2024-05-10T08:19:16.237Z

Relegation
Ausgelassene Freude: Hassia-Trainer Nelson Rodrigues (Mitte) bejubelt den Aufstieg in die Oberliga.  	Foto: Edgar Daudistel
Ausgelassene Freude: Hassia-Trainer Nelson Rodrigues (Mitte) bejubelt den Aufstieg in die Oberliga. Foto: Edgar Daudistel

Das perfekte Drehbuch

Nach acht Jahren und zwei Wochen kehrt Hassia Bingen in die Oberliga zurück

BINGEN. Das Drehbuch hätte kein Regisseur besser umsetzen können. Mit dem Last-Minute-Treffer von Fabian Liesenfeld ist Hassia Bingen zurückgekehrt in die Fußball-Oberliga. Acht Jahre und zwei Wochen nach dem letzten Spiel in der fünfthöchsten deutschen Spielklasse, damals unter Trainer Hubert Neu gegen Eisbachtal 2 (4:1).

In einem von der Spannung lebenden, entscheidenden Aufstiegsspiel gewann die Mannschaft letzten Endes verdient gegen die Sportfreunde Eisbachtal 1:0. Die Partie war nichts für schwache Nerven, der Zeitpunkt des Tores aber umso idealer zum Feiern, löste eine Explosion am Hessenhaus aus. „Es gibt nix Besseres“, jubelte Verteidiger Espen Lautermann.

Die Freudentänze und die „Humba“ auf dem Rasen, die Bierdusche für Trainer Nelson Rodrigues bei der PK, der Traum von Vereinschef Oliver Wimmers, die Frage, ob der Coach in der Nacht vor der Partie schlafen konnte oder nicht; und vor allem lauter strahlende Gesichter auf dem Feld und auf der Tribüne. Dazu die Kulisse, die an große Hassia-Zeiten erinnerte. Auf der anderen Seite standen die Gäste aus dem Westerwald, die wie im Vorjahr den Kürzeren gezogen hatten. „Es ist bitter, dass es uns zum zweiten Mal erwischt hat“, bedauerte Eisbachtals Spielführer Manuel Haberzettl, lobte gleichzeitig Liesenfeld als „brutalen Stürmer für Verbandsliganiveau“. Der Torschütze wiederum bekannte, „dass ich noch nie so ein Gefühl wie heute hatte. Ich wusste, dass wir irgendwann was machen. Dass Axel (Neumann, die Red.) noch mit letzter Kraft an den Ball kam und ihn quer legen konnte, hat gepasst.“ Liesenfelds Wunsch direkt nach dem Hitzespiel: „Erst Eistonne, dann Oberliga!“

Kapitän Enes Sovtic hätte nicht damit gerechnet, „mit 33 noch mal Oberliga zu spielen“. Für ihn gab es in dieser Saison eine Premiere: „Seit ich aktiv bin, habe ich noch nie 34 Spiele durchgemacht.“ Und dann wurde eben diese eine Chance zum Thema, auf die die Hassia gebaut hatte. „Es war der Lucky Punch“, grinste Christian Klöckner.

Eine große Rolle im Saisonfinale hatte der Doktor gespielt. Teamarzt Lutz Kiefer hatte „mit legalen Mitteln“ ganze Arbeit geleistet. „Auch mit ein bisschen Medizin kann man Nadelstiche setzen“, zog er den Vergleich zum Matchplan der Binger und freute sich, „dass in letzter Minute im doppelten Sinn alles gepasst hat“. Keeper Kay Schotte, 2010 als A-Jugendlicher noch Ersatztorwart, musste in 90 Minuten nur einmal eingreifen. Einen Flatterball faustete er anfangs der zweiten Hälfte sicher zur Seite. „Wir haben im Vorfeld viel über Lukas Reitz gesprochen, der vom Flügel viel Druck macht. Aber Philipp Schrimb hat ihn perfekt aus dem Spiel genommen“, so Schotte.

Einer, dem Kiefer das Mitmachen ermöglicht hatte, war Mükerrem Serdar. Der hielt trotz schwerer Knieverletzung und Schmerzen eine gute Stunde lang durch, war nach der Partie völlig platt und verteilte Komplimente „an die Mannschaft, die Spielerfrauen, die ganze Hassia!“ Die Trainerfrage ist am Hessenhaus beantwortet, Kontinuität wird weiter großgeschrieben. Das Duo Rodrigues/Sandro Schlitz bleibt. Einige Neuzugänge sind im Gespäch, um in der Oberliga eine gute Rolle zu spielen. Blieb am Schluss vor der langen Feier-Nacht noch die Frage nach dem Traum von Oliver Wimmers. „Im letzten Sommer dachte ich, wir gehen in die Relegation, haben den Showdown in einem Horrorspiel am Hessenhaus und gewinnen ganz am Ende.“ Ob er das vor der Partie wirklich so sah? Egal. Bei der Hassia darf jetzt geträumt werden.



Aufrufe: 08.6.2018, 07:00 Uhr
Jochen WernerAutor