2024-04-25T14:35:39.956Z

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„So machen wir das“: Copado und N‘Diaye.
„So machen wir das“: Copado und N‘Diaye.

Und jetzt beginnt die Arbeit

RL SÜDWEST: +++ Francisco Copado ist die folgerichtige Personalie für das Watzenborner Projekt +++ Stallgeruch weicht weiter(er) Welt +++

Watzenborn-Steinberg. Francisco Copado ist ordentlich unterwegs dieser Tage. Aber das kennt er ja als Reisender in Sachen Fußball. Eigentlich lebt er in München, geboren ist er in Kiel, spanische Wurzeln hat er. In Frankfurt hat er gespielt, durch Hoffenheim ist er „in eineinhalb Minuten“ durchgefahren, dann dort hängengeblieben, hat das Projekt von Dietmar Hopp hautnah miterlebt und als wesentliche Figur mit vorangetrieben. Copado (42) war als Angreifer einer der Erfolgsgaranten für den Durchmarsch bis in die 1. Liga. In Hamburg war er zudem, in Berlin, bei RCD Mallorca – und jetzt sucht er sich eine Wohnung im Mittelhessischen.

Bei der Vorstellung im Büro des Teutonen-Geschäftsführers Jörg Fischer am Dienstag lernte er nebenbei noch das Gewerbegebiet Linden kennen und schon eine knappe Stunde später das Trainingsgelände in Watzenborn. Am Samstag geht es dann schon wieder nach Walldorf, noch so ein Ort, bei dem man am besten vorher auf die Landkarte schaut. Fußballer und Trainer zu sein, bedeutet auch, ein Leben im Zeitraffer zu absolvieren.

Und genau so müssen sie sich in Watzenborn derzeit fühlen: Wie im Zeitraffer sind sie von der Verbandsliga in die Regionalliga marschiert, fast sieht man die Spieler noch hüpfen und aus großen Gläsern trinken nach dem Erfolg gegen Baunatal, nach dem Titel und Aufstieg. Dann das Trainingslager in Österreich, Erfolg gegen Steinbach, drei Niederlagen, größter Sieg der Vereinsgeschichte gegen Offenbach, Daniel Steuernagel feiert, Daniel Steuernagel feuert – sich selbst. Parson, Stuttgart, Saarbrücken. Spekulationen um Stefan Hassler, Daniyel Bulut, Matthias Hagner, Daniel Cimen, Willi Kronhardt, sogar Klaus Augenthaler, sogar Jürgen Kohler. Und natürlich auch: Copado. Was wurde spekuliert und schwadroniert. Große Lösung, kleine Lösung, Bezug zur Region, Kenntnis der Regionalliga, Erfahrung, Unverbrauchtheit, Erfolgshunger.

Jörg Fischer hatte ehedem über seine Ziele gesagt, dass er Watzenborn-Steinberg, Pohlheim, Gießen, Mittelhessen deutschlandweit auch über den Fußball bekannter und identifizierbar machen wolle.

Auch vor diesem Hintergrund ist die Verpflichtung eines Trainers mit bekanntem Namen, der dabei noch kein namhafter Trainer ist, zu sehen. Denn eins verbindet Copado, aber auch dessen Wunsch-Co-Trainer Babacar N‘Diaye, mit dem Projekt Watzenborn: Der Gedanke weiterzukommen, sich einen Namen zu machen. Copado war ein namhafter Spieler, das verschafft Watzenborn Aufmerksamkeit, er hat aber noch keinen Namen als Trainer, das verschafft Watzenborn Ruhe. Denn Watzenborn ist seine Chance. Nicht nur für die Teutonen muss „der Schuss sitzen“, wie Fischer bei der Verabschiedung Steuernagels im Hinblick auf die Verpflichtung des potenziellen Neuen sagte. Auch für Copados Karriere-Pläne dürfte es eminent wichtig sein, dass sein Schuss in Watzenborn sitzt.

Denn bisher war er Co in Unterhaching und Chef in Moosach und Gundelfingen. Das ist Bezirks- respektive Bayernliga. Sich dort einen Namen zu machen, dürfte nicht gelingen. In der Regionalliga Südwest aber schon. Mit dem neuen Trainer-Duo hat Watzenborn kein Spiel automatisch gewonnen, aber es ist endgültig auf der Landkarte des großen Fußballs angekommen. Ganz ehrlich: Das freut doch jeden, der in Mittelhessen den Fußball endlich dort verortet haben will, wo er nach Einschätzung vieler selbst ernannter Experten hingehört: Auf Dauer ins bezahlte Geschäft. Das alles bedeutet aber auch, dass die Steuernagels und Höfers abtreten, der Stallgeruch weicht dem der weiten Welt. Oder zumindest der etwas weiteren Welt. Die verkörpert Copado. Jetzt beginnt die Arbeit.



Aufrufe: 08.9.2016, 08:00 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor