2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Kann sich vorstellen für immer beim SVG zu bleiben: Jan Itjeshorst.
Kann sich vorstellen für immer beim SVG zu bleiben: Jan Itjeshorst.

"Man sieht die Handschrift des Trainers"

Jan Itjeshorst vom SV Gonsenheim über die bisherige Oberliga-Saison +++ "Ich habe ehrlich gesagt nicht zwingend damit gerechnet"

Zum Derbysieger hat es in dieser Saison für die Oberliga-Fußballer des SV Gonsenheim nicht gereicht, doch sonst ist dieses Jahr wahrlich nicht arm an Erfolgen: Rang fünf nach 18 Spieltagen für den notorischen, selbst erklärten Underdog, dazu im Sommer der Regionalliga-Aufstieg sowie der Verbandspokal-Sieg samt Einzug in den DFB-Pokal der A-Junioren. An alledem hat Jan Itjeshorst maßgeblichen Anteil: Der 24-Jährige führt die Oberliga-Elf als Kapitän und Abwehrchef aufs Feld und assistiert seinem Mitspieler Babak Keyhanfar bei der U19 als Cotrainer. Im Fupa-Interview erzählt er, was trotzdem noch besser laufen könnte am Wildpark und wo er selbst seine Zukunft sieht.

Jan, Platz fünf nach mehr als der Hälfte der Saison – ganz ehrlich, habt ihr damit gerechnet?

Ich bin auf jeden Fall positiv überrascht. Für möglich gehalten habe ich es zwar, aber weil wir so viele junge Spieler haben, habe ich ehrlich gesagt nicht zwingend damit gerechnet.

Einerseits wird immer wieder betont, dass ihr zu den am wenigsten finanzstarken Klubs in der Oberliga gehört, andererseits lässt Manager Frank Specht deutlich werden, dass ihr vom Selbstverständnis her auf einen einstelligen Tabellenplatz gehört. Wie passt das zusammen?

Seit ich beim Verein bin, war es immer so, dass wir ein relativ kleines Budget haben, schon zu Verbandsliga-Zeiten, und dass wir immer das Maximale rausholen wollen. Ich weiß gar nicht, wie groß das Budget wirklich ist, es ist mir ehrlich gesagt auch wurscht.

Als gestandener Oberligaspieler hättest Du anderswo auch sicher mehr verdienen können. Gab es mal Abwanderungsgedanken?

Es gab eine Zeit, da war ich nicht so glücklich in Gonsenheim, das war, als Aydin Ay Trainer war. Damals war ich noch nicht so gefestigt wie heute, habe mich über die ein oder andere Kleinigkeit geärgert und auch meine Kapitänsbinde zurückgegeben. Danach fühlte ich mich befreit. Damals hatte ich die Option zu gehen, bin dann aber doch geblieben, weil im Raum stand, dass Babak (Keyhanfar, d.Red.) Trainer werden soll, und er ist ja ein guter Freund von mir.

Seit wann bist Du eigentlich in Gonsenheim?

Ich kam zur B1-Jugend. Ganz früher habe ich in Essenheim, wo ich auch groß geworden bin, gespielt, über die Kreisauswahl kam ich dann zu Mainz 05. Das war damals aber noch kein Vergleich zu heute, trainiert haben wir auf einem Hartplatz. Nach der B2 musste ich dort gehen und habe mir einen neuen Verein gesucht. Markus Menk hat mich damals nach Gonsenheim geholt. In der A-Jugend habe ich dann unter unserem jetzigen Trainer Jörg Jansohn gespielt, der damals gemeinsam mit Jürgen Collet unsere abstiegsgefährdete Mannschaft in einer Art Rettungsmission übernommen hatte. In meiner ersten Aktiven-Saison sind wir dann gleich in die Oberliga aufgestiegen.

...und da spielt ihr nun schon in der fünften Saison am Stück. Mit den A-Junioren hast Du jetzt als Cotrainer auch den Regionalliga-Aufstieg geschafft. Seit wann bist Du Übungsleiter?

Als ich 18 war, habe ich nach dem Abi einen Platz für das Freie Soziale Jahr gesucht und daraufhin unseren Jugendleiter Wolfgang Horst gefragt. Ich habe die E-Jugend als Trainer bekommen und zudem überall mal reingeschnuppert. Später habe ich zusammen mit Jörg Jansohn die B-Junioren trainiert und dann vor drei Jahren gemeinsam mit Babak die A-Junioren übernommen. Während des FSJ habe ich zudem meine C-Lizenz gemacht, was der Verein bezahlt hat. Es macht mir viel Spaß, aber auf Dauer als Cheftrainer zu arbeiten, das kann ich mir im Moment noch nicht vorstellen.

Ist es ein Unterschied im Kollegenkreis der Aktiven, wenn man selbst Trainer ist?

Vielleicht ist es das manchmal. Was mein persönliches Spiel angeht, will ich das, was ich den Jungs erkläre, natürlich auch selbst auf dem Platz zeigen. Aber im Team selbst bin ich ein ganz und gar normaler Mitspieler.

Nur ein externer Neuzugang, und der spielt kaum – ist das konsequente Setzen auf die eigene Jugend als Nachschub für ein eingespieltes Team ein Erfolgsmodell, das auf Dauer tragen kann?

Das hängt ganz davon ab, wie gut die Jungs sind, die aus der Jugend nachkommen. Aktuell und für das nächste Jahr sieht es sehr gut aus. Der Sprung von der A-Jugend in die Oberliga ist schon extrem groß.

Fehlt da eine zweite Mannschaft als Sprungbrett?

Meiner Meinung nach auf jeden Fall. Die Vereine, die in den Klassen unter uns spielen, lecken sich ja die Finger nach unseren Spielern. Und wir müssen viele Spieler wegschicken, weil sie den Sprung nicht direkt schaffen. Ansonsten könnten wir sie über eine zweite Mannschaft langsam heranführen. Stattdessen bilden wir sie aus und schicken sie weg, und die anderen profitieren davon.

Diese Saison haben mehr als ein halbes Dutzend Spieler den Sprung in den Aktiven-Kader geschafft, eine stolze Bilanz.

Es ist ein Riesen-Vorteil, dass die Jungs Babak und mich schon kennen und dass sie vielfach schon als A-Jugendliche bei den Aktiven mittrainieren. Außerdem gibt es bei uns, anders als in anderen Vereinen, keine festen Hierarchien, bei denen die Jungen den Alten klar untergeordnet sind. Bei uns ist das alles viel lockerer, und so war es schon, als ich selbst als A-Jugendlicher zu den Aktiven kam.

Welche Rolle spielt Cheftrainer Jörg Jansohn bei eurer Erfolgssträhne?

Jörg und Babak ergänzen sich sehr gut, Jörg ist der ruhigere, Babak der impulsivere Typ. Die beiden haben uns ein neues taktisches Konzept auferlegt. Unter Aydin Ay haben wir eher Hurra-Fußball gespielt und sind den Gegner sehr früh und hoch angelaufen. Jetzt legen wir mehr Wert auf Kompaktheit. Ich denke, man sieht die Handschrift des Trainers klar und deutlich.

Kannst Du Dir vorstellen, immer Gonsenheimer zu bleiben?

Warum nicht? Es macht mir super viel Spaß, ich fühle mich wohl und kenne alle Leute im Verein, ich bin anerkannt und werde sicher kein Profi mehr.

Aufrufe: 027.11.2014, 11:50 Uhr
Torben SchröderAutor