2024-05-24T11:28:31.627Z

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Temel Akkan
Temel Akkan – Foto: Akkan

Temel Akkan: Referee mit ausgeprägtem Wir-Gefühl

Ein Fußball-Schiedsrichter aus Leidenschaft – der Suchtkranken sowie Kindern und Studenten in der Türkei hilft

Wiesbaden . Temel Akkan ist als Referee meist ganz auf sich allein gestellt. Doch sein Engagement in der Schiedsrichter-Vereinigung Wiesbaden und beim Fußball überhaupt interpretiert der 43-Jährige als Teamplayer. Als Beisitzer zählt er auch zum Wiesbadener Sportgericht, daneben liegt es ihm offenbar im Blut, sich in vielfältiger Form in und für die Gemeinschaft einzusetzen.

Einsatz zeigen, das gilt genauso für den Part als Spielleiter. In der Saison 2021/22 habe er bei Aktiven und Jugend insgesamt 95 Begegnungen geleitet. „Ich musste nur zwei Rote Karten und zwei Zeitstrafen verhängen. Überhaupt ist es eine gute Sache, dass im Kreis bei den Aktiven die Zehn-Minuten-Strafe wieder eingeführt wurde. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Das ist besser als die Gelb-Rote Karte“, sagt Akkan, der im Biebricher Industriepark bei Kalle-Albert arbeitet, sich parallel im Betriebsrat einbringt und für den Türkischen SV pfeift.

Jugend bei 19ern, VfR und 02ern

Fußballerisch begann für ihn alles unter Trainer Manfred Kühne bei Biebrich 19. Beim VfR, der seinerzeit mit dem SC Gräselberg gemeinsame Jugendteams bildete, traf er auf Lienhard Schreiber und Kai Heuchert, die heute noch beim VfR vorneweg gehen. In der A-Jugend von Biebrich 02 durfte Temel Akkan unter Trainer Manfred Geyer die Kreisliga-Meisterschaft bejubeln, doch schon einige Zeit vorher hatte der Schiedsrichter-Job sein Interesse geweckt. „Bei einem Spiel mit Biebrich 19 hat uns der Betreuer der Gast-Mannschaft so verpfiffen. Das war auch ein Grund, warum ich unbedingt Schiedsrichter werden wollte. Außerdem gab es den Anreiz, damit sein Taschengeld aufzubessern“, erinnert sich Akkan, der 1993 die Prüfung ablegte, an sein erstes Spiel unter der Patenschaft des damaligen, 2021 verstorbenen Schiedsrichter-Obmanns Gerhard Steudter, der in der Bundesliga im Gespann von Lutz Wagner unterwegs war. „Das war eine Ehre, von ihm betreut zu werden“, sagt Temel Akkan.

"Ich mache auch mal einen Spruch"

Aktuell pfeift er auf Kreisoberliga-Ebene, setzt auf dem Spielfeld stets auf ein Miteinander: „Ich versuche, Kontakt zu den Spielern aufzubauen, gebe ein paar Tipps und mache auch mal einen Spruch, wenn man sich kennt.“ Nur einmal bei einem Spiel in Offenbach sei er in Bedrängnis geraten, habe aber rechtzeitig Ordner angefordert, die ihn dann zu dritt vom Platz geführt hätten. Durch Ömer Sekmen wurde Akkan schließlich Sportgerichts-Beisitzer. Als Fußballer mit Migrationshintergrund kann er auf diesem Weg seine Erfahrungen einbringen. „Jeder hat eine zweite Chance verdient, nur bei Tätlichkeiten gegenüber dem Schiedsrichter ist meiner Meinung nach immer die Höchststrafe gefordert“, führt Temel Akkan an, dessen Familie 1978 nach Deutschland kam.

Spesen als Referee an Studenten gespendet

Sein Vater sei aufgrund von Bandscheibenbeschwerden arbeitslos gewesen, erzählt er: „Das war für mich verbunden mit unserer finanziellen Situation keine leichte Kindheit. Ich habe mich immer sehr über jedes noch so kleine Geschenk gefreut.“ Was man teilt, gehört allen gemeinsam, diesen Grundsatz hat er sich zu eigen gemacht. Auch bei seinem Engagement in der Suchtkrankenhilfe beim Blauen Kreuz für Insassen der JVA Wiesbaden. In ein Dorf im Osten der Türkei bringt Temel Akkan auch persönlich Schulutensilien, wird dabei von seinen Mitstreitern bei der Schiedsrichter-Vereinigung mit Sachspenden unterstützt. Und nicht zuletzt gibt er seine Spesen als Unparteiischer an acht bedürftige Studenten in der Türkei weiter. Ein Schiedsrichter mit ausgeprägtem Wir-Gefühl, der darauf hofft, dass sich neue Anwärter für den Spielleiter-Part finden lassen. Denn Temel Akkan weiß ganz genau: „Bei Spielen ohne Schiedsrichter gibt es nur Probleme.“



Aufrufe: 08.9.2022, 12:00 Uhr
Stephan NeumannAutor