2024-05-14T11:23:26.213Z

Interview
Martin Weng (li.) und Johannes Müller haben vor einem Monat in Rain das Handtuch geworfen. Wie geht`s ihnen mittlerweile mit der Entscheidung?
Martin Weng (li.) und Johannes Müller haben vor einem Monat in Rain das Handtuch geworfen. Wie geht`s ihnen mittlerweile mit der Entscheidung? – Foto: Gerd Jung, Montage FuPa

Weng & Müller im Talk: »... die ein oder andere Träne hat geholfen«

Das große Interview nach den turbulenten Tagen beim TSV Rain am Lech

Ihre Entscheidung sorgte für Aufsehen in der bayerischen Fußballlandschaft: Im Februar traten beim TSV Rain am Lech Cheftrainer Martin Weng und der spielende Co-Trainer Johannes Müller nach einem Zerwürfnis mit der Vereinsführung von ihren Ämtern mit sofortiger Wirkung zurück. Turbulente Tage folgten für den Klub aus dem Landkreis Donau-Ries. FuPa hat sich mit Martin Weng und Johannes Müller noch einmal zum Gespräch verabredet, nachdem sich die erste Aufregung ein wenig gelegt hat.

FuPa: Ein Monat ist mittlerweile nach dem großen Knall in Rain vergangenen. Wie habt ihr die letzten Wochen erlebt? Es ist sicher einiges auf euch eingeprasselt.

Martin Weng: Die ersten Tage waren schon sehr turbulent. Aber genauso schnell haben sich die Dinge wieder relativiert und beruhigt.

Johannes Müller: Das Handy musste ich in den ersten Tagen schon öfter laden (lacht). Bei mir kommt hinzu, dass ich bei Sky eng mit dem Sportbereich zusammenarbeite und somit auch dort oft angesprochen wurde.

Konntet ihr die Dinge schon einordnen und sacken lassen?

Martin Weng: Ja. Dabei hat sicherlich geholfen, dass wir die Entscheidung nicht aus der Emotion heraus getroffen haben, sondern erst noch eine Woche weiter trainiert und gespielt haben. So konnten wir vor der Entscheidung einige Gespräche führen und uns ein genaueres Bild machen. Mittlerweile haben wir angefangen, die bisherige Saison in verschiedenen Bereichen wie Training, Taktik, Ansprache und Teamführung zu reflektieren.

Johannes Müller: Definitiv. Wir haben in der Woche danach täglich abgewogen und auch mit der Mannschaft darüber gesprochen. Wenn ich allerdings eine Entscheidung treffe, schaue ich nicht mehr zurück und deswegen ist schnell wieder Ruhe eingekehrt.


Wie fielen die Reaktionen hinsichtlich eurer Entscheidung aus? Es gab wahrscheinlich Zustimmung, aber sicher auch Anfeindungen.

Martin Weng: Erstmals war die Reaktion der Mannschaft für uns entscheidend. Und die Spieler konnten unseren Schritt absolut nachvollziehen. Auch ein paar Trainerkollegen haben sich gemeldet und ihr Verständnis geäußert. Das war schön zu hören.

Johannes Müller: Anfeindungen habe ich zum Glück keine erlebt. (lacht) Dass das Verständnis groß war, macht es ein wenig leichter und bestätigt, dass man die letzten Jahre ein paar Sachen richtig gemacht hat. Mein Bruder und ich hatten im Herrenbereich zwei Vereine. Stefan den FC Ingolstadt und den TSV Rain, ich den FC Augsburg und den TSV Rain.

Martin Weng: "Dieses Gefühl, Spiele zu gewinnen, ist einzigartig und macht süchtig."
Martin Weng: "Dieses Gefühl, Spiele zu gewinnen, ist einzigartig und macht süchtig." – Foto: Sven Leifer


Könnt ihr Kritiker verstehen, die euch vorwerfen, die Mannschaft im Stich gelassen zu haben?

Martin Weng: Selbstverständlich sorgt so eine Entscheidung auch für Unverständnis. Das kam jedoch ausschließlich von Dritten, die weder uns noch die genauen Beweggründe kennen.

Johannes Müller: Wie gerade erwähnt haben mein Bruder und ich im Herrenbereich für genau zwei Klubs gespielt. Wir sind also sicher nicht bekannt dafür, dass wir für Geld spielen oder ständig die Vereine wechseln. Da hat die ein oder andere Träne aus der Mannschaft selbstverständlich geholfen, das Ende leichter zu verarbeiten.

Wie bewertet ihr die Situation, dass die Mannschaft willens ist, die Saison zu Ende zu bringen und nicht eurem Beispiel folgt? Seid ihr darüber enttäuscht?

Martin Weng: Wir sind froh, dass die Jungs weiterspielen. Für einige Spieler ist es eine Plattform, um im Sommer weiter höherklassig Fußball spielen zu können und die Fitness zu behalten. Zudem gibt es immer noch einige Spieler mit Regionalliga-Erfahrung, und das System aus dem Herbst hat immer mehr gegriffen, deswegen werden sie auch weiterhin konkurrenzfähig sein.

Johannes Müller: Dem kann ich nur zustimmen.


Was bleibt für euch vom TSV Rain in Erinnerung: Wut, Trauer, Gleichgültigkeit oder doch die positiven Aspekte?

Martin Weng: Auch wenn es sehr schade ist, dass die Zeit so schnell zu Ende gegangen ist, überwiegen ganz klar die positiven Aspekte. Mir hat die Arbeit mit der Mannschaft großen Spaß gemacht und ich bin stolz, Trainer des TSV in der Regionalliga gewesen zu sein.

Johannes Müller: Wenn du in den letzten Jahren einen Großteil deines Lebens dem Verein unterordnest, ist das Ende natürlich enttäuschend. Mit jedem Tag, der vergeht, überwiegt das positive Gefühl an die Zeit und an die Mitspieler über all die Jahre: Der Aufstieg, der mehrfach gelungene Klassenerhalt. Diese Momente mit geringen Mitteln erreicht zu haben, wird immer über allem stehen.

Johannes Müller (re.) war nicht nur Co-Trainer, sondern auch Taktgeber auf dem Platz beim TSV Rain.
Johannes Müller (re.) war nicht nur Co-Trainer, sondern auch Taktgeber auf dem Platz beim TSV Rain. – Foto: Sven Leifer

Habt ihr euren Schritt bereut?

Martin Weng: Nein, wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war. Es gibt zwei Perspektiven. Zum einen die Entscheidung an sich, die wir nicht verstehen, aber akzeptiert hätten. Zum anderen die Art und Weise und die Lügen in den letzten zwei Wochen vor Ende der Wechselfrist. Das wurde in den Berichten danach ebenso erkennbar. Es gab eine offizielle Mitteilung mit dem Ziel Breitensport. Die anderen sprechen weiterhin von der Bayernliga und das dritte Lager hat für die Landesliga gestimmt. Zuletzt wurden die Regionalliga-Unterlagen eingereicht.

Johannes Müller: Wir wollten wissen, ob der Gesamtverein noch höherklassig Fußball spielen will. Entscheidend ist, dass der Anspruch, den man selbst hat, und der, den der Verein hat, zusammenpasst. Wenn ein Verein Leistungs-und Breitensport nicht verbinden kann, ist das ernüchternd. Das bedeutet, dass alle talentierten Spieler aus der Umgebung zukünftig im Augsburger Raum spielen müssen. Wir haben die Hoffnung trotzdem noch nicht aufgegeben, dass die beteiligten Personen zur Vernunft kommen, um in der Liga anzutreten, für die sie sich sportlich qualifizieren. Die Mannschaft hätte es auf jeden Fall verdient und somit hätte der Rücktritt wenigstens die Landesliga abgewendet.

Martin, wie würdest du das Abschneiden bis zu eurem Abschied bewerten?

Martin Weng: Der Beginn der Saison war nicht einfach. Wir hatten einen großen Umbruch zu meistern, viele neue Spieler sind gekommen und wichtige Leistungsträger haben den Verein verlassen. Die Entwicklung in der Hinrunde ging dann fußballerisch und ergebnistechnisch in die richtige Richtung. Wir haben es geschafft, eine Mannschaft zu werden, haben eine gute Struktur entwickelt und eine hohe Intensität auf den Platz gebracht. Die Basis war, dass wir es geschafft haben, eine Mannschaft zu werden. Und zwar sowohl inhaltlich auf dem Platz als auch neben dem Platz. Wenn ich schon ein Team habe, das mir hilft, sollte ich auch bereit sein, den anderen zu helfen. Ich denke, dieses Bewusstsein haben wir in den Köpfen der Jungs verankert.

Wie geht es mit euch weiter, was habt ihr sportlich vor?

Martin Weng: Zunächst habe ich jetzt erstmal mehr Zeit für die Familie. Die Wochenenden sind trotzdem voll mit Fußball. Ich nutze die Zeit, um mir viele Spiele anzuschauen. Außerdem möchte ich mir Trainingseinheiten von Kollegen anschauen, um mir neue Impulse zu holen. Es gab auch schon erste Anfragen, was einen natürlich freut. Wenn sich nochmal die Gelegenheit ergibt, eine Mannschaft gemeinsam zu übernehmen, würden wir das gerne machen. Auf jeden Fall wird mich der Fußball nicht loslassen. Dieses Gefühl, Spiele zu gewinnen, ist einzigartig und macht süchtig.

Johannes Müller: Ich werde erstmal ein paar Wochen abschalten. Ich denke allerdings auch, dass ich das Adrenalin eines Sieges schnell vermissen werde. Deswegen wird der Fußball weiterhin ein großes Thema bleiben und ich werde die Zeit nutzen, um mir externen Input über Spiele oder Hospitationen einzuholen. Es gab früher als gedacht bereits ein paar interessante Anfragen. Da werde ich mir aber die Zeit nehmen.

Das Interview führte Mathias Willmerdinger.

Aufrufe: 015.3.2023, 13:45 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor