2024-05-10T08:19:16.237Z

Vereinsnachrichten
Sind die Oberliga-Fußballer des Heeslinger SC im Waldstadion künftig möglicherweise nur noch Zaungäste, während die Kreisklassendamen des TuS auf dem Hauptplatz auflaufen? Das ist zwar kein wahrscheinliches, aber eines der möglichen Szenarien, das eine Gerichtsentscheidung über die Klage des TuS Heeslingen gegen die Gemeinde Heeslingen mit sich bringen könnte. Foto A. Schmidt
Sind die Oberliga-Fußballer des Heeslinger SC im Waldstadion künftig möglicherweise nur noch Zaungäste, während die Kreisklassendamen des TuS auf dem Hauptplatz auflaufen? Das ist zwar kein wahrscheinliches, aber eines der möglichen Szenarien, das eine Gerichtsentscheidung über die Klage des TuS Heeslingen gegen die Gemeinde Heeslingen mit sich bringen könnte. Foto A. Schmidt

SC-Fußballer bald nur noch Zaungäste?

Millionenklage des TuS Heeslingen gegen die Gemeinde könnte einschneidende Konsequenzen für den Sport im Bördeort haben

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Heeslingen. Es ist alles andere als alltäglich, dass ein Sportverein seine eigene Gemeinde vor Gericht bringt. Doch in Heeslingen könnte es dieser Tage dazu kommen, wenn der Anwalt des TuS im Auftrag von Bernhard Eckhoff Klage einreicht. Der Vorsitzende fordert von der Kommune entweder die Fortführung des Pachtvertrages oder die Zahlung eines Wertausgleichs von 1,4 Millionen Euro (ausführlicher Vorbericht hier). Welche Konsequenzen könnte das Verfahren für den Sport in Heeslingen haben? Wir spielen einige Szenarien durch.

Szenario 1: Das Gericht erklärt die durch die Gemeinde erfolgte Kündigung des Pachtvertrages mit dem TuS Heeslingen für dessen Vereinsgelände für ungültig.

Damit wäre der TuS Heeslingen wieder Pächter des Waldstadions nebst der beiden anderen Heeslinger Plätze und der dort befindlichen Gebäude. Nicht betroffen sind davon die Sportplätze in Wiersdorf und Boitzen, deren Pachtverträge mit dem TuS vertragsgemäß auslaufen. Rein rechtlich könnte der TuS dann mit seinen Damen und dem geplanten Herrenteam in Heeslingen auflaufen, während der SC erst Pachtverträge mit der Gemeinde für Wiersdorf und Boitzen vereinbaren müsste, um überhaupt noch irgendwo spielen zu können.

Dessen ungeachtet ist aber nicht damit zu rechnen, dass es künftig im Waldstadion nur noch Kreisklassenspiele und dafür Oberliga-Fußball in Wiersdorf oder Boitzen geben wird. Dagegen spricht neben dem gesunden Menschenverstand auch die fehlende Infrastruktur in den beiden Dörfern. Vielmehr müsste sich der SC als Unterpächter des TuS die Nutzung des Vereinsgeländes in Heeslingen sichern - und mit dem TuS die Konditionen dafür aushandeln. Das würde für den SC nicht unbedingt ein Schnäppchen, da der TuS Einnahmen braucht, um seine Verbindlichkeiten zahlen zu können. Denn selbst wenn Eckhoff das Hauptverfahren gegen die Finanzbehörden gewinnen sollte, hat der TuS noch rund 70000 Euro Schulden abzutragen.

Szenario 2: Das Gericht erklärt die Kündigung des Pachtvertrages durch die Gemeinde für rechtens, verpflichtet die Kommune aber zur Zahlung der von Eckhoff geforderten 1,4 Millionen Euro.

Damit wäre der TuS zwar sportlich heimatlos, da auch die Pachtverträge für Boitzen und Wiersdorf auslaufen, aber finanziell saniert. Selbst wenn der TuS im Hauptverfahren dazu verurteilt werden sollte, die von den Finanzbehörden geforderte Gesamtsumme von 960000 Euro zu zahlen, könnte er dies problemlos begleichen, ebenso wie die rund 70000 Euro an Altschulden - und wäre trotzdem noch ein reicher Verein. Der Haken daran: Die Gemeinde dürfte mit ziemlicher Sicherheit das Urteil anfechten und in die nächste Instanz gehen. Das Verfahren könnte sich danach über Jahre hinziehen. Ausgang offen.

Szenario 3: Das Gericht erklärt die Kündigung des Pachtvertrages durch die Gemeinde für rechtens, verpflichtet Kommune und TuS aber beim Wertausgleich zu einem Vergleich, der deutlich unter den geforderten 1,4 Millionen Euro liegen dürfte. Nehmen wir als Beispiel einmal 700000 Euro an.

Auch in diesem Szenario bliebe der TuS heimatlos, aber finanziell liquide - bei einem Sieg im Hauptverfahren über die Finanzbehörden sogar durchaus vermögend. Der Vorteil einer gütlichen Einigung läge dabei vor allem in der endgültigen Klärung der Eigentumsverhältnisse und der Vermeidung eines langjährigen Rechtsstreites. Die Gemeinde könnte zudem den SC dann endlich mit einem Pachtvertrag ausstatten - würde sich über diesen aber vermutlich zumindest langfristig einen Teil der 700000 Euro wiederholen wollen. Die Nutzung der Sportstätten würde für den SC dann deutlich teurer werden.

Wie geht es nach dem Eintritt eines der genannten Szenarien mit den beiden Vereinen in Heeslingen weiter?

Dass es in einem Dorf der Größe Heeslingens zwei Sportvereine mit parallelen Angeboten gibt, ist im Landkreis beispiellos und dürfte auch bundesweit die absolute Ausnahme darstellen. Zudem stellen sich auch ganz praktische Fragen. Etwas die, wo die TuS-Mitglieder ihrem Sport eigentlich nachgehen sollen? Wenn die Kündigung des Pachtvertrages durch die Gemeinde rechtens ist, dürfte die Kommune nach einem für sie kostspieligen Vergleich kaum gewillt sein, dem TuS in Sachen Sportanlagen entgegen zu kommen.

Klar, der TuS könnte sich irgendwo teuer einmieten - beispielsweise beim aufgrund des Vergleichs finanziell stärker belasteten SC. So würde das Geld der Gemeinde quasi per Untermiete wieder an diese zurückfließen. Doch letztlich wäre eine Zusammenführung beider Vereine vermutlich die sinnvollere Variante. Diese käme aber erst in Frage, wenn alle Gerichtsverfahren abgeschlossen und sämtliche TuS-Altschulden getilgt sind. Das könnte aber durchaus noch Jahre dauern.

Vorausgesetzt, die handelnden Personen beider Vereine wären zu einer Fusion bereit, brächte das die Gemeinde in die paradoxe Situation, den ,,TuS Heeslingen SC" gerade mit (beispielsweise) 700000 Euro alimentiert zu haben, nur damit dessen Mitglieder unverändert ihrem Sport nachgehen können.

LINK: Viele weitere Berichte über den Amateurfußball im Kreis Rotenburg


Dieser Artikel stammt von der Zevener Zeitung

Aufrufe: 023.4.2016, 08:00 Uhr
Zevener Zeitung / Oliver Moje Autor