2024-05-02T16:12:49.858Z

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Klagen über Klagen

Der Rückzug des Heidenauer SV aus der Fußball-Landesliga sorgt für Wirbel, der inzwischen auch Gerichte beschäftigt.

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Wie weiter in Heidenau? Das ist eine gute Frage, die Andreas Haupt nicht mehr vordergründig beschäftigen muss. Der Cheftrainer ist von seinem Amt zurückgetreten. Foto: Marko Förster

Dem sportlichen Abstieg folgt der Gang vors Gericht. Mit Fußball haben die Geschehnisse beim Heidenauer SV, der seine Mannschaft aus der Landesliga zurückgezogen hat, nicht mehr viel zu tun. Stattdessen geht es um Verantwortlichkeiten für den Niedergang, vor allem aber um Geld, viel Geld. Denn der freiwillige Abschied der Heidenauer aus Sachsens höchster Spielklasse hat finanzielle Gründe.

Der Klub mit seinen rund 400 Mitgliedern schiebt einen gewaltigen Schuldenberg von über 320 000 Euro vor sich her, angehäuft von ehemaligen Vorständen. Schritt für Schritt plant der Verein, innerhalb von zehn Jahren wieder schuldenfrei zu sein – mit zwei Männermannschaften sowie den Frauen, die gerade in die Landesliga aufgestiegen sind. Auch in den Nachwuchs soll verstärkt investiert werden.

Um trotzdem Schulden abzubauen, hat sich der Verein nun einen strikten Sparkurs verordnet – auf Kosten der bisherigen Landesliga-Mannschaft. Die 80 000 Euro, die man aus Sicht der Heidenauer in der Landesliga braucht, sind dabei nicht mehr darstellbar. „Schon in der vorigen Saison hatte die Erste nicht soviel zur Verfügung“, sagt Stefan Ruffani, seit 2014 gewählter HSV-Präsident.

Teure Ex-Profis sprengen den Etat

Eine erneute Kürzung des Etats bewog Cheftrainer Andreas Haupt zurückzutreten. „So macht es sportlich keinen Sinn mehr“, meint der Unternehmer. Haupt war 2009 als Co-Trainer an der Seite von Bernd Fröhlich zum HSV gekommen. Gemeinsam führten sie die Mannschaft in drei Jahren aus der Bezirks- bis in die Oberliga. Doch zu welchem Preis?

Bereits damals hatte Fröhlich mangelnde Strukturen angemahnt. Trotzdem wurde weiter kräftig Geld ausgegeben, um beispielsweise auch ehemalige Profis wie Pavel Dobry, Christian Fröhlich und Torhüter Axel Keller zu verpflichten. Zwei Jahre später kam der finanzielle Knock-out. Die Mannschaft fiel auseinander und stieg im Sommer 2014 als Oberliga-Letzter ab. Für die neue Spielzeit sind nun zwangsläufig weitere Einschnitte vorgesehen. Vor allem deshalb verließen mehrere Leistungsträger den HSV, gleichwertiger Ersatz ließ sich offenbar nicht finden. Und der designierte neue Chefcoach Heiko Bandulewitz machte noch vor Saisonbeginn einen Rückzieher. „Ich habe unzählige Gespräche geführt. Es war unmöglich, eine konkurrenzfähige Truppe auf die Beine zu stellen. Es gab viele Spieler, die gern in der Sachsenliga gespielt hätten, aber nicht in Heidenau“, sagt Bandulewitz.

Nun also soll es den Neubeginn in der Landesklasse geben, der siebenten Liga. Darüber hinaus tilgt der Klub mithilfe von Darlehen der Volksbank Pirna und der Wohnungsbau- und Wohnungsverwaltungsgesellschaft Heidenau seine Schulden. Die WVH ist ein Unternehmen mit städtischer Beteiligung, für das Präsident Ruffani arbeitet.

Und dann gibt es noch die juristische Seite. Derzeit streitet der Verein mit ehemaligen Funktionären um Schadenersatz. Nach einem ersten zivilrechtlichen Verfahren wird Reno König, der frühere Präsident, zur Kasse gebeten. Der Unternehmer soll 8 900 Euro an seinen Ex-Verein zahlen. Auch ein strafrechtliches Verfahren droht König, der vor Gericht betonte, selbst große Summen in den Klub investiert zu haben. König wurde dennoch im Juni 2015 von der neuen Vereinsführung wegen Unterschlagung angezeigt. Die Ermittlungen der Polizei sind abgeschlossen. Nun muss die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob ein Strafverfahren eröffnet wird.

„Es ging damals im Verein drunter und drüber. Es gab Verbindlichkeiten, die einige Vorstandsmitglieder wie ich aus eigener Tasche beglichen haben. Quittungen wurden leider mehrfach nicht ausgestellt“, erklärt König und betont, der Klub liege ihm immer noch am Herzen. „Ich habe ein absolut reines Gewissen. Keiner hat sich Geld eingesteckt.“ Dennoch plant der Verein weitere Klagen.

Ein Verfahren wegen Schadenersatzforderung in Höhe von 200 000 Euro gegen einen der ehemaligen Vorstände sei angestrebt. Falls der frühere Schatzmeister des HSV nach einem Urteil am Landgericht – einen Prozesstermin gibt es bisher nicht – zahlen müsse, könnte er sich das Geld von den anderen ehemaligen Vorständen wiederholen. Notfalls, indem er selbst klagt.

So weit, so undurchsichtig.

Denn auch König selbst hat über eine Klage nachgedacht – gegen die neue Klubführung. Dabei geht es um bereits geleistete Transportkosten und Rechnungen in Höhe von über 26 000 Euro. „Ich gehe davon aus, dass das noch Jahre dauern kann“, befürchtet indes Ruffani. Er hofft aber, dass man sich außergerichtlich einigen kann, um langwierige Prozesse zu vermeiden. Und damit es beim Heidenauer SV irgendwann wieder allein um Fußball geht.

Aufrufe: 014.7.2016, 11:39 Uhr
Stephan Klingbeil und Jürgen SchwarzAutor