2024-05-02T16:12:49.858Z

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Bald keine Kunstrasen-Plätze mehr? Wir klären auf.
Bald keine Kunstrasen-Plätze mehr? Wir klären auf. – Foto: Marwin Wolf, André Nückel, Volkhard Patten

Kunstrasen: EU versetzt Sportvereine in Angst

Kommission erwägt Verbot des Kunststoffgranulats auf Kunstrasenplätzen +++ Das Aus für Tausende Spielfelder?

Berlin (dpa). Das von der Europäischen Union geplante Verbot von Mikroplastik bedroht die Kunstrasenplätze tausender Amateur-Fußballvereine. Von 2022 an soll das Gummi-Granulat, das auf diesen Plätzen als Unterlage verwendet wird, nicht mehr zulässig sein. Der Grund: Es gilt als große Quelle von Mikroplastik in der Umwelt.

Seehofer für sechs Jahre Übergangszeit

Bundesinnenminister Horst Seehofer verkündete nun, er werde sich für eine Übergangsfrist von sechs Jahren für bestehende Kunstrasenplätze einsetzen. „Als Sportminister werbe ich für einen vernünftigen Ausgleich zwischen Umweltschutz und den berechtigten Interessen des Sports“, sagte der CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Viele Tausend Sportanlagen in deutschen Kommunen wären sonst von der Schließung bedroht.“

Er habe in einem Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) für diese Übergangsfrist geworben, sagte Seehofer. Es erschließe sich ihm nicht, warum „der Schaden eines Verbleibs“ der bestehenden Plätze „höher sein sollte als der Gewinn, der durch die weitere Nutzung entsteht“. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wolle sich für eine sechsjährige Übergangsfrist einsetzen. In Deutschland gibt es nach Angaben des DFB mehr als 6000 Kunstrasenplätze.

Die Kunstrasenfelder sind wichtig für den ganzjährigen Trainingsbetrieb der Vereine. Die durch ein Verbot des Granulats anfallenden Sanierungskosten für die Plätze, die je nach Umrüstmethode mehrere Hunderttausend Euro betragen können, könnten sich viele nicht leisten.

Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) beschäftigt sich bereits intensiv mit der Problematik. Um mögliche Auswirkungen von Kunststoffrasenplätzen auf die Umwelt zu untersuchen, hat er im Mai eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern aus Sportverbänden und der Wissenschaft gegründet.

In einigen Bundesländern hat die Politik bereits auf das drohende Verbot reagiert. So werden in Baden-Württemberg (rund 600 Plätze) keine neuen Kunstrasenplätze mit Gummigranulat mehr gefördert. Für die rund 450 Kunstrasenplätze in Rheinland-Pfalz muss eine Alternative zum Kunststoff-Granulat gefunden werden. Das auch für Sport zuständige Innenministerium habe beschlossen, Kunstrasenplätze mit Kunststoff-Granulat als Einfüllstreu nicht mehr zu bewilligen. Alternative Lösungen seien Kork, Sand, Hybridrasen – halb Kunst und halb Natur – oder Kunstrasen ohne Verfüllung.

Besorgnis löst das drohende Verbot auch bei Nachwuchsförderern aus. Wenn es „bald keine Kunstrasenplätze mehr gibt, wäre das für viele Vereine sicher der Genickbruch", sagte der ehemalige Fußballprofi Mike Rietpietsch. Er betreibt heute eine Fußballschule mit bundesweit rund 40 Camps für Kinder.



Aufrufe: 021.7.2019, 18:30 Uhr
dpaAutor