2024-04-25T14:35:39.956Z

Pokal

Im Normalfall chancenlos gegen den Bundesligisten

Ein Gespräch zwischen Pokalheld Rudi Thömmes und D/A Spieler Alexander Shehada

Wenn die vermeintlich Kleinen im DFB-Pokal die Großen ärgern oder sogar schlagen, gehen die Protagonisten der krassen Außenseiter in die Fußball-Geschichte ein. Rudi Thömmes ging als Aktiver in die Analen ein, weil er mit dem damaligen Regionalligisten ..

Eintracht Trier 1997 den FC Schalke 04 und Borussia Dortmund aus dem Wettbewerb schoss und dabei zwei Tore erzielte. Wo Thömmes ist, will der 19-jährige Stürmer des Regionalligisten SV Drochtersen/Assel, Alexander Shehada, erst noch hin. Shehada und Thömmes kennen sich gut. Die Beiden sind per du. Thömmes trainierte das Talent vor dessen Wechsel nach Kehdingen beim SV Elversberg. Jetzt wünscht Thömmes seinem ehemaligen Schützling Glück für das Pokalspiel gegen Schalke am 10. August. Und er hat für Shehada einige Tipps parat, wie D/A den Favoriten knacken kann. Das TAGEBLATT war bei dem Gespräch der Legende und dem ambitionierten Nachwuchsfußballer dabei.

Alexander Shehada: Hey Rudi.

Rudi Thömmes: Grüß Dich.

Shehada:

Wir haben mit Schalke 04 auch ein großes Los im DFB-Pokal gezogen. Genau wie du mit Eintracht Trier vor 22 Jahren. Wir haben bei der Auslosung ziemlich gefeiert. Wie war das bei euch damals?

Thömmes: Ich hab die Auslosung zu Hause verfolgt. Es gab einen Riesenfreudensprung auf dem Sofa. Schließlich bin ich Schalke-Fan. Schon immer gewesen.

Shehada: Du bist auch Schalke-Fan. Das wusste ich gar nicht. Ich schlafe hier in Drochtersen auch in Schalke-Bettwäsche und habe die Trikots. Deshalb ist es für mich ein besonderes Spiel. Vor allem, weil ich ja noch jünger bin und eher unerfahren. Wie schlägt man Schalke? Ihr habt es ja damals vorgemacht. Wie sollte ein junger Spieler wie ich in dieses Spiel reingehen? Wie hast du dich damals auf die Partie vorbereitet? Warst du nervös?

Thömmes: Nervös war ich gar nicht. Ich habe mich einfach nur auf das Spiel gefreut. Die Vorbereitung ist ganz normal gelaufen. Wir haben nichts Besonderes gemacht. Ich habe mir gar keine Gedanken gemacht, was in diesem Spiel passieren kann. Ob ich jung bin, ob ich alt bin. Das Spiel war einfach ein Highlight. Wir wollten uns so gut wie möglich verkaufen. Das ist uns natürlich auch gelungen.

Shehada: Also einfach fokussiert reingehen, wie in jedes Ligaspiel. Und nicht denken, oh, die sind Erstligist, die sind uns überlegen.

Thömmes: Genau so. Spiel einfach dein Spiel. Genau wie deine Kollegen. Regionalligisten können auch kicken. Wenn die Profis einen schlechten Tag haben und ihr einen guten Tag, dann sind die schlagbar. Das haben wir uns damals auch immer vor Augen gehalten. Wir haben versucht, unsere Leistung abzurufen. Wenn viele Zuschauer da sind, läufst du ein paar Prozent mehr. Das ist ganz normal, weil du von den Fans getragen wirst. Spielt einfach Fußball. Wir haben dann gemerkt, oh, da geht ja heute was. Und so haben wir das Spiel auch angenommen.

Shehada: Haben die euch damals unterschätzt?

Thömmes: Ja, also wenn man überlegt, wer da alles mitgespielt hat, wie viele Nationalspieler da auf dem Platz standen. Die haben uns damals unterschätzt und wir hatten einen Sahne-Tag mit allem Drum und Dran. Dann kannst du auch einen Bundesligisten schlagen.

Shehada: Das könnte ja auch unser Vorteil sein. Wenn Schalke hierher kommt und nicht die Profibedingungen vorfindet, die es sonst hat. Zum Beispiel der Rasen. Vielleicht haben die dann schon keinen Bock mehr auf das Spiel, wenn der Ball auch mal verspringt.

Thömmes: Das kann sein. Ich kenne das ja auch aus Elversberg, wenn die Profis hierherkommen. Unser Platz ist sehr gut. Aber die Profis sind rübergegangen und haben schon gemault, gemault, gemault. Es kann immer von Vorteil sein, wenn die meinen, sie müssten sich über alles beschweren. In Trier hatten wir alte Kabinen. Da haben sie auch die Augen verdreht. Wenn sie so denken, hast du als Regionalligist eine Chance. Wie gesagt, Regionalligisten können auch Fußballspielen. Für die Profis ist auch die Zuschauerkulisse Alltag. Euch wird sie tragen. Da kommen aus jedem ein paar Prozent mehr raus. Du wirst nicht so schnell müde. Dann wächst du über dich hinaus. Und vielleicht geht auch einer rein. Dann müssen die Profis den Hebel umlegen. Das wird schwer.

Shehada: Die Szene zum 1:0 gegen Schalke damals: Hast Du den Jens Lehmann ausgeguckt oder einfach draufgehalten?

Thömmes: Ich habe mit unserem Mittelstürmer einen Doppelpass gespielt. Der Ball kam super, tickte kurz auf und ich habe ihn mit Außenrist voll getroffen. Außenrist war immer eine Stärke von mir. Der war unhaltbar.

Shehada: Das war ja eine richtige Erfolgsgeschichte damals. Mit dem 2:1 gegen Dortmund danach.

Thömmes: Es hat bis dahin noch kein Regionalligist geschafft, erst einen UEFA-Cup-Sieger und dann einen Champions League-Sieger rauszuschmeißen.

Shehada: Du hast Legendenstatus erreicht. Wie bist Du damit umgegangen? Konntest Du überhaupt in Trier noch in Ruhe zum Bäcker gehen?

Thömmes: Das ist rundherum eine Rieseneuphorie entstanden. Ich habe das einfach nur genossen. Das war eine neue Situation. Jeder spricht einen an und gratuliert einem. Das war für Trier eine schöne Sache.

Shehada: Wie hast Du es geschafft, auf dem Boden zu bleiben?

Thömmes: Was hast du denn davon, wenn du glaubst, du bist der Größte. Ich habe das ja nicht allein geschafft. Das hat die Mannschaft gemeinsam geschafft. Wenn man sieht, was unser Torwart gehalten hat, das war sensationell. Was unsere Abwehr rausgeholt hat, war stark. Ich war halt der Glückliche, der die Tore geschossen hat. Das geht nur mit einer Mannschaftsleistung. Es gibt kein Grund abzuheben.

Shehada: Rudi, was gibst du mir für einen Tipp auf den Weg. Mein Ziel ist es ja, Profi zu werden.

Thömmes: Vor diesem Spiel gebe ich dir den Tipp: Hab einfach Spaß! Mach dir keine Gedanken! Versuch, deine Leistung abzurufen! Denn ganz ehrlich: Wenn der Bundesligist Vollgas gibt, hast du im Normalfall keine Chance. Deshalb, genieß das Spiel! Und wenn du Profi werden willst, musst du ganz hart an dir arbeiten, hart trainieren. Höre zu, was die Trainer dir mit auf den Weg geben, wo du dich verbessern kannst. Natürlich brauchst du ein bisschen Glück, dass du irgendwann mal entdeckt wirst.

Shehada: Und den Willen nicht verlieren und den Glauben.

Thömmes: Genau. Den Glauben darfst du nie verlieren. Du musst bei deinem Job Spaß haben. Sei nicht so ernst oder verbittert. Ich muss, ich muss, ich muss. Dann wirst du auf Dauer keinen Erfolg haben.

Shehada: Wie hat sich der Profifußball verändert? Wie haben sich die Spieler verändert? Ist das alles zu ernst, zu straff durchorganisiert geworden?

Thömmes: Der Fußball ist schneller und athletischer geworden. Ich merke, wie sehr sich Spieler darauf versteifen, unbedingt Profi zu werden. Ich sehe viele, die auf der Strecke bleiben. Wenn du zu verbissen bist, wird das nichts. Wie gesagt, hart trainieren, zuhören, was die Trainer und die Alten sagen. Das ist wichtig.

Shehada: Was machst du am 10. August?

Thömmes: Da gucke ich Fußball.Shehada: Und wem drückst du die Daumen?Thömmes: Natürlich verfolge ich die Karriere der ehemaligen Weggefährten. Vielleicht schießt du gegen Schalke ein Tor. Ich würde es dir wünschen.

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Aufrufe: 01.8.2019, 16:35 Uhr
Tageblatt / Von Daniel BerlinAutor