2024-05-10T08:19:16.237Z

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Heribert Ketterl (Mitte) kann im Gespann mit Tobias Beck (re.) bei der SpVgg Hankofen eine imposante Bilanz vorweisen
Heribert Ketterl (Mitte) kann im Gespann mit Tobias Beck (re.) bei der SpVgg Hankofen eine imposante Bilanz vorweisen – Foto: Paul Hofer

Ketterl: »Teile die Meinung einiger Fachleute nicht«

Vereinstrainer-Comeback nach 17 Jahren: Hankofens neuer und alter Übungsleiter sieht seine Truppe fußballerisch voll auf der Höhe und gerüstet für den Abstiegskampf

Im Sommer 2003 verabschiedete sich Heribert Ketterl von der SpVgg Hankofen-Hailing und kreuzte die darauffolgenden 17(!) Jahre nicht mehr auf der regionalen Bühne auf. Dem Fußball ist der Schulamtsdirektor des Landkreis Straubing-Bogen aber dennoch erhalten geblieben, denn der 60-Jährige fungiert seit 2007 als Regional- und Bayernauswahltrainer der Juniorinnen. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist Ketterl zudem Stützpunktbeobachter für das Talentförderprogamm in Ostbayern. Als Vereinstrainer kehrte der Pädagoge vor ein paar Monaten zur SpVgg Hankofen zurück, die er einst von der Kreis- in die Bezirksoberliga führte. Zunächst fungierte der erfahrene Übungsleiter als Co-Trainer von Gerry Huber und seit dessen Rückzug bildet Ketterl gemeinsam mit Mittelfeldmann Tobias Beck das Trainer-Gespann des Bayernligisten.
Heribert, drei Spiele, sieben Punkte. Seit Tobias Beck und Du als Doppelspitze der SpVgg Hankofen-Haling fungiert, läuft es richtig rund. Wie ist so eine Trendwende zu erklären? An welchen Stellschrauben habt ihr in der kurzen Zeit gedreht?
Heribert Ketterl (60): Zunächst einmal muss ich klarstellen, dass ich zurück ins aktive Vereinstrainergeschäft kam, um meinen Freund Gerry Huber als Co-Trainer zu stützen und zu unterstützen - und ohne Hintergedanken ihn abzulösen. Ich war sofort vom Trainingsniveau und von der Spielphilosophie in Hankofen sehr angetan. Das Training beinhaltete sehr viele variative und anspruchsvolle Spielformen, die oft auf Trainingsformen von Nagelsmann, Klopp oder Tuchel basierten und die Gerry auf Bayernliganiveau und auf unsere taktische Ausrichtung in Abstimmung mit uns herunterbrach. Wir hatten eine gute Arbeitsteilung im Trainerteam bezüglich Fitnessbereich mit Athletiktrainer Julian Brückl, in puncto Gegneranalyse, die meist von Franz Finger gemacht wurde, sowie Technik- und Taktiktraining. Die Anforderungen an die Spieler waren in jedem Training physisch und mental auf sehr hohem Niveau – was uns nun nach Gerrys Zeit sehr hilft. Das Korsett des Trainingsablaufes haben Tobi und ich im Grundsatz so belassen.

Zu den Stellschrauben: Wir haben in der Kabine als erste Maßnahme die Spieler zu Wort kommen lassen, was ihrer Meinung nach anders laufen müsste, um erfolgreicher zu sein – und da kam auch das, was wir erwartet hatten. Wir stellten daraufhin auf ein Pressing aus einer Ordnung heraus, das auch situativ als Angriffspressing auf Kommando ausgelegt ist, um. Wir laufen die gegnerischen Innenverteidiger wieder konservativer an und lenken anders. Der Spielaufbau blieb im Prinzip ähnlich, soll aber etwas variabler je nach Situation sein. Generell fordern Tobi und ich kreative, aber trotzdem solide Mittelwege sowohl bei Ballbesitz, beim Verteidigen als auch beim hohen Pressing oder beim Fallen und auch beim Umschalten offensiv wie defensiv – hier natürlich mit sofortigem Gegenpressing, so lange es Sinn macht. Die einstudierten Offensivstandards von Gerry haben wir im Prinzip so beibehalten. Ich muss auch sagen, dass Tobi für einen doch noch relativ jungen Spielertrainer schon ein außerordentlich gutes Gefühl für Konzepte und Spielsituationen entwickelt hat. Er scheut auch Entscheidungen nicht und bringt schon viel mit, was ein guter Trainer haben muss. Bisher ergänzen wir uns sehr gut!

Bei der SpVgg Hankofen ist es in den letzten Wochen vor der Winterpause wie am Schnürchen gelaufen
Bei der SpVgg Hankofen ist es in den letzten Wochen vor der Winterpause wie am Schnürchen gelaufen – Foto: Paul Hofer


Aufgrund der Erfolge habt ihr sogar die Relegationszone verlassen können und könnt auf einem Nichtabstiegsplatz überwintern. Die Tabelle hat aber ein etwas schiefes Bild, weil ein paar Vereine noch ein oder zwei Nachholspiele zu bestreiten haben. Im Tabellenkeller stecken mit dem SV Donaustauf, dem TSV Landsberg und Schwaben Augsburg drei Teams, die in der Corona -Wechselperiode enorm aufgerüstet haben, dennoch ist es bei diesen Mannschaften im Herbst nicht wirklich rund gelaufen. Habt ihr es im Kreuz, diese nominell sehr starken Mannschaft auf Distanz zu halten?
Tobi und ich sind - genau wie es auch Gerry immer war - von der Qualität des Kaders definitiv überzeugt und wissen, dass die Mannschaft einen guten Charakter mit mentalen Stärken hat, und somit wiederum das Zeug zum Ligaerhalt mitbringt. Trotzdem muss bei uns einfach sehr Vieles zusammenpassen, um auf Augenhöhe mit diesen top besetzten Clubs zu sein. Im Übrigen teile ich die Meinung einiger Fachleute nicht, dass wir spielerisch schwächer sind als andere höher eingestufte Teams. Unsere Grundlage dafür ist unsere hohe Qualität im Training und unsere top ausgeprägte Willensstärke.


SpVgg-Manager Richard Maierhofer hat bereits verlauten lassen, dass in der Winterpause keine Transfers angedacht sind. Hättest Du noch einen Wunsch gehabt oder bist du mit den vorhandenen Möglichkeiten zufrieden?
Mei, Wünsche hat ein Trainer immer. Momentan sind diese aber auch aufgrund der coronaspezifischen Lage des Vereins eher unrealistisch. Richard, Tobi und ich sichten den Markt aber schon weiterhin aufmerksam und interessiert. Wir wollen aber in erster Linie den Laden zusammenhalten und hoffen, dass die zuletzt verletzten Spieler wie Matthias Lazar, Jonas Gmeinwieser oder auch der eine oder andere langzeitverletzte Spieler wie Samuel Pex zurückkommen werden. Bei Jakob Vogl und Basti Finger wird es mit der Genesung eher eng werden für den Rückrundenstart. Mateusz Krawiec wurde diese Woche am Fuß operiert, wird aber wohl bis zum Vorbereitungsstart wieder soweit fit sein.

»Mit zunehmendem Traineralter konzentriert man sich eher auf die besonderen Stärken des eigenen Teams, um der Mannschaft den Glauben an sich selbst einzuimpfen.«


Von den verbleibenden sechs Partien im Frühjahr habt ihr noch vier auf heimischem Rasen. Eine Top-Konstellation oder?
Vermeintlich ja. Da aber mit den beiden hoch eingeschätzten Verfolgern Pullach und Schwaben Augsburg zwei unmittelbare Konkurrenten ums rettende Ufer neben den Topteams Deisenhofen und Wasserburg bei uns aufkreuzen werden, gilt es hier auf keinen Fall zu euphorisch zu sein. Die beiden Auswärtspartien in Kottern und Kirchanschöring haben es ja auch in sich. Aber mit zunehmendem Traineralter konzentriert man sich eher auf die besonderen Stärken des eigenen Teams, um der Mannschaft den Glauben an sich selbst einzuimpfen. Das ist nach fast dreißig Jahren Trainertätigkeit bei mir auf der Prioritätenliste an erster Stelle. Aber natürlich betreiben wir auch eine Gegneranalyse, um die Stärken und die zugegebenermaßen geringen Schwächen der Gegner in den Fokus nehmen zu können.



Du hast im Sommer 2003 als Vereinstrainer aufgehört und bist seit 2006 im Talentförderprogramm des DFB tätig. Wie groß war die Umstellung, nach fast zwei Jahrzehnten wieder ins Fußball-Tagesgeschäft zurückzukehren?
Ich hatte damals das Gefühl, mit zunehmendem Stress in Beruf und als Landesligatrainer mehr terminliche Freiheiten für Familie, Erholung und Reisen zu brauchen - was ich dann auch sehr genoss und das Fußballspielen in zwei Oldie-Teams, den Vögtlingen sowie den Brüder Straubinger, machte so richtig Spaß. Allerdings bekam ich bald von Reinhard Klante, der damaliger BFV-Chefcoach war, Michael Köllner, damaliger DFB-Nachwuchskoordinator Ostbayern und Silke Raml, die mittlerweile BFV-Vizepräsidentin ist, fast zeitgleich neben mehreren Vereinskontakten das Angebot, in Trainerausbildung und Talentförderung mitzuarbeiten. Ich muss sagen, das habe ich nie bereut, denn ich konnte im Team mit Fachleuten wie dem jetzigen Löwen-Coach Michi Köllner, dem aktuellen DFB-Stützpunktkoordinator Johannes Ederer, U17-Juniorinnen-Nationaltrainerin Fritzy Kromp und U16-Juniorinnen-Nationaltrainerin Bine Loderer viel Neues aufsaugen, meinen fußballerischen Horizont erweitern und neue Freundschaften pflegen. Videoanalysen von Training oder Spielen, Leistungstests oder Ähnliches waren da schon seit längerer Zeit auf der Tagesordnung. Wenn du eine Auswahlmannschaft trainierst, soll zwar die Entwicklung der Spielerinnen oder Spieler im Vordergrund stehen, aber man will sich auch immer bestmöglich - zum Beispiel beim Länderpokal in Duisburg - vor allen Scouts präsentieren. Und es ist halt mal so, dass in einer erfolgreichen Mannschaft mehr Spieler auffallen und gesichtet werden als bei sieglosen Truppen. Damit bleibt man auch als Trainer in der Spur. So gesehen ist der Sprung für mich sportlich nicht allzu groß. Ehrlich gesagt ist der größte Schritt zurück, das fast tägliche präsent sein. Aber mir hat die Zusammenarbeit im Team mit Gerry, Tobi, Franze, Julian sowie Tormanntrainer Markus Mitterreiter von Beginn an sehr gut gefallen und mich nicht zusätzlich belastet. Mit Richard und Georg Maierhofer und auch mit Walter Brunner und Alois Beck haben wir auch ein zuverlässiges Team hinter dem Team.

Abschließende Frage: Ist die Doppelspitze Ketterl/Beck für Dich auch über das Saisonende hinaus vorstellbar?
(schmunzelt) Da müssen Richard und auch Tobi gefragt werden! Nein, momentan mache ich mir darüber gar keine Gedanken und es hat für mich überhaupt keine Bedeutung, denn vorerst zählt nur der Ligaerhalt. Wenn ich dann weiterhin gesund bleibe, werde ich mein Fußball-Gen weiter bedienen. Ob in meinem Lieblingsverein Hankofen, beim Verband oder eventuell in einem NLZ - das bleibt abzuwarten.
Aufrufe: 027.11.2020, 08:00 Uhr
Thomas SeidlAutor