2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview der Woche
Orkun Zer ist beim FV Biebrich Torschütze vom Dienst und Leitwolf in einer Person.
Orkun Zer ist beim FV Biebrich Torschütze vom Dienst und Leitwolf in einer Person. – Foto: stock.adobe/Steindorf

"Ich bin bisher nie in Versuchung geraten"

Nachspielzeit mit Orkun Zer +++ Der Biebricher Top-Stürmer über Angebote anderer Klubs und das besondere Verhältnis zu seinem Verein

Biebrich. In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Orkun Zer. Das Biebricher Urgestein spielt bereits seit zehn Jahren beim FV und spricht mit uns über die erstaunliche Kontinuität beim Verbandsligisten. Außerdem gewährt uns der 30-Jährige Stürmer einen kleinen Einblick in sein aktuelles Leben in der Pandemie.

FuPa: Orkun, aktuell ist noch nicht absehbar, wann die Saison weiter gehen wird. Wie vertreibst du dir momentan die Zeit?

Orkun Zer: Berufstechnisch hat sich für mich nicht allzu viel geändert, da ich schon zuvor länger im Homeoffice aktiv bin. Außerdem hält mich mein einjähriger Sohn auf Trab. Dadurch herrscht bei mir zu Hause zum Glück keine Langeweile. Fußballerisch sieht die Sache natürlich etwas anders aus. Unser Trainer bemüht sich aber sehr um uns und macht wöchentlich Trainingspläne. So bleiben wir trotz der Spielpause fit.


In wenigen Monaten feierst du dein zehnjähriges Jubiläum in Biebrich. Sind schon Feierlichkeiten geplant?

Ich denke, auf der Mitgliederversammlung hätte es eine kleine Ehrung gegeben. Wegen der Corona-Situation ist diese aber auf unbestimmte Zeit verschoben. Mal schauen, ob wir das irgendwann nachholen können. Ich freue mich auf jeden Fall sehr, schon so lange beim FV am Ball zu sein.


In dieser Saison steht ihr in der Verbandsliga etwas schlechter da als noch in den Jahren zuvor. Was sind die Gründe für den aktuell eher mäßigen zehnten Platz?

Wir hatten schon vor der Saison erwartet, dass diese Spielzeit nicht immer glatt laufen wird. Wir haben im Sommer ein halbes Dutzend Leistungsträger abgegeben. Trainer Nazir Saridogan wollte unsere Mannschaft verjüngen und ein paar Experimente wagen. Somit war klar, dass wir diese Saison wahrscheinlich nicht ganz oben zu finden sein werden. Unsere junge Mannschaft hat sehr viel Qualität, die sie aber nicht immer komplett abrufen kann. Das kann man von den Jungs auch noch nicht erwarten. Insgesamt bin ich mit unserem Abschneiden zufrieden.


Der FV spielt nun schon seit fast 20 Jahren in der Verbandsliga, euer Coach Nazir Saridogan sitzt seit 2013 auf der Trainerbank. Könnte man euch als das Sinnbild für Kontinuität bezeichnen?

Bei uns wird schon seit vielen Jahren hochseriös und grundsolide gearbeitet. Wir sind kein riesig großer Verein mit massig Zuschauern. Wir hatten nie einen Großsponsor, der mit dem Verein hoch hinaus wollte, sondern haben seit Jahren begrenzte finanzielle Mittel, aus denen der Vorstand sehr viel macht. Diese realistische und konservative Herangehensweise sorgt für Ruhe und macht solche langen Perioden in sicherem Fahrwasser möglich.


Auch du gehst diesen Weg schon eine lange Zeit mit und bist mittlerweile eine echte Identifikationsfigur. Wie wichtig ist es dir, mit den Gegebenheiten vertraut zu sein und als Kapitän eine Führungsrolle inne zu haben?

Es ist natürlich ein tolles Gefühl, im Verein gewertschätzt zu werden. Ich fühle mich hier pudelwohl, kenne gefühlt jedes Vereinsmitglied. Über die Jahre sind viele enge Freundschaften entstanden, die mir den Alltag mit Freude füllen. Auch nach zehn Jahren bin ich immer noch unglaublich gerne hier.


Die Kontinuität, die den FV Biebrich auszeichnet, verkörperst du auch auf dem Platz. Du bist seit Jahren einer der zuverlässigsten Torjäger der Region und hast auch diese Saison schon wieder 19 Treffer erzielt. Wie zufrieden bist du mit deinen jüngsten Leistungen?

Als Stürmer bist du nie völlig zufrieden, weil der eigene Anspruch natürlich immer ist, jede Chance zu nutzen. Auch diese Saison hätten es gerne noch ein paar Buden mehr sein dürfen. Aber mit ein bisschen Abstand kann ich, so denke ich, auch dieses Jahr wieder mit Stolz auf meine Leistungen zurückblicken.


Wenn man wie du schon hunderte Tore in der Verbandsliga gemacht hat, stellt sich trotz deiner Verbundenheit zu Biebrich die Frage, ob du nochmal eine andere, höherklassige Herausforderung annehmen willst. Gab es schonmal die Versuchung, den Sprung zu einem anderen Klub zu wagen?

Über die Jahre bleiben Anfragen natürlich nicht aus. Da waren schon einige Angebote dabei, die auch finanziell extrem reizvoll waren. Am Ende ist aber Geld und sportlicher Erfolg nicht alles. Ich bin glücklich in Biebrich und habe einen tollen Beruf, durch den ich fußballerisch nicht allzu sehr nach dem Finanziellen schauen muss. Mehr als lose Gespräche hat es somit eigentlich nie gegeben. Der FV bleibt auch in Zukunft mein Verein.

Aufrufe: 029.4.2020, 19:25 Uhr
Niklas AllmrodtAutor