In Kornburg hatten sie sich in der Winterpause auf diese 90 Minuten besonders gut vorbereitet. Nichts wollten sie beim Rückrundenstart dem Zufall überlassen, weshalb sie sich nicht nur in Kornburg gewissenhaft vorbereitet haben, sondern auch in der Türkei; auf akkuraten Grünflächen, bei milden 21 Grad, ohne große Ablenkungsmöglichkeiten – so wie es auch die Profis tun. Und hätte diese Partie gegen die Spielvereinigung Selbitz nur 90 Minuten gedauert, dann hätten sie sich wahrscheinlich auch für den ganzen Aufwand bestätigt gefühlt.
Weil Schiedsrichter Sebastian Eder den Nachmittag aber erst nach 93 Minuten beendete, war der Effekt der höchst professionellen und nicht ganz günstigen Vorbereitung schnell verpufft – oder doch nicht?
„Natürlich waren wir enttäuscht“, sagt Abwehrspieler Mario Feulner, „aber im ersten Spiel nach der Winterpause tut sich jeder schwer“. Dabei sah zunächst mal wieder alles ganz einfach aus für den TSV Kornburg, die große Überraschung der Hinrunde in der Landesliga-Nordost. Bereits in der 8. Minute knüpfte Szymon Pasko da an, wo er vor der Winterpause aufgehört hatte, nach schöner Vorarbeit von Sebastian Mack erzielte der kleine Stürmer sein 18. Saisontor. Die Partie gegen die Mannschaft aus dem Tabellenmittelfeld schien früh ein Selbstläufer zu werden, so wie die vielen Spiele im vergangenen Herbst. Neun Spiele hatte der Aufsteiger da in Folge gewonnen, selbst den Tabellenführer Neumarkt mit 2:0 besiegt und sich auf dem zweiten Platz eingerichtet, der zur Relegation um die Bayernliga berechtigt. Für den TSV schien es nur noch eine Richtung zu geben: nach vorne, nach vorne, immer weiter.
„Aber man kann ja nicht davon ausgehen, dass es einfach immer so weiter geht“, sagt Feulner nachdem es nicht mehr einfach so weitergegangen ist. Auf die frühe Führung folgte noch vor der Halbzeit (35./Sebastian Schott) der Ausgleich für die Gäste aus Selbitz, nach der Pause mühte sich Kornburg lange vergeblich um die erneute Führung, Rückkehrer Michal Nowak war es vorbehalten, die Verhältnisse wieder gerade zu rücken.
Neun Monate lang war Nowak, einer der Aufstiegshelden aus der Vorsaison, verletzt, seine Anwesenheit in der Mannschaft bezeichnete Herbert Heidenreich vor dem Neustart als „echte Alternative“. Nur 20 Minuten nach der Einwechslung bestätigte Nowak seinen Trainer und erzielte in der 81. Spielminute das 2:1 für den TSV, wahrscheinlich ist der hochveranlagte Torjäger demnächst sogar mehr als nur eine Alternative.
Dieses Ergebnis hätte gereicht, um zwischenzeitlich sogar die Tabellenführung zu übernehmen. Weil die Begegnung von Neumarkt am Sonntag wegen des schlechten Wetters abgesagt wurde, hätte sich der ASV nicht wehren können, in Kornburg hätte man sich zumindest eine Woche lang über den Sprung auf den direkten Aufstiegsplatz freuen dürfen. Da sich Sebastian Eder aber offenbar sehr gut unterhalten fühlte an diesem Nachmittag, gönnte er den beiden Mannschaften noch ein paar Minuten extra, vor allem gab er aber den Gästen aus Selbitz noch die Chance, den Nachmittag auch für sich noch zu einem gelungenen zu machen.
Ein umstrittener Freistoß, eine Flanke und eine missglückte Abwehraktion später freuten sich die Oberfranken über den Ausgleich durch Maximilian Lang und einen Punkt, der ihnen im Abstiegskampf wahrscheinlich mehr hilft als den Kornburgern im Aufstiegskampf.
Als große Ungerechtigkeit haben sie den Schlusspunkt der Partie beim TSV trotzdem nicht empfunden. „Wir hätten das vorher lösen können“, findet Feulner und meint die vergebenen Chancen und die vielen Pässe, die nicht oder nur unzureichend bei ihren Zielen ankamen.
Nach dem Wochenende sind sie punktgleich mit Neumarkt, haben allerdings auch schon zwei Spiele mehr absolviert. „Sie sollen immer unseren Atem spüren“ hatte Heidenreich die Richtung für die verbleibenden Spiele vorgegeben, Kornburgs Unentschieden gegen Selbitz dürften die Neumarkter aber eher als angenehme Brise empfunden haben.
Zwölf Gelegenheiten bleiben Heidenreichs Mannschaft jetzt noch, um zu beweisen, dass der langjährige Bezirksligist sogar in der Landesliga unterfordert ist. Zwölf Gelegenheiten, in denen sie sich noch steigern können – und müssen, wenn sie den Überraschungseffekt maximieren wollen. „Wir können uns in allen Bereichen verbessern“, sagt Feulner, im Trainingslager gab es ja genug Anschauungsunterricht; nicht auf den Nebenplätzen, die Profis hatten die türkische Riviera da schon längst wieder hinter sich gelassen, sondern auf den Bildschirmen ihrer Laptops. Einige Bundesliga-Partien haben sie sich angesehen und natürlich auch das fränkische Zweitliga-Derby. „Das war allerdings kein Augenschmaus“, erinnert sich Feulner, aber es ging ja auch nicht um gute Unterhaltung, sondern um die Gemeinschaft.
Zuhause im Alltag gehen die Fußballer meistens schnell wieder auseinander, in der Türkei haben sich auch diejenigen füreinander Zeit genommen, die abseits des Platzes normalerweise nicht viel miteinander zu besprechen haben. „Das hat geholfen, uns besser kennenzulernen“, sagt Mario Feulner über das Trainingslager. Vielleicht hilft das beim nächsten Mal – am besten sogar länger als 90 Minuten.