2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Heeslingens Trainer Hansi Bargfrede (rechts, im Gespräch mit Stephen Famewo) musste in der Hinrunde während der Partien immer wieder taktische Korrekturen im Spiel seiner Elf vornehmen.Foto Demmer
Heeslingens Trainer Hansi Bargfrede (rechts, im Gespräch mit Stephen Famewo) musste in der Hinrunde während der Partien immer wieder taktische Korrekturen im Spiel seiner Elf vornehmen.Foto Demmer

,,Ja, wir haben die Liga unterschätzt"

Heeslingens Trainer Hansi Bargfrede beschwört im Interview den Teamgeist und hofft auf weniger Ausfälle

Heeslingen. Im Interview mit ZZ-Sportredakteur Oliver Moje gibt Heeslingens Trainer Hansi Bargfrede einen Ausblick auf die Rückrunde und äußert sich zum Verlauf der Hinserie in der Fußball-Oberliga. Dabei räumt der Coach des Aufsteigers auch eigene Fehler ein.

„Wir können mit breiter Brust auftreten und durchaus jeden schlagen“, haben Sie vor dem Saisonstart gesagt. Nun überwintert Ihre Mannschaft mit 21 Punkten aus 18 Spielen und 28:32 Toren nur zwei Zähler vor der Abstiegszone. Haben Sie die Liga unterschätzt?

Ja. Sowohl die Mannschaft als auch ich haben die Liga unterschätzt. Es gibt viele gute Mannschaften, die Liga ist unheimlich ausgeglichen. Wir waren überrascht, dass die Gegner so gut besetzt sind und hatten daher Startprobleme. Hinzu kam, dass ich aufgrund der fünf Jahre Jugendarbeit beim FC St. Pauli nicht mehr so im Thema Oberliga-Herrenfußball drin war. Das hat sich mittlerweile geändert. Wir sind jetzt ein bisschen schlauer, was die Gegner angeht und können uns besser auf deren Stärken und Schwächen einstellen. Das war in der Anfangsphase nicht so. Die Mannschaft hatte nach dem Pokalsieg gegen den Regionalligisten Lüneburger SK einfach so ein bisschen das Gefühl ,,naja, das machen wir schon mal eben".

Auffällig war, dass zu Beginn insbesondere gestandene Spieler, die schon für den TuS Heeslingen in der Oberliga gespielt hatten, nach zwei Jahren in der Landesliga große Probleme mit der Anpassung an die höhere Spielklasse hatten.

Absolut. Zwei Jahre sind im Fußball eine lange Zeit und in dieser haben sie sich nach unten angepasst. Es ist einfach ein großer Niveauunterschied zwischen der Landes- und der Oberliga. Eigene Fehler werden sofort bestraft und vom Gegner ausgenutzt. Zudem haben wir Probleme gehabt, aus unseren Chancen konsequent Tore zu machen. Auch das war in der Landesliga einfacher. Aber mittlerweile hat sich da ja etwas entwickelt und ich denke, wir sind da auf dem richtigen Weg.

Was war Ihr persönliches Negativerlebnis in der Hinrunde?

Ich hatte vor allem damit zu kämpfen, dass wir immer wieder zwei, drei Ausfälle pro Spiel hatten, weil bei einigen Spielern die gedankliche Bereitschaft gefehlt hat. Das konnten wir nicht kompensieren und haben Spiele wie gegen Wunstorf oder FT Braunschweig einfach verschenkt. Ich glaube aber, die Spieler haben inzwischen verinnerlicht, dass wir nur als Team funktionieren und jeder Einzelne mehr ist, wenn er auf dem Feld mit den Mitspielern gut zusammenarbeitet. Das muss unser Weg sein und den wollen wir auch weiter beschreiten.

Was ist Ihnen besonders positiv im Gedächtnis geblieben?

Wir haben gegen Northeim zu Hause eine Halbzeit wie aus dem Lehrbuch gespielt. Wir haben dem Gegner zu keiner Sekunde eine Chance gelassen, sein Spiel zu machen. Das war unglaublich, wie wir da kombiniert haben.

Der Zuschauerzuspruch ist mit einem Schnitt von knapp 200 deutlich geringer als man das in Heeslingen gewohnt ist. Wie erklären Sie das und was will der Verein unternehmen, um wieder mehr Besucher ins Waldstadion zu locken?

Den Hauptgrund sehen wir darin, dass wir keine Derbys mehr haben. Wenn wir in den letzten Jahren gegen Rotenburg, Bornreihe, den VSK, Ahlerstedt/Ottendorf oder Ottersberg gespielt haben, sind deren Zuschauer mitgekommen - oder haben sich bei uns schon mal den nächsten Gegner angesehen, wenn ihre eigenen Teams weiter weg auswärts spielen mussten. In der jetzigen Oberliga bringt - mit Ausnahme von Jeddeloh - kaum ein Verein Zuschauer mit.

Der zweite Grund ist natürlich, dass man oben mitspielen muss, um mehr Zuschauer anzulocken. Das ist aktuell bei uns nicht der Fall, obwohl wir zu Hause viele gute Spiele gemacht haben. Man kann im Waldstadion wirklich guten und unterhaltsamen Fußball sehen, aber natürlich machen wir uns Gedanken, wie wir uns für das Publikum - vielleicht über Vorspiele oder die Gastronomie - noch interessanter machen können.

Wie stehen Sie zu der These, dass angesichts der zahlreichen Nachbarschaftsduelle die Landesliga in dieser Saison die attraktivere Spielklasse gewesen wäre?

Wenn man Derbys hat, ist das immer interessant. Wenn man gegen Rotenburg, Zeven, Ahlerstedt/Ottendorf oder Bornreihe spielen würde, wäre das sicher reizvoll. Aber wir wollen uns natürlich schon sportlich absetzen. Das ist ganz klar. Wir wollen sehen, dass wir dieses Jahr die Klasse halten und uns dann in den nächsten Jahren höhere Ziele setzen.

Mit Oliver Warnke hat ein Neuzugang als einziger Heeslinger alle 17 Saisonspiele über die kompletten 90 Minuten bestritten. Haben Sie damit vor Saisonbeginn gerechnet und wie zufrieden sind Sie mit ihm?

Wir wussten ja vorher, was Oliver sportlich kann. Er ist auch charakterlich ein absoluter Gewinn und obwohl er noch ziemlich jung ist, ein echter Führungsspieler. Aber wir haben mit Syuleyman Shakirov einen weiteren Neuzugang, der einen Stammplatz hat und mit Raphael Balzer einen Nachwuchsspieler, der viele Spiele gemacht hat. Von daher haben die Neuzugänge gegriffen.

Stichwort Raphael Balzer: Er war von den aufgerückten A-Junioren der Einzige, der sich als Stammspieler in der Oberliga bislang wirklich hat etablieren können. Was zeichnet ihn aus, das die anderen Nachwuchstalente vielleicht noch nicht haben?

Er hat den Vorteil, dass er sehr robust ist und daher körperlich schon unheimlich dagegen halten kann. Seine Schnelligkeit und seine gute Technik helfen ihm natürlich auch. Aber mit Arne Exner, der gegen Lingen im Tor gespielt hat, haben wir einen weiteren Nachwuchsspieler, der eindeutig Oberligaformat hat. Der nächste, der kommen wird, ist Nico Finke. Den werden wir über Kurzeinsätze und Training immer weiter an die Oberliga heranbringen. Von Enis Busch, der zunächst allerdings berufsbedingt Probleme mit dem Training hatte, sind wir ebenfalls überzeugt, dass er den Weg gehen wird.

Stephen Famewo wurde bei seiner Verpflichtung 2014 von Team-Manager Steffen Lahde als ,,Königstransfer" bezeichnet. In der Vorbereitung haben Sie sich ebenfalls sehr lobend über ihren 31-jährigen Mittelfeldspieler geäußert. Anschließend stand er aber nur 610 von 1530 möglichen Spielminuten auf dem Platz. Wie kommt es, dass er in den Pflichtspielen nur selten eine Rolle gespielt hat?

Auch von ihm habe ich eine sehr hohe Meinung. Er ist aber ja schon ein bisschen älter, das darf man nicht vergessen. Da kommen jetzt ein paar Wehwehchen und Verletzungen dazu. Er hatte kurzzeitig auch privat ein paar Probleme und ist da in ein kleines Loch gefallen. Er ist aber für uns ein ganz wichtiger Spieler, weil er sehr positiv ist, die jungen Spieler mitreißen und führen kann. Mit seiner Erfahrung kann er - gerade wenn es mal eng ist - vorne viele Bälle für uns festmachen. Wenn er richtig fit und auch vom Kopf her frei ist, ist er für uns ein sehr wichtiger Spieler und könnte noch eine wichtige Rolle im Abstiegskampf spielen.

Dominik Bremer stand in der Hinrunde ebenfalls nur 615 Minuten auf dem Feld. Wird Ihr Kapitän zur Rückrunde wieder fit sein?

Das hoffe ich. Er muss auch fit sein, denn Dominik ist für uns nur wertvoll, wenn er körperlich voll da ist. Er hatte in der Hinrunde viel mit Verletzungen zu tun. Er kann für uns in der Rückrunde Gold wert sein, aber dafür muss er körperlich in Topform sein. In der Vorbereitung hat er aber jetzt die Möglichkeit, sich entsprechend fit zu machen.

Was muss sich in der Rückserie gegenüber der Hinrunde ändern?

Es wäre schön, wenn wir nicht immer in jedem Spiel eine andere Mannschaft aufstellen müssten. Wir hatten ja unheimlich viele Probleme mit Verletzungen sowie Berufs- oder Krankheits-bedingten Ausfällen. Das war schon ein Problem.

Wir müssen wissen, dass wir nur als Team funktionieren und dass jeder für den anderen da sein muss. Jeder muss gedanklich immer die Bereitschaft haben, sein Potential abzurufen - dann sind wir gut. Wir haben halt nicht die Spieler - wie andere Vereine - die, selbst wenn sie schlecht spielen, immer noch gut sind. Deshalb geht das bei uns nur über das Mannschaftsdenken und das Teamwork.

Brauchen Sie in der Winterpause neben dem bereits verpflichteten Aleksandr Friauf noch weitere personelle Verstärkungen?

Wir haben fünf Spieler auf dem Zettel. Zur Halbserie ist es aber sehr schwer, Spieler zu verpflichten. So wie es derzeit aussieht, haben wir noch einen interessanten Spieler in der Pipeline. Ich gehe aber im Moment davon aus, dass wir mit dem Kader, den wir derzeit haben, in die Rückrunde gehen.

Könnte der Verein etwaige Neuzugänge überhaupt finanzieren?

Nein, könnten wir nicht, aber den eben genannten Transfer würden wir wohl irgendwie umsetzen können.

Wie intensiv wird die Vorbereitung? Teile der Mannschaft sollen sich weniger komplexe Trainingsinhalte und dafür mehr körperbetonte Einheiten gewünscht haben?

(lacht). Ja, das ist wohl teilweise noch alte Schule (lacht). Ich gehe natürlich auf die Mannschaft ein. Wenn die den Wunsch hat, dann laufen wir halt ein bisschen mehr. Im Winter sind unsere Trainingsmöglichkeiten ohnehin sehr begrenzt. Leider verfügen wir ja über keinen Kunstrasenplatz, den viele andere Oberligisten haben. Daher müssen wir wohl mehr den Asphalt benutzen. Aber unsere Vorbereitungsspiele werden alle auf Kunstrasen ausgetragen, deshalb gehe ich davon aus, dass die Spiele auch stattfinden können.

Ansonsten ist natürlich auch weiterhin Detailarbeit angesagt. Das möchte ich beibehalten, denn ob wir in bestimmten Situationen das richtige Stellungsspiel haben oder den richtigen Laufweg machen, entscheidet in manchen Spielen darüber, ob wir 1:0 gewinnen oder 0:1 verlieren. Es sind immer Kleinigkeiten, die Fußballspiele entscheiden. Seit einigen Wochen nehmen wir auch alle unsere Spiele auf und analysieren sie mit der Mannschaft. Da sieht man sehr deutlich, was wir gut und was wir nicht so gut machen. Das hilft uns, die zusätzlichen paar Prozente herauszuholen, die wichtig sind für ein positives Ergebnis.

Auf welchem Platz landet der Heeslinger SC am Saisonende?

Wir werden nicht unter den letzten vier stehen.

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Dieser Artikel stammt von der Zevener Zeitung

Aufrufe: 07.1.2016, 14:00 Uhr
Zevener Zeitung / Von Oliver MojeAutor