2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Michael Hofmann macht auch mit 44 Jahren noch eine gute Figur zwischen den Pfosten.  Foto: Gerd Jung
Michael Hofmann macht auch mit 44 Jahren noch eine gute Figur zwischen den Pfosten. Foto: Gerd Jung

Michael Hofmann fliegt und fliegt und fliegt

Mit 44 Jahren greift der Ex-Keeper des SSV Jahn mit Pullach nach der Meisterschaft. Doch bald ist wohl endgültig Schluss.

In der Nachspielzeit ist es so weit: Orhan Akkurt versenkt den Ball aus zwölf Metern im Netz, Torhüter Michael Hofmann ist geschlagen. Kurz darauf ertönt der Schlusspfiff. Der SV Heimstetten beendet die beeindruckende Serie des SV Pullach. Am 23. Spieltag verlassen die Fußballer des Bayernligisten das erste Mal in dieser Saison als Verlierer den Platz.

„Das tut natürlich weh, ist aber nicht mehr ganz so ein Weltuntergang für mich wie früher als Profi“, sagt Michael Hofmann im Gespräch mit unserem Medienhaus. Der Ex-Keeper des SSV Jahn Regensburg und des TSV 1860 München strotzt weiter vor Tatendrang – wie in erfolgreichen alten Zeiten. Eigentlich hatte Hofmann seine Torwarthandschuhe 2013 bereits an den Nagel gehängt. Eigentlich – denn dann juckte es ihn doch noch einmal in den Fingern. Und so steht der Mann mit der Rückennummer 43 mit 44 Jahren noch immer zwischen den Pfosten. „Mich hat es einfach nochmal gereizt, in der Bayernliga anzugreifen“, erklärt Hofmann, warum er sich im September 2015 zum Rücktritt vom Rücktritt überreden habe lassen.

Die Bilanz des dienstältesten Bayernliga-Spielers kann sich sehen lassen. 48 Mal stand Hofmann für den aktuellen Tabellenführer der Bayernliga Süd auf dem Platz. Nur drei Mal ging sein Team leer aus. Im Schnitt kassierte Hofmann in dieser Spielzeit weniger als einen Gegentreffer. „Wir haben ein paar Gegentore zu viel kassiert – zwei, drei muss ich mir selbst ankreiden“, gibt er sich kritisch.



Wiedersehen mit Ex-Klub

Ein alter Weggefährte hat es mit seiner Truppe zumindest geschafft, Hofmann und Co. beim 2:2 in der Hinrunde ein Remis abzutrotzen: Harry Gfreiter. Der Coach der U21 des SSV Jahn Regensburg, der zu Hofmanns Jahn-Jahren als Co-Trainer der Profis fungierte, freut sich bereits auf das Wiedersehen am vorletzten Spieltag. Am liebsten wäre es Gfreiter, wenn dann bereits der Meister bei den Regensburgern gastiert, die sich wiederum keine Sorgen mehr um den Klassenerhalt machen müssen.

Den Titel würde Gfreiter Hofmann und Pullach jedenfalls gönnen. Hofmann sei einfach ein Vollprofi. Beim Jahn sei er immer der erste auf dem Trainingsgelände gewesen – und der letzte, der gegangen sei. Um seinen gestählten Oberkörper würden ihn heute viele junge Spieler beneiden, sagt Gfreiter über den 1,93 Meter großen und 95 Kilo schweren Modellathleten, der vom Fußball besessen ist und auch Marathon läuft. Beim Jahn überzeugte Hofmann nicht nur zwischen den Pfosten, er habe sich unter anderem auch als starker Gerd-Rubenbauer-Imitator entpuppt, verrät Gfreiter. Beim SV Pullach sind sie stolz, den routinierten Kultkeeper in ihren Reihen zu haben. „Wir sind mehr als zufrieden mit seiner Leistung“, lobt Pullachs sportlicher Leiter Theo Liedl. Hofmann sei eine Bereicherung für das Team und nach wie vor fitter als manch junge Spieler.



Hofmann hat Titel im Visier

Nach Rang zwei in der Vorsaison soll es in dieser Spielzeit klappen mit dem großen Coup für Pullach. „Ich will Bayernliga-Meister werden“, bringt es Hofmann kurz und knapp auf den Punkt. Das hat er vor 20 Jahren schon mal geschafft mit dem TSV 1860 München II um Trainer Peter Pacult und Co-Trainer Gino Lettieri. „Das wäre die Bestätigung für mich, dass man mit Einstellung, Wille und Leidenschaft – zwar nicht mehr auf der großen Bühne, aber im Amateurbereich – noch sehr viel erreichen kann“, sagt Hofmann. Denn ihm sei nicht so viel Talent mit in die Wiege gelegt worden, er habe es sich hart erarbeiten müssen, seinen Traum zum Beruf zu machen.

Hofmann, der in der Gemeinde Brunnthal im Münchner Süden zu Hause ist, blickt auf eine ereignisreiche Karriere zurück. Der Kultkeeper hat reihenweise Anekdoten parat. Auch heute gerät er noch ins Schwärmen, wenn er sich an sein Debüt im Fußball-Oberhaus erinnert – den 18. April 1998. Da sahen 31 800 Zuschauer im Münchner Olympiastadion einen 3:1-Sieg der Sechzger gegen Hertha BSC und den damals 25-Jährigen Hofmann zwischen den Pfosten, der nur im heutigen Berliner Manager Michael Preetz seinen Meister fand. „Lecko mio, 19 Jahre später stehst du immer noch im Kasten“, sagt Hofmann, wenn er in alten Erinnerungen schwelgt. 14 Jahre lang war Hofmann Profi beim Traditionsklub aus Giesing. Der Publikumsliebling erlebte Bundesliga-Höhen und Zweitliga-Tiefen. Nach 82 Bundesliga-Spielen und 92 Zweitliga-Spielen für die Sechzger verabschiedete sich Hofmann 2010 aus der Landeshauptstadt. Und das nicht ganz freiwillig. Der Rekord-Löwe wäre dem Verein gerne in anderer Funktion erhalten geblieben.

So heuerte er aber mit 37 Jahren beim Jahn an. „Die Zeit in Regensburg war gold wert“, blickt Hofmann auf die drei Jahre in Regensburg zurück. Mit den Oberpfälzern um Trainer Markus Weinzierl gelang ihm im Mai 2012 durch zwei Unentschieden in zwei knackigen Relegationsspielen gegen den Karlsruher SC der ganze Coup: Der Aufstieg in die 2. Liga. „Das war schon sensationell“, erinnert sich Hofmann an die ruhmreichen Regensburger Tage. In der Saison 2012/2013 ging es für den Jahn aber gleich wieder eine Etage tiefer und für Hofmann in den wohlverdienten Fußball-Ruhestand. Von vier Saisonsiegen habe er zumindest drei live miterlebt, sagt der Torhüter, der beim SSV absoluter Stammkeepper war, sich in seiner letzten Spielzeit aber einige Patzer geleistet hatte, mit einer Ellbogen-Verletzung zu kämpfen hatte und in der Rückrunde keine Rolle mehr spielte.

Ein Leben ohne Fußball? Undenkbar für Hofmann. Im Juni 2014 heuerte der gebürtige Bayreuther beim Südost-Landesligisten Kirchheimer SC als Trainer an. Rund ein Jahr später warf Hofmann, der den Klub zum Klassenerhalt geführt hatte, aus mangelnder Perspektive das Handtuch. Als sein Heimatklub SpVgg Bayreuth, für den er in der Jugend und sechs Jahre lang für die erste Mannschaft gespielt hatte, wegen akuter Personalsorgen anklopfte, packte Hofmann nochmal seine Handschuhe aus. Vier Spiele lang fungierte er als Ersatzkeeper. Im August 2015 gab es dabei sogar ein Wiedersehen in der Regionalliga Bayern mit dem Jahn. Von der Ersatzbank sah Hofmann, wie seine Teamkollegen den alten Weggefährten ein 1:1 abtrotzten


Pullach kann nicht aufsteigen

Das Feuer war wieder entfacht bei Hofmann. Nur ein paar Tage später, am 5. September stand er das erste Mal für Pullach zwischen den Pfosten. Am Saisonende musste sich der SV aber hinter Garching mit der Vizemeisterschaft begnügen. Dafür soll in dieser Spielzeit endlich der Titel her. Aber auch wenn Pullach am Saisonende tatsächlich die Meisterschaft gewinnt, wird Hofmann in der nächsten Spielzeit nicht das Tor eines Regionalligisten hüten. Denn die Spielstätte des Klubs aus dem Isartal ist nicht geeignet für die 4. Liga. Ein anvisierter Umzug ins Grünwalder Stadion ist ebenfalls vom Tisch.

Abgesehen davon liebäugelt Hofmann ohnehin mit einem endgültigen Abschied. Geplant sei, dass er, wenn Pullach am 20. Mai zum letzten Saisonspiel die SpVgg Hankofen-Hailing empfängt, zum letzten Mal als SV-Stammkeeper den Kasten hütet. Denn Hofmann will sich in nächster Zeit verstärkt anderen Projekten widmen. Eigentlich will der 44-Jährige, der seit 2013 eine DFB-A-Lizenz besitzt, als Trainer arbeiten. Das Engagement in Pullach sieht er als „aktive Weiterbildung“ für diesen Job. Trainer, Torwartschule, Torwarttrainer: „Es gibt viele Gedankenspiele, dem Fußball werde ich aber verbunden bleiben“, sagt er. Entsprechende Gespräche würden laufen, erzählt Hofmann, der sich aber durchaus vorstellen kann, auch mit 45 noch im Tor zu stehen. „Da wird bald eine Entscheidung fallen.“

„Sprunggelenk, Kreuzbandl“: Ganz beschwerdefrei ist Hofmann nicht mehr. „Wie sagt mein Sportsfreund Torben Hoffmann (Anm. Ex-Löwenkollege, jetzt bei Sky) immer so schön: Auch ein Michi Hofmann wird nicht jünger“, sagt der Keeper, der Regensburg auch heute noch verbunden ist. Hofmann unterstützt das hier ansässige Team Bananenflanke – und schaut auch ab und an bei seinen Ex-Jahn-Kollegen vorbei, denen er fest die Daumen drückt, dass sie die 3. Liga weiter so forsch aufmischen.

Aufrufe: 016.3.2017, 20:30 Uhr
Felix Kronawitter, MZAutor