der Deutsch-Klausur ist schon getrocknet. Jetzt stehen Geschichte und Biologie an. Seit Ferienende läuft in Rheinland-Pfalz das schriftliche Abitur. Auch für Vincent Haber. Der 18-Jährige baut gerade am Wormser Gauß-Gymnasium sein Abitur, dem in Zeiten der Corona-Pandemie die komplette Aufmerksamkeit gelten kann. Schließlich muss der gebürtige Grünstädter nicht noch zeitgleich eine kräftezehrende Winter-Vorbereitung bei der TSG Pfeddersheim bewältigen. Auf diesen „günstigen“ Nebenaspekt in tristen Zeiten könnte der Gymnasiast aber gut verzichten.

„Fußball ist in so einer Zeit zweitrangig“

„Ich kann dem Lockdown nichts Positives abgewinnen“, betont er – und begegnet dem verordneten Stillstand dabei mit uneingeschränkter Zustimmung. Okay, ein Problem wäre es für ihn grundsätzlich nicht gewesen, parallel zu den Abi-Prüfungen auch Fußball zu spielen. Und natürlich verzichtet er nur ungern auf die Jagd nach dem begehrten Leder. Die hohe Zahl an Infektionen und Todesfällen durch Covid 19 überlagert in seinen Augen aber alles. Manche Familien seien schlimm betroffen, die Bewältigung der Pandemie habe absolute Priorität: „Fußball ist in so einer Zeit zweitrangig.“

Es sind unerwartete Worte, die der Youngster da wählt. Schließlich war der 18-Jährige in Pfeddersheim vor der Saisonunterbrechung überraschend schnell zur Stammkraft avanciert, strahlte Selbstvertrauen und Ehrgeiz aus. Und er wurde belohnt. Bei allen neun Oberliga-Spielen, die ausgetragen wurden, stand Vincent Haber auf dem Platz. „Läuft ganz gut“, sagt er und sieht sich in seiner Überzeugung bestätigt, bereit gewesen zu sein für den Sprung in den Herrenbereich.

Bestärkt wurde er in dieser Einschätzung im Sommer durch Daniel Wilde. Der TSG-Trainer hatte Haber bereits zu gemeinsamen Zeiten beim 1. FC Kaiserslautern unter seinen Fittichen. „Ich behalte meine Spieler immer im Auge“, sagt der Lauterer und erklärt so, weshalb er nach seinem Einstieg bei der TSG auch mal bei Wormatia vorbeischaute, wo sein Ex-Schützling zuletzt in der A-Jugend spielte. Für Wilde kommen nachdenkliche Aussagen seines Abwehrmannes hinsichtlich der Corona-Pandemie nicht überraschend. Auf seinem Instagram-Account grüßt dieser zwar mitunter mit herbem Musikgeschmack. „Er ist aber ein absolut bodenständiger Junge“, sagt der TSG-Coach. Eine „gewisse Demut in der Arbeitseinstellung“ bringe Haber als „fleißiger Arbeiter“ mit. Natürlich gebe es Defizite. „Ich wusste aber, was wir bekommen“, unterstreicht Wilde: „Ich habe ihm den Sprung definitiv zugetraut.“ Und als sich bei der TSG nach einigen verletzungsbedingten Ausfällen ruck-zuck für Haber die Tür öffnete, da war der 18-Jährige da. Wilde: „Er hatte sich im Training sehr gut präsentiert. Manchmal braucht man auch ein bisschen Glück.“

Eigentlich könnte Vincent Haber noch immer im Nachwuchs spielen, ist er doch erst in seinem zweiten A-Jugend-Jahr. Reizvoll sei es bei den Wormatia-Junioren ja auch gewesen: „Wir hatten eine sehr gute Mannschaft. Es war schon spannend, gegen Vereine wie den 1. FC Saarbrücken oder den SV Elversberg zu spielen.“ Spannend ist es jetzt aber auch in Pfeddersheim. Und ein Aspekt sticht dabei heraus: „Das Tempo im Herrenbereich ist ein ganz anderes.“

Der Herausforderung hat er sich ganz bewusst gestellt. Und er sei auch keineswegs nach Pfeddersheim gekommen, um sich hier auf die Bank zu setzen. „Ich wusste, dass es schwer wird und ich hart arbeiten muss“, umschreibt er die eigene Einschätzung seiner Ausgangsposition. Zu dieser gehörten auch die Defizite, die ihm aufgezeigt worden seien. Seinem Ehrgeiz tat dies aber keinen Abbruch: „Ich gebe immer hundert Prozent, will auch im Training jedes Spiel gewinnen.“

Besondere Atmosphäre bei Klausuren

Jetzt gilt aber dem Abi das uneingeschränkte Hauptaugenmerk. Muss. Soll. „Ich bin kein Musterschüler, das weiß ich“, schmunzelt er. „Ich denke aber, dass es gut vorangeht.“ Die Klausur in Deutsch sei schon mal „ganz gut“ gewesen. Jetzt stehen noch Geschichte und Bio an. In besonderer Atmosphäre. „Wir sind mit Masken in den Prüfungsraum gegangen, die Tische standen mit genügend Abstand“, beschreibt er die Szenerie bei der ersten Klausur: „Beim Schreiben durften wir die Masken absetzen.“ Dem Hygienekonzept der Schule gilt sein ganzes Vertrauen: „Ich habe keine Angst, es werden alle nötigen Maßnahmen getroffen.“

Wie es dann im Februar weitergeht, vermag niemand einzuschätzen. Fußball? Gerne würde Vincent Haber wieder Spiele gewinnen, Daniel Wilde sieht den Abwehrmann in seinen Plänen als feste Größe. Und am Gauß soll es nach den schriftlichen Prüfungen eigentlich wieder zurück in den Präsenzunterricht gehen. Wie schnell beides aber Realität wird, vermag niemand einzuschätzen. Vincent Haber hat da eine eindeutige Priorität.

Aufrufe: 023.1.2021, 14:30 Uhr
Carsten SchröderAutor