2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Takaki Nakanishi lebt den Traum vom Profifußball.
Takaki Nakanishi lebt den Traum vom Profifußball. – Foto: Christian Haas

Über Japaner am Niederrhein und die Praktiken von Spieleragenten

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat sich jüngst mit dem Thema japanischer Fußballer in Deutschland beschäftigt. Wie sie hier landen, wie sie ausgebeutet werden und wie gering die Chance ist, Profi zu werden.

Besonders am Niederrhein gehören Fußballer aus Japan mittlerweile in sehr vielen Vereinen zum Kader, sie prägen das Bild des hiesigen Amateurfußballs. Dass in dieser Region besonders viele japanische Fußballer ihr Glück versuchen, hat seinen Grund zunächst einmal gar nicht im Sport. Die Landeshauptstadt Düsseldorf beherbergt die größte japanische Community in Deutschland, die Spieler kommen demnach leicht mit Landsleuten in Kontakt, die ihnen die Sprachbarriere nehmen.

Soweit hat das jeder schon einmal beobachtet, der sich mit dem Amateurfußball am Niederrhein beschäftigt, doch andere Fragen werden in der Regel nicht gestellt. Wie kommen die Japaner nach Deutschland, wie sind hier die Chancen auf ihren großen Traum vom Profifußball - und vor allem: Wer verdient an dem Geschäft? Denn in der Regel sind das weder die Spieler, noch die Vereine.

Nicht zuletzt seit vergangenem Mittwoch, als die Japaner die deutsche Nationalmannschaft bei der WM in Katar 2:1 besiegten, ist das Interesse an den Qualitäten der Japaner durchaus vorhanden. In der Regel sind die Spieler enorm trainingsfleißig, lauffreudig, zweikampfstark und mannschaftsdienlich. Davon konnte sich das geneigte Publikum auch bei der U19 Champions Trophy beim BV 04 in Düsseldorf viele Jahre lang überzeugen, wo die japanische U21-Universitätsauswahl viele Jahre lang zu den Stammgästen gehörte und stets zu überzeugen wusste - es sogar zum Turniersieg brachte.

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat sich indes nun der Frage angenommen, wie die Spieler nach Deutschland kommen - und stellt dabei ganz eindeutig fest, dass sich skrupellose Spieleragenten an dem Geschäft die Taschen vollmachen. Denn eines ist von vorneherein klar: Es spielen zwar neun Japaner in der Bundesliga, die allerdings allesamt in ihrem Land bereits entdeckt wurden und als Profi gespielt haben. In Deutschland hat den Sprung aus dem Amateur- in den Profifußball noch kein Spieler geschafft.

Gelockt werden die Spieler aber genau mit dieser Hoffnung. In dem Bericht ist die Rede davon, dass Spieler, die in ihrer Heimat durch das Raster gefallen sind, auf genau diesem Wege versuchen, den Traum in Deutschland zu realisieren. Angenommen werden so Angebote von Agenturen, die Unterkunft und Vermittlung zu einem Verein versprechen. Die Unterbringungen hingegen sind mit spartanisch dann oft wohlwollend umschrieben, und die Vereine spielen zumeist in Spielklassen, von wo aus der Weg in den Profifußball doch sehr weit erscheint. Und die Agenturen rufen dann gerne fünfstellige Beträge für ihre Tätigkeiten auf.

50 Euro und ein schmutziges Zimmer

Als ein Bespiel wird im Spiegel Takaki Nakanishi angeführt, den sein Berater nicht nur in einem kleinen, schmutzigen Zimmer unterbrachte, er musste auch noch rund 20 Kilometer mit dem Rad zurücklegen, um zum Neusser Bezirksligisten SV Uedesheim zu kommen, denn dort wurde der Japaner untergebracht.

>>> Takaki Nakanishi bei FuPa

Um die hohen Kosten zu rechtfertigen, die von den Agenturen aufgerufen werden, wird der Aufenthalt als eine Art "Studium" deklariert, ein großer Teil der Summe wird für Sprachunterricht aufgerufen, der jedoch oft nur pro forma aufgeführt ist, um bei der Visa-Erteilung nicht in Probleme zu geraten. Denn Interviews mit den japanischen Kickern gelingen weder auf Deutsch noch auf Englisch in der Regel - auch wenn die Spieler schon länger in Deutschland sind. Ein Vorwurf nicht an die ausgebeuteten Spieler, sondern an diejenigen, die das vollmundig versprechen. Und die nutzen das dann auch noch aus, wenn es darum geht, was die Spieler bei den Vereinen verdienen sollen, weil die direkte Kommunikation zwischen Verein und Spieler kaum funktioniert. Im Fall von Nakanishi in Uedesheim erhielt der Spieler 50 Euro pro Monat und eine Siegprämie von 60 Euro bei einem Sieg in der Bezirksliga. Gemessen an dem, was die Agenturen für Unterbringung und "Leistungen" kassieren, ist das geradezu ein Hohn. Nicht selten läuft es sogar so, dass das mit dem Verein ausgehandelte, eigentlich ordentliche Salär gegen eine völlig überzogene Zimmermiete gerechnet wird, und der Spieler dann im wahrsten Sinne des Wortes ein "Taschengeld" erhält. Bis zu 25.000 Euro sollen hingegen die Agenturen für einen Aufenthalt in die Tasche stecken - und die "Gehälter" kommen zudem selten bei den Spielern an.

Unglücklich ist das Ganze auch für die Vereine, die die Praktiken zumindest erahnen, aber natürlich ihre Kader mit den Japanern dennoch verstärken möchten. Zitiert wird auch Siggi Finken, Sportlicher Leiter des 1. FC Mönchengladbach. Auch der Landesligist hat zwei Japaner im Kader, die wie auch drei Südkoreaner keine Stammspieler sind. Am Ende sei das weder für die Spieler, noch für die Vereine oft eine gute Lösung. Die Verständigung sei schwierig, und entweder reiche es eben für die Spieler nicht, oder sie wollten so schnell wie möglich in eine höhere Spielklasse wechseln - denn das war ihnen letztlich ja auch in Aussicht gestellt worden.

Auch beim Fußballverband Niederrhein hat der Spiegel in dieser Sache nachgefragt. Dort gab der Verband an, von Vermittlungspraktiken aus Japan bisher nichts mitbekommen zu haben. "Sollten wir Hinweise bekommen, werden sich unsere Gremien umgehend damit beschäftigen", gab es beim FVN offenbar als Antwort.

Aufrufe: 027.11.2022, 08:00 Uhr
Sascha KöppenAutor