2024-04-25T14:35:39.956Z

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Christoph Düster hatte seinen Platz zwischen den Pfosten nicht immer sicher. | Foto: Meinrad Schön
Christoph Düster hatte seinen Platz zwischen den Pfosten nicht immer sicher. | Foto: Meinrad Schön

Christoph Düster: Im Spagat zwischen Herd und Fußballplatz

Christoph Düster war stets gesetzt beim SV Weil – doch sein Job wirkt sich auf Trainingsfrequenz und Leistung aus

Ein Dilemma geht um, und es hat auch die Landesliga im Griff. Zum Geldverdienen kickt hier keiner, Beruf und Ausbildung gehen grundsätzlich vor. „Richtig“, sagt Maximilian Heidenreich, der seinen Lebensunterhalt früher als Profi verdient hat. Glücklich macht den Weiler Trainer die Abstinenz seiner Spieler nicht, strukturiertes Arbeiten sei schwer. Derzeitiger Kopfschmerz-Kandidat: Torhüter und Gastronom Christoph Düster.

Er ist einer, der ständig ans Limit geht. Die Lebensformel des Dauerbrenners: Herd, Auto, Spieltag und zurück. Bei Auswärtsspielen fährt Düster meist selbst, damit er danach direkt zum Job kann. Der 31-Jährige arbeitet im Landgasthof seiner Eltern am Hausberg Basels, dem St. Chrischona. Er ist Koch, hat vor Jahren in Lörrach gelernt. Kommendes Jahr soll er mit dem jüngeren Bruder das Unternehmen übernehmen. „Ein Familienbetrieb seit 114 Jahren“, sagt Düster. Was ist dagegen ein Fußball-Landesligist?

Während er im Job für kulinarische Feinarbeit zuständig ist, ist er in Weil der Mann fürs Grobe. Seit 2014 hält Düster dort Bälle. In der A-Jugend-Oberliga kickte er schon beim SVW, bevor es ihn zum FV Lörrach und FC Steinen-Höllstein zog. Seit seiner Rückkehr war er immer erste Wahl, doch aktuell sieht es anders aus. Von neun Spielen stand Düster nur bei fünf im Kasten, er personifiziert das Dilemma. „Ich bin gerade nicht so richtig zufrieden mit ihm“, sagt Heidenreich. Zu oft müsse er auf Düster im Training verzichten, alles immer kurz auf knapp, auch fehle die Entschlossenheit, im Spiel zu hibbelig – Heidenreich hat seinen Torhüter schon in besserer Form erlebt.

Da sich der Beruf des Kochs mit dem Teilzeit-Job als Fußballer mehr beißt als andere, hat Heidenreich vor der Saison neben Keven Hill noch Alexandre Danelon und Betim Berisha ins Team geholt. „Letztes Jahr konnten wir fast nie mit zwei Torhütern trainieren“, sagt der Coach. Er ist professionelle Strukturen gewohnt, hat sich aber an die Probleme in der Landesliga gewöhnt, es bleibt ihm auch wenig übrig. „Es ist richtig, dass die Spieler in dieser Liga das Private vor den Sport stellen“, sagt der 49-Jährige.

In der Liga läuft es schon wieder nicht richtig rund in Weil. Nach neun Spielen fehlen schon neun Punkte auf Spitzenreiter FV Lörrach-Brombach. Gegen den Tabellenführer verlor der langjährige Stolz des Hochrheins vor vier Wochen mit 0:3, war ernüchternd chancenlos. Düster war nicht dabei. Dass er geschätzt wird, zeigt, dass FVLB-Co-Trainer Mino Bouhabila nach dem Auswärtserfolg eine Dank-SMS von den Lörracher Spielern erhielt: „Gute Arbeit. Den Düse kannst du öfter mitnehmen“, schrieben sie. Bouhabila weilte mit seinem besten Freund „Düse“ im Spanienurlaub. Beim Weil er Sieg vergangene Woche gegen Laufenburg (4:0) fehlte Düster ebenfalls. „Das sind aber Ausnahmen“, versichert der Torhüter. Auch sein Trainer relativiert: „Er hat einen stressigen Job und kickt trotzdem auf einem anständigen Niveau.“ Das verlange Respekt.

Mit Blick auf Samstag und Herbolzheim ist Heidenreich aber wieder unsicher, wen er aufstellt. Kann Düse vorher genug trainieren? Es ist voller Fokus gefragt. „Bis Weihnachten gilt es, den Abstand zur Spitze zu verringern“, sagt Heidenreich. Für Düster gilt aber weiterhin: Herd, Auto, Spieltag und zurück: das Dilemma vieler Amateursportler.
Aufrufe: 013.10.2016, 20:04 Uhr
Jakob Schönhagen (BZ)Autor