2024-05-22T11:15:19.621Z

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Initiatoren des Projekts „Gewalt gehört ins Abseits“, von links: Bürgermeister Ulrich von Kirchbach, Bezirksvorsitzender Arno Heger, Bürgervereinschef Ernst Lavori und Meinrad Drumm von der Polizei. | Foto: Kaufhold
Initiatoren des Projekts „Gewalt gehört ins Abseits“, von links: Bürgermeister Ulrich von Kirchbach, Bezirksvorsitzender Arno Heger, Bürgervereinschef Ernst Lavori und Meinrad Drumm von der Polizei. | Foto: Kaufhold

Neues Projekt: "Gewalt gehört ins Abseits"

Fußballbezirk Freiburg startet Projekt gegen Aggressionen auf den Plätzen

Auch in Südbaden sind die Klagen über Aggressionen auf dem Fußballplatz lauter geworden. Nun wurde die Aktion "Gewalt gehört ins Abseits" ins Leben gerufen. Was steckt hinter dem Projekt?
Die Klagen über den Verfall der Sitten und zunehmende Aggressionen auf dem Fußballplatz sind auch in Südbaden lauter geworden. Im vergangenen April setzte der Fußballbezirk Hochrhein mit der kompletten Absage eines Spieltages ein deutliches Zeichen, dass die Grenze des Vertretbaren in zu vielen Fällen überschritten ist. Mit der Initiative "Gewalt gehört ins Abseits" will der Bezirk Freiburg zusammen mit bürgerschaftlichen Organisationen nun für eine neue Kultur auf dem Fußballplatz sorgen. Am Pilotprojekt nehmen sechs Freiburger Fußballvereine teil.

Wie kam es zu der Idee? Vor zwei Jahren trafen Ernst Lavori, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins Sicheres Freiburg, und Arno Heger, Chef des Fußballbezirks Freiburg, zufällig bei einem Festakt der Sportfreunde Eintracht Freiburg zusammen. Lavori suchte nach einer neuen Idee, wie sein Verein kriminalpräventiv in Freiburg wirken kann - und rannte bei Heger offene Türen ein. Die plakative Absage-Aktion am Hochrhein war also nicht das auslösende Moment, sondern beschleunigte bestenfalls die Freiburger Initiative. Nach einer Arbeitssitzung von 21 Freiburger Fußballvereinen im vergangenen April konnten dann sechs Klubs für die einjährige Pilotphase gewonnen werden: der ESV Freiburg, FC Türkgücü, SV Blau-Weiß Wiehre, die Sportfreunde Eintracht, der SV Rhodia und der SC Freiburg.




Wie groß ist das Problem?
Die Zahl der Strafen, die das Sportgericht im Bezirk Freiburg ausspricht, liegt seit Jahren bei etwa 1200 Urteilen, davon 200 bis 300 wegen körperlicher Vergehen. Bedenklich stimmt jedoch die zunehmende Intensität der Gewalt. "Wenn ein Spieler am Boden liegt, wird immer häufiger noch nachgetreten", hat Heger beobachtet. Freiburg sei aber kein Brennpunkt für derlei Ausfälle. "Wir sind in der glücklichen Lage, hier noch präventiv zu agieren", sagt Karin-Anne Böttcher von der Stadt Freiburg.

Von wem wird die Aktion getragen? Neben dem Fußballbezirk und dem Verein Sicheres Freiburg unterstützen auch die Arbeitsgemeinschaft Freiburger Bürgervereine, die von Lavori geleitet wird, die Stadt sowie die Polizeidirektion Freiburg dieses Projekt. Die Sparkasse Freiburg und der Südbadische Fußballverband haben Zuschüsse in Aussicht gestellt. Die Schirmherrschaft hat der Freiburger Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach, zugleich Vorsitzender des Vereins Sicheres Freiburg, übernommen. "Es ist Zeit, ein öffentliches Zeichen zu setzen, dass es so nicht weitergeht", sagt von Kirchbach.

Wo setzt das Projekt an?
Als Richtschnur für respektvolles und tolerantes Verhalten gilt ein Ehrenkodex, dessen Grundzüge sichtbar auf dem Vereinsgelände zu lesen sein sollen. Danach bekennen sich alle Beteiligten, einschließlich der Zuschauer, zu einem fairen Umgang miteinander. Der Fußballplatz soll ein Ort für Zivilcourage sein, frei von Provokationen. Hier sollen Werte wie Freundschaft, Solidarität und Vielfalt sportlich gelebt werden. Alle Vereinsmitglieder sind dazu angehalten, sich intensiv mit diesem Kodex auseinander setzen.

Jeder Verein bildet bis März kommenden Jahres jeweils acht Fairplay-Lotsen aus. Diese Streitschlichter sollen bei hitzigen Situationen beruhigend und deeskalierend auf alle Beteiligten einwirken. Bei den Schulungen dieser Konfliktmanager sieht die Polizei ihr Haupteinsatzgebiet. "Wir wollen unser Wissen weitergeben und nicht als Uniformierte Spiele begleiten", stellt Meinrad Drumm von der Abteilung Prävention klar. Auch Trainer, Spieler und andere Vereinsmitarbeiter sollen durch übergreifende Schulungsangebote unterstützt werden.

Positivbeispiele wollen die Projektbetreiber mit Fairplay-Preisen würdigen. Darüber hinaus sollen Täter in schwerwiegenden Fällen vom Sportgericht in mündlichen Verhandlungen auf ihr Vergehen aufmerksam gemacht werden. Arbeitseinsätze für den Verein könnten umgekehrt dazu führen, dass Strafen zur Bewährung ausgesetzt werden.

Wie sieht der Zeitplan aus?
Nach der Pilotphase sollen zunächst die übrigen Freiburger Fußballvereine ins Boot geholt werden. "Wir wollen erst mal vor der eigenen Haustür kehren", erklärt Arno Heger. Zur Saison 2015/16 ist daran gedacht, die Aktion auf alle anderen Vereine im Bezirk auszuweiten. Parallel könnte das Projekt auch in anderen südbadischen Bezirken angeschoben werden. Und vielleicht ist die Strahlkraft im Erfolgsfall sogar noch größer. "Wir sind bestrebt, ein vorzeigbares und übertragbares Modellprojekt zu gestalten", kündigt Karin-Anne Böttcher an.

Der Startschuss zum Projekt "Gewalt gehört ins Abseits" erfolgt am Sonntag, 29. September, um 16 Uhr im Schönbergstadion bei der Kreisliga-A-Partie zwischen dem SV Blau-Weiß Wiehre Freiburg und dem FC Portugiesen Freiburg. Vor dem Anpfiff erhalten die sechs beteiligten Vereine des Projekts den Ehrenkodex als Metalltafel überreicht. Der Fußballbezirk Freiburg lädt alle Vereine und Fans ein, hier Flagge zu zeigen. Auf Bezirksebene finden an diesem Tag keine anderen Ligaspiele statt.

Kommentar: Zurück in die Gesellschaft
Aufrufe: 020.9.2013, 00:00 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor