2024-05-02T16:12:49.858Z

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Letzter Einsatz vor der Leidenszeit: Alexander Fürthmaier (M.) wird am 27. April 2019 in der Bezirksliga-Partie gegen Grüne Heide für Peter Schmöller eingewechselt; der Kirchheimer SC steigt in jener Bezirksligasaison als Meister in die Landesliga auf. Gerald Förtsch/Archiv
Letzter Einsatz vor der Leidenszeit: Alexander Fürthmaier (M.) wird am 27. April 2019 in der Bezirksliga-Partie gegen Grüne Heide für Peter Schmöller eingewechselt; der Kirchheimer SC steigt in jener Bezirksligasaison als Meister in die Landesliga auf. Gerald Förtsch/Archiv

Neuartige Knorpel-OP: Alexander Fürthmaier kann Karriere fortsetzen

„Vor einem Jahr hab‘ ich echt gedacht, mein Sportlerleben ist vorbei.“

Knorpelschaden vierten Grades im rechten Knie, seine aktive Fußballer-Laufbahn schien beendet, Sport schien kein Thema mehr zu sein. Doch Alexander Fürthmaier (32) hatte Glück. Der Stürmer des Landesligisten Kirchheimer SC fand in Dr. Alexandra Schöllkopf vom Isar Klinikum die Ärztin seines Vertrauens mit einer neuartigen Behandlungsmethode – und greift wieder an.

Kirchheim – Als Sechsjähriger lief Alexander Fürthmaier erstmals für den Kirchheimer SC auf, an der Seite des ebenfalls heuer im Landesliga-Team stürmenden Co-Trainers Fabian Löns und von Dominik Achilles, dem Betreuer der ersten Mannschaft und aktuellen Corona-Beauftragten.

Der letzte Einsatz in der KSC-Ersten liegt für „Pannamaier“ – im „Kreisal“ vor dem Training bekommt er oft einen Beinschuss, auch „Panna“ genannt – allerdings schon eine ganze Weile zurück: Beim Saisonfinale 2018/2019 am 27. April vergangenen Jahres (4:1 beim SC Grüne Heide) feierte er mit dem Team nach einem knapp 25-minütigen Auftritt in Fischerhäuser die Bezirksliga-Meisterschaft.

Ein stechender Schmerz vorne im rechten Knie, mal intensiver, mal kaum wahrnehmbar.

Für den Senior im Kader – er ist vier Tage älter als Ricardo Jacobi – brach danach eine Leidenszeit an. „Die Probleme kamen eher schleichend“, erinnert er sich. Ein stechender Schmerz vorne im rechten Knie, mal intensiver, mal kaum wahrnehmbar. Fürthmaier: „Irgendwann wurde es nicht mehr besser. Vermutlich die Patellasehne, dachte ich.“

Dann die schlimme Diagnose: Knorpelschaden vierten Grades. Wie ausgeprägt eine sogenannte Chondropathie am Gelenkknorpel ist, beschreiben Mediziner mit Hilfe einer speziellen Einteilung. Bei Ausprägungsgrad vier ist die Knorpelschicht völlig zerstört und der darunter verborgene Knochen freigelegt. In diesem Fall spricht man auch von einer Knochenglatze. Denn den Knochen im Kniegelenk bedeckt normalerweise eine etwa fünf Zentimeter dicke Knorpelschicht, wobei die glatte, feste und elastische Oberfläche des Knorpels eine reibungslose Beweglichkeit des Gelenks ermöglicht. Zusätzlich ist dank des Knorpels die Druck- und Stoßbelastung auf den Knochen gleichmäßig verteilt, er ist so geschützt. Der Knorpel hat keine Nerven und wächst nach der Pubertät nicht mehr.

Neuartige Methode mit guten Erfolgsaussichten

„Der erste Arzt, bei dem ich war, wollte mich konservativ behandeln“, berichtet Fürthmaier. Der Mix aus Physiotherapie, Gelenkinjektionen, Bandagen und medikamentöser Schmerztherapie hilft zwar dabei, vorhandene Schäden zu stabilisieren und die daraus resultierende Symptomatik zu mildern, bereits verlorene Knorpelsubstanz kann dabei nicht neu aufgebaut werden. „Ein zweiter Arzt schlug vor, die ältere Methode der Knorpeltransplantation vorzunehmen“, was auf jeden Fall zwei Eingriffe zur Folge gehabt hätte.

Dann wandte er sich an Dr. med. Alexandra Schöllkopf (50): Sie ist seit drei Jahren als Oberärztin in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Isar Klinikums tätig und unter anderem auf Knorpel- und Arthrose-Therapie spezialisiert. „Sie hat mir eine neuartige Methode vorgestellt, es gab Studien, die die Erfolgsaussichten beschrieben. Sie hat mir jegliche Angst genommen“, sagt Alexander Fürthmaier.

Am 22. Oktober 2019 operierte Dr. med. Schöllkopf, nach zwei Wochen konnte er ohne Krücken leicht humpelnd gehen, nach zwei Wochen das Knie wieder normal strecken, das Problem war die Beugung: „Die musste ich langsam wieder antrainieren, und durfte – um den Erfolg der Operation nicht zu gefährden, zunächst nur maximal 30 Grad beugen und dann langsam steigern. Im KSC-Wintertrainingslager machte die Patellasehne Probleme, aber das entscheidende MRT Ende Januar 2020 gab ihm die Gewissheit: Der Knorpel hatte sich komplett zurückgebildet.

Fürthmaier: "Ich hatte Glück, es war ein schöner, ein gut zu operierender Knorpelschaden.“

Dabei war der Schaden, das Loch, doch ziemlich groß gewesen. „Aber ich hatte Glück, es war ein schöner, ein gut zu operierender Knorpelschaden“, grinst Fürthmaier, der seiner Ärztin sehr dankbar ist. „Es ist kein Loch mehr zu sehen“, sagt Dr. med. Schöllkopf, „wir haben mit verhältnismäßig wenig Aufwand viel erreicht – gigantisch.“ Die Medizinerin spritzte in ihrer Arthroskopie eine flüssige Collagen-Matrix – das Material selbst gibt es schon ein paar Jahre – in Fürthmaiers Knie ein: „Voraussetzung war, dass es an den richtigen Stellen noch Knorpelreste gab, man schmiert das Material sozusagen drüber und muss dann abwarten, dass sich das Ganze verhärtet und sich der Knorpel zurückbildet. Jetzt ist es wieder weich.“

Zurück im Training: KSC-Urgestein Alexander Fürthmaier (l.) bei der ersten Übungseinheit nach der coronabedingten Pause mit Trainer Steven Toy.

„Vor einem Jahr hab‘ ich echt gedacht, mein Sportlerleben ist vorbei“, sagt Alexander Fürthmaier, der als B-Jugendlicher mit dem Fußball aufgehört, sich dem Tennis zugewendet hatte (fünf Jahre beim TC 1983 Kirchheim) und dann zum KSC in die neugegründete dritte Mannschaft zurückgekehrt war. „Das war dann mehr Gaudi-Kick – mit den richtigen Leuten, das war mir immer wichtig.“ Fürthmaier spielte dann ab und zu in der zweiten Mannschaft, wurde auch immer wieder mal in der Ersten eingesetzt, die dann unter Ivica Coric aus der Kreisklasse bis in die Landesliga kletterte.

Comeback in der ersten Mannschaft

Nach dem Abstieg 2016 holte ihn Spielertrainer Steven Toy in die erste Mannschaft zurück, die beiden kennen sich schon sehr lange – Alexanders Mutter war einst Stevens Tagesmutter. „Er war wirklich sehr hartnäckig“, erinnert sich der studierte Wirtschaftsinformatiker und Software-Entwickler, „und ich habe dann wieder richtig Lust bekommen. Weil ich mich in der Mannschaft von Anfang an sehr wohl gefühlt habe. Wir sind wie eine Familie.“

Und mit dieser Familie will es Alexander Fürthmaier noch einmal anpacken und diese in jeder Hinsicht besondere Saison auf jeden Fall zu Ende spielen: „Ich kann es kaum erwarten, dass wir wieder richtig trainieren!“

Aufrufe: 021.6.2020, 17:00 Uhr
Münchner Merkur (Nord) / Guido VerstegenAutor