2024-05-02T16:12:49.858Z

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Das bis dahin letzte Derby im April 2010: Sascha Ruf (Spvgg, links) gegen Julian Burg (LFV). | Archivfoto: Peter Aukthun
Das bis dahin letzte Derby im April 2010: Sascha Ruf (Spvgg, links) gegen Julian Burg (LFV). | Archivfoto: Peter Aukthun

Stadt-Derbys haben keine lange Geschichte

Der Lahrer FV und die Spvgg. Lahr haben einiges, was sie eint und manches, was sie trennt

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Pragmatiker sagen, es gebe auch in diesem Landesliga-Derby, das am Samstag Spielvereinigung Lahr und Lahrer FV auf der Klostermatte zusammenführt, nur drei Punkte für den Sieger. Trotzdem ist es ein ganz besonderes Spiel zwischen dem glänzend gestarteten Aufsteiger Spielvereinigung und dem LFV, der in seiner zweiten Landesligasaison nach dem Abstieg aus der Verbandsliga steht. Eine Rolle spielt dabei die wechselvolle Geschichte des Fußballs in der Stadt.
Rollenverteilung
Rivalen? Gute Nachbarn? Künftige Fusionspartner? Das Verhältnis der beiden Lahrer Kernstadtvereine ist vielschichtig und nicht mit Hilfe eines einzigen Begriffes zu beschreiben. Georg Kaiser, überall nur Schorsch genannt, ist ein LFV-Urgestein. Der gebürtige Brandenburger stand 1963 mit 17 Jahren erstmals in der ersten Mannschaft bei den Blau-Weißen, wo er dann 18 Jahre lang für wichtige Tore sorgte. „Ich habe niemals in einem Punktspiel gegen die Spielvereinigung gekickt, eine echte Rivalität hat für mich nicht existiert.“ Der LFV stand sportlich damals immer deutlich über der Spielvereinigung. Wenn es bei Freundschaftsspielen und Turnieren zu Begegnungen kam, trat in der Regel die Reserve des LFV gegen die Kollegen von der Spielvereinigung an.

Jeder ging seiner Wege. Die LFVler sind damals beim Samstagsspaziergang in der Stadt beim „Prinzen“ vorbeigegangen, wo das Kästchen mit den Aufstellungen hing, die Kleeblättler schauten bei der „Stadt Straßburg“ nach, ob sie für das kommende Spiel aufgestellt waren. „Man kannte sich zwar, aber die Konkurrenz hat lange keine Rolle gespielt“, sagt Kaiser, der heute beim LFV als Betreuer der aktiven Teams und Vorsitzender des Freundeskreises wirkt.

Rollenwechsel
Geändert hat sich die klare Rollenverteilung in der Stadt dann doch. In der Saison 1986/87 kickten Blau-Weiße und Weiß-Schwarze gegeneinander in der Kreisliga A. In der folgenden Runde stieg der LFV gar in die Kreisliga B ab und musste sich sportlich für ein Jahr unter die Spielvereinigung einordnen. In der Saison 1991/92 trafen sich die Lahrer Clubs eine Saison lang in der Bezirksliga, an deren Ende stieg die Spielvereinigung ab. Damals gab es erste Signale für eine Zusammenarbeit.

Eine Ahnung von Rivalität entwickelte sich erst wieder mit dem sportlichen Erfolg der Spielvereinigung, die in der Saison 2008/09 erstmals in die Landesliga aufstieg, wo sie auf den LFV traf. Kaiser erinnert sich: „Da gab es nach einem Derbysieg der Spielvereinigung schon mal Jubelgesänge von der Art: Die Nummer eins in Lahr sind wir.“

Seitenwechsel
Tatsache ist: Es gab, trotz aller Unterschiede im Selbstverständnis der beiden Vereine – hier der Arbeiterverein Spielvereinigung, dort der Bürgerverein LFV – immer wieder Seitenwechsel. Der aktuelle Vorsitzende der Spielvereinigung ist Dieter Heppner, ein ehemaliger Mannschaftskamerad von Kaiser beim LFV. Er galt in der hiesigen Fußball-Farbenlehre stets als Blau-Weißer. Aufgewachsen ist Heppner an der Klostermatte. „Als Schüler wollte ich eigentlich in die Spielvereinigung, weil dort aber keine Schülermannschaft zusammenkam, bin ich zum LFV gegangen.“ Dort blieb er und wurde heimisch. Neun Jahre lang engagierte sich Heppner als Nachwuchstrainer bei der SG Lahr, in der die Jugendabteilungen beider Vereine seit mittlerweile 20 Jahren kooperieren. Naturgemäß entwickelte er enge Kontakte zu den Verantwortlichen bei den Kleeblättlern. Als Vorstandsposten zu besetzen waren, duckte er sich nicht weg.

Sportliche Heimat
Die Verortung der beiden Vereine nach ihren Sportstätten ist nicht immer einfach. Heute spricht man selbstverständlich von den Kleeblättlern von der Klostermatte und vom LFV von der Dammenmühle. Heppner sagt: „Auf der Klostermatte hat der LFV aber seine größten sportlichen Erfolge gefeiert.“ Nach der Vizemeisterschaft in der 1. Amateurliga Südbaden in der Saison 1971/72 setzte er sich in der ersten Runde der Deutschen Amateurmeisterschaft gegen Viktoria Hamburg durch und wurde dann erst vom FSV Frankfurt, dem späteren Meister gestoppt.

Erst seit der Spielrunde 1973/74 nahm der LFV das Stadion Dammenmühle wieder zur Heimat und kehrte damit an seine historischen Wurzeln zurück. Die Spielvereinigung, die lange auf dem heutigen Sportplatz der TGB Lahr am Unteren Dammen zu Hause war, zog wieder an die Klostermatte.

Fusion
Bemühungen um eine Zusammenarbeit kamen immer wieder auf. Konkret wurden sie im Januar 1995. Damals wurde an der Dammenmühle und an der Klostermatte abgestimmt über eine Fusion. Während im LFV-Clubheim 73,5 Prozent der Mitglieder dafür votierten, stimmten auf der anderen Seite der Stadt nur 34,7 Prozent der Kleeblättler dafür. Es gab neue Anläufe: Vor rund vier Jahren scheiterte die Verschmelzung an der Ablehnung durch die aktiven Spieler.

Georg Kaiser bekennt: „Ich bin skeptisch. Solange beide Vereine auf der gleichen sportlichen Ebene spielen, wird das nie passieren. Erst wenn einer am Boden liegt und zur Zusammenarbeit gezwungen ist, dann geht’ s.“ Heppner, sein ehemaliger Teamkollege, sagt: „Die Fusion wird kommen, das ist nur eine Frage der Zeit. Es gibt immer weniger Leute, die ehrenamtlich mitarbeiten. Es geht nicht mehr lange, dann sitzt man mal wieder zusammen.“
Aufrufe: 018.9.2014, 22:00 Uhr
Uwe Schwerer (BZ)Autor