2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Derschlag sei sehr stolz darauf, seit sechs Jahren in der Kreisliga A zu spielen und das soll auch so bleiben, erklärt Geschäftsführer Peter Wagner. Foto: Giesen
Derschlag sei sehr stolz darauf, seit sechs Jahren in der Kreisliga A zu spielen und das soll auch so bleiben, erklärt Geschäftsführer Peter Wagner. Foto: Giesen

"Es kann nicht immer die Sonnenseite sein"

Interview der Woche mit Peter Wagner, Geschäftsführer der Fußballer von Borussia Derschlag, die vom Abstieg bedroht sind

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Derschlag. Mit ehrgeizigen Zielen waren die Fußballer des FC Borussia Derschlag in die aktuelle Kreisliga A-Saison gestartet. Nach unruhigen Monaten und den Trennungen von Trainer Christopher Lieblang und dem Sportlichen Leiter Viktor Köhn, der das Traineramt zwischenzeitlich übernommen hatte, droht dem Team der Abstieg. Thomas Giesen sprach mit dem Geschäftsführer der Borussia, Peter Wagner, über die aktuelle Situation.

Nach drei Siegen in Folge setzte es für die Borussia jüngst eine 0:4-Niederlage gegen den SV Altenberg. Noch immer belegt das Team einen Abstiegsrang. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Peter Wagner: Wir waren gegen Altenberg mit dem letzten Aufgebot unterwegs, hatten viele Verletzte und gesperrte Spieler und mussten aus der zweiten Mannschaft auffüllen. So haben wir verdient verloren. In den Wochen zuvor gab es aber eine Euphorie im Team. Nachdem Tarek Charif das Traineramt übernommen hat, haben wir uns wieder herangekämpft, und ich bin sicher, dass für uns in der Saison noch etwas möglich ist. Wir spielen jetzt gegen den Tabellenletzten Wipperfeld und werden alles versuchen, um die Punkte zu behalten. Aber klar ist, dass wir anschließend noch weitere Siege brauchen.

Wie konnte es überhaupt zu dieser Situation kommen? Schließlich ist die Mannschaft nicht mit dem Ziel in die Saison gestartet, die Klasse zu halten, sondern wollte in der Tabelle deutlich weiter vorne stehen.

Wagner: Die Einschätzung, weiter oben mitspielen zu können, war offensichtlich falsch. Wir hatten ja schon zum Ende der vergangenen Saison einen Negativlauf und haben uns dann früh von Trainer Christopher Lieblang getrennt, weil aus dem Mannschaftskreis von einer negativen Stimmung berichtet wurde. Auch die Sportliche Leitung in Person von Viktor Köhn war unzufrieden und wir wollten wieder in ruhiges Fahrwasser kommen. Also hat Köhn das Amt selber übernommen. Wir mussten aber alle feststellen, auch Köhn selbst, dass er auch keinen Draht mehr zur Mannschaft hatte und nicht mehr an die Spieler herankam. Also haben wir eine weitere Korrektur vorgenommen und Tarek Charif zum Trainer der ersten Mannschaft gemacht, der nun mit Hans-Jürgen Schlottner die Wende schaffen sollte. Das ist ja auch teilweise gelungen.

Warum nur teilweise?

Wagner: Zuvor hatten wir aber auch großes Pech mit dem Spielplan und haben vielleicht zum falschen Zeitpunkt gegen die zweiten Mannschaften der Liga gespielt. Gegen die Reserve des TV Herkenrath beispielsweise waren wir chancenlos, weil dort Spieler aus dem Mittelrheinliga gespielt haben. Auch andere konnten sich aus den ersten Mannschaften verstärken. Wenn man sich jetzt die Ergebnisse der Reserven anschaut, hätten wir vielleicht besser ausgesehen. Ein bisschen Wettbewerbsverzerrung ist dabei.

Wie ist diese Negativentwicklung der Mannschaft denn grundsätzlich zu erklären? Mit Lieblang, erklärte der Verein damals, war doch scheinbar der richtige Mann gefunden. War die Mannschaft vielleicht falsch zusammengestellt?

Wagner: Wir haben Stammspieler verloren, die sich aus Studiengründen anders orientieren mussten und haben die Schwere der Verluste vielleicht unterschätzt. Mit den Neuzugängen und den Trainern passte es teilweise nicht und in Sachen Identifikation mit dem Verein haperte es bei einigen. Man muss klar sagen, dass die Neuzugänge die Abgänge nicht kompensieren konnten. Es fehlen Führungsspieler im Kader. Im Winter hat uns dann auch noch Mathias Hartwig verlassen. Geholt wurde dafür mit Alican Gültekin ein ganz junger Spieler, der tolle Ansätze zeigt, charakterlich ein super Junge ist, aber noch nicht die Erfahrung hat, ein Spiel zu lenken und zu entscheiden.

Wie reagieren Sie darauf?

Wagner: Wir haben daraus gelernt und werden künftig mehr auf charakterstarke Spieler setzen. Uns steht ein Umbruch bevor, den Tarek Charif jetzt umsetzen soll.

Viktor Köhn sollte sich als Sportlicher Leiter ja nicht nur um die erste Mannschaft kümmern, sondern auch die Derschlager Jugendabteilung voranbringen. Ist Ihr Vorhaben nun gescheitert?

Wagner: Als Köhn die erste Mannschaft übernommen hat, sind die Bemühungen, den Jugendbereich zu stärken, erstmal beendet worden. So gibt es noch große Baustellen. Wir sind nicht gerade auf Rosen gebettet, was den Trainerbereich in der Jugend angeht. Jugendkonzepte sind gut und schön, aber man muss auch die richtigen, nämlich qualifizierte Trainer haben, die bereit sind, sich um 17 Uhr mit den Kindern und Jugendlichen auf den Fußballplatz zu stellen. Aber das Problem haben nicht nur wir, sondern viele andere Vereine auch. Qualifizierte Trainer sucht jeder Verein. Deshalb sind wir froh, dass wir überhaupt für jeden Jahrgang einen Trainer haben.

Wie geht es jetzt weiter? Spielt der Nachwuchsbereich bei Borussia Derschlag in Zukunft eine untergeordnete Rolle?

Wagner: Der FC Borussia Derschlag ist immer ein Verein gewesen, der mit der eigenen Jugend gearbeitet hat. Das wird auch künftig unser Weg sein. Wir hoffen, dass wir in den nächsten zwei Jahren von unserer A-Jugend profitieren können. Es ist ja nicht so, dass sich bei uns nichts getan hat. Viktor Köhn ist es zu verdanken, dass wir überhaupt wieder eine A-Jugend im Verein haben. Vor zwei Jahren war das nämlich noch nicht der Fall. Bis auf die Bambini haben wir ja auch alle Jahrgänge besetzt.

Haben Sie einen Plan, wenn es mit dem Klassenerhalt nicht klappen sollte?

Wagner: Wir planen auf jeden Fall zweigleisig. Auch wenn die Kreisliga A nicht mehr ganz so attraktiv ist und nur wenige oberbergische Teams dort zu finden sind, wollen wir in der Klasse bleiben. Wir sind stolz darauf, dass wir jetzt seit sechs Jahren dort spielen, schließlich sind wir ein Verein, der alle Spieler gleich behandelt und nicht für viel Geld von außen holt. Dafür ist es bei uns in den vergangenen Jahren gut gelaufen.

Bricht die Mannschaft bei einem Abstieg dann anschließend auseinander?

Wagner: Nein, denn die Spieler haben unter Tarek Charif den Spaß am Fußball spielen wieder zurückgewonnen. Fast die gesamte Mannschaft hat zugesagt, bei der Borussia zu bleiben. Natürlich wird es Abgänge geben, aber wir sind in Gesprächen mit potenziellen Neuzugängen. Zusagen gibt es auch schon. Aber noch sind wir ja nicht abgestiegen. Und wenn es doch passiert, dann ist es kein Beinbruch. So ist es im Sport nun mal. Man kann nicht immer auf der Sonnenseite stehen.

Aufrufe: 013.5.2017, 14:39 Uhr
Oberbergischer Anzeiger/Thomas GiesenAutor