2024-05-10T08:19:16.237Z

Analyse
Das Hinspiel gegen Astoria Walldorf lief besser als die Partie am vergangenen Wochenende: Johannes Reichert vom SSV Ulm 1846 beim 1:0-Heimsieg. Im Rückspiel folgte ein bitteres 1:2.  Archivfoto: Horst Hörger
Das Hinspiel gegen Astoria Walldorf lief besser als die Partie am vergangenen Wochenende: Johannes Reichert vom SSV Ulm 1846 beim 1:0-Heimsieg. Im Rückspiel folgte ein bitteres 1:2. Archivfoto: Horst Hörger

Verletzte Ehre

An der unnötigen Niederlage gegen Walldorf haben die Spatzen immer noch zu knabbern +++ Doch wirklich schlecht läuft es nicht – die Lage ist paradox

Noch vor wenigen Monaten wäre die folgende Meldung beim SSV Ulm 1846 mit wesentlich größerem Interesse aufgenommen worden als es heute der Fall ist. Der Abzug von drei Punkten, mit dem der Deutsche Fußballbund (DFB) den Regionalligisten Waldhof Mannheim bestraft hatte, ist vom Landgericht Frankfurt am Main kassiert worden. Ursprünglich wollte der DFB den Tabellenführer der Südwest-Staffel für Vergehen dessen Fans beim Relegationsspiel gegen Uerdingen sanktionieren. Eine sportliche Strafe in Form eines Punktabzugs für das Fehlverhalten von Anhängern sei allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn sie dazu diene, einen unfair erlangten Vorteil rückgängig zu machen, sagte der Vorsitzende Richter Richard Kästner der Deutschen Presseagentur. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, der DFB könnte noch Berufung einlegen. So hatten es zuletzt auch die Mannheimer bei den ersten Urteilen des DFB-Sportgerichts gemacht, weshalb sich der Streit zwischen Verein und Verband schon einige Zeit lang hinzieht. Den Kurpfälzern scheint es dabei vor allem ums Prinzip zu gehen, denn daran, dass Mannheim am Ende der Saison als Tabellenführer direkt in die Dritte Liga aufsteigt, zweifelt niemand ernsthaft und drei Punkte hin oder her würden daran wohl auch nichts ändern. Zehn Zähler Vorsprung hat Waldhof auf die zweitplatzierten Homburger und 18 auf die Spatzen, die derzeit auf dem sechsten Rang stehen.

Wie gesagt, vor wenigen Monaten war die Lage noch eine andere. Im Oktober rangierten die Ulmer auf Platz zwei und hätten bei mehr Konstanz den Mannheimern gefährlich werden können. Heute steht der SSV tabellarisch immer noch gut da, doch irgendwie fühlt sich das gerade nicht so an. Dafür ist vor allem das 1:2 vom Wochenende bei Astoria Walldorf verantwortlich. Einer starken ersten Hälfte folgte eine schlechte zweite, in der die Spatzen wie so häufig wegen ihrer mangelhaften Chancenverwertung und Fehlern vor den Gegentreffern eine Niederlage kassierten. Schlechte Torausbeute plus Fehler – das klingt ganz nach den Ulmern der vergangenen Spiele. Das Paradoxe ist: Man kann den Spatzen bis auf wenige Ausnahmen nicht vorwerfen, dass sie schlecht auftraten. Im Großteil der Partien war der SSV dominant und spielbestimmend. Und so klingen auch die Akteure ratlos. „Jeder von uns kann es besser“, sagt der Verteidiger Johannes Reichert. „Natürlich ist das frustrierend.“ An seiner Ehre verletzt fühlte er sich nach der Leistung gegen Walldorf. Von Ehre sprach sein Trainer Holger Bachthaler zwar nicht, dafür von „kleinen Nuancen“, die im Spiel seiner Mannschaft zurzeit nicht funktionierten. „Warum auch immer.“ Es ist vor allem die Leichtigkeit, die den Ulmern abgeht, besonders im Vergleich zur Phase im Sommer, in der sie attraktiven Fußball spielten. Heute wirkt es in einigen Situationen, als würden die Spieler zu viel nachdenken. Von Verunsicherung spricht auch Johannes Reichert.

In einer exemplarischen Szene gegen Walldorf bekam Marcel Schmidts den Ball im Strafraum mustergültig aufgelegt, doch mit seinem Abschluss wartete er zu lange. Der Schuss geriet zu ungefährlich und wurde vom Torwart pariert. Ähnlich war es bei verschiedenen Gegentoren, sowohl gegen die Astoria als auch beim 1:2 in Homburg. Die Gegentreffer resultierten aus individuellen Fehlern. Unkonzentriertheiten muss man der jungen Truppe allerdings eingestehen, sie sind ein Resultat der Entwicklungsstrategie, die die Verantwortlichen fahren. Die Fehler seien auch nicht das Problem, sagt Bachthaler. „Es ist zu einfach, wie die Gegner aus unseren Ballverlusten Tore erzielen.“ Hauptknackpunkt bleibt die Chancenverwertung. Holger Bachthaler vertraut seinen Stürmern, das betont er immer wieder. Es ist aber wahrscheinlich, dass Ulm personell auf dieser Position im Sommer nachlegen wird.

Am Samstag kommt aber erst mal Mainz 05 II nach Ulm. Da soll die Ehre intakt bleiben.

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Aufrufe: 022.3.2019, 12:27 Uhr
Neu-Ulmer Zeitung / Gideon ÖtingerAutor