2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Spielervermittler, aber auch Vollblut-Fußballer: David Supolik (links) und Johann Hofbauer sind "Soccer-Zone".
Spielervermittler, aber auch Vollblut-Fußballer: David Supolik (links) und Johann Hofbauer sind "Soccer-Zone". – Foto: Soccer Zone

Supolik, Hofbauer und das Geschäft mit den Amateurfußballern

Spielerberater/-vermittler gehören selbst auf den kleinen Dorfplätzen inzwischen einfach dazu. Genauso wie die Kohle, die selbst an der Basis inzwischen regelmäßig und nicht zu wenig fließt.

Andreas Michl eine bewegte Karriere zu attestieren, ist absolut gerechtfertigt. Der 43-jährige Keeper ist ein bunter Hund. Der in Rotthalmünster geborene Österreicher war auf beiden Seiten der Grenze im gehobenen Amateur-, aber auch im Profibereich aktiv. Inzwischen hütet er das Tor von Landesligist SK Schärding, bei dem er auch Sportlicher Leiter ist. Er weiß also, wovon er spricht – und nimmt auch kein Blatt vor den Mund. "Ich war zwölf Jahre lang Profi und haben in dieser Zeit alle meine Verhandlungen selber geführt", berichtet er. "Mit Spielerberatern arbeite ich nur ungern zusammen."

Nicht erst seit Uli Hoeneß legendärer Abteilung Attacke gegen Pini Zahavi, der Bayern-Patriarch bezeichnete den Star-Berater als "geldgierigen Piranha", hat die Spielervermittler-Branche einen etwas zweifelhaften Ruf. Den Transfer-Zwischenhändlern wird nachgesagt, einzig und allein ihren Verdienst im Sinn zu haben - und nur am Rande die Bedürfnisse ihrer Klienten. Gegen diese Vorurteile kämpft Johann Hofbauer seit Jahren mit Nachdruck an. "Eine gute, offene und ehrliche Arbeit ist das A und O", betont der 41-Jährige aus Garham. "Es ist wichtig, ein gutes Verhältnis mit den Vereinen und den Spielern aufzubauen. Gibt es Problematiken, müssen diese miteinander aus der Welt geschafft werden."

Seit 2018 betreibt Hofbauer gemeinsam mit David Supolik die Agentur „Soccer-Zone“, die hauptsächlich im deutsch-österreichisch-tschechischen Dreiländereck aktiv ist. 1.400 Spieler haben die beiden in ihrem Repertoire, das sie während der Corona-Lockdowns einer Suchmaschine ähnlich digitalisiert haben. Bis zu 40 Transfers wickelt Soccer-Zone pro Spielzeit ab – im unteren Profibereich in Österreich und Deutschland, aber auch auf Verbands-, Bezirks- und Kreisebene. Denn Spielerberater sind inzwischen nicht nur im großen, internationalen Fußball allgegenwärtig und heißen Pini Zahavi, Mino Raiola, Volker Struth und Roger Wittmann, sondern auch an der Basis und heißen u.a. Johann Hofbauer und David Supolik.

"Ich war ja vor gut zehn Jahren Sportlicher Leiter beim SV Garham", blickt Hofbauer auf die Anfänge seines Nebenjobs zurück. "Damals wurde ich immer wieder mit diesem Thema konfrontiert. Ohne Geld geht ja selbst auf Kreisebene oft gar nichts mehr. Aber mir war es immer zu viel, was da verlangt worden ist." Als er David Supolik kennenlernte, der in der Vergangenheit ebenfalls für den SVG spielte, fiel der Groschen. Gemeinsam mit dem in Niederbayern, aber auch in Böhmen bestens bekannten Kicker baute er sich ein Netzwerk auf, das die Grundlage von Soccer-Zone ist.

"David ist vordergründig für die Rekrutierung der Spieler in Tschechien und der Slowakei zuständig. Er kennt dort unendlich viele Leute." Denn die Zeiten, in denen Spielervermittler Dorfplatz für Dorfplatz auf der Suche nach interessanten Spielern abgrasten, sind vorbei. Mittlerweile sind Kontakte die ausschlaggebende Währung. Vieles läuft auch hier schon digital, das heißt, über Empfehlungs- und Bewerbungsvideos. Ein fachkundiges Auge ist trotz alle dem noch immer wichtig. Denn Soccer-Zone muss ja den Wünschen der suchenden Vereine entsprechende Spieler finden und bereitstellen. Wird ein Torjäger gesucht, muss ein treffsicherer Stürmer her. Braucht's einen zweikampfstarken Innenverteidiger, wäre es schlecht, wenn ein wieselflinker Dribbler empfohlen wird.

30 Spiele, 4 Tore, 3 Vorlagen - so lautet die Bilanz von Nemanja Radivojevic in der vergangenen Spielzeit beim SV Schalding-Heining.
30 Spiele, 4 Tore, 3 Vorlagen - so lautet die Bilanz von Nemanja Radivojevic in der vergangenen Spielzeit beim SV Schalding-Heining. – Foto: Robert Geisler / www.sp4ort.de

Und genau hier kommt Johann Hofbauer ins Spiel. Er ist Ansprechpartner für die Vereine, er transferiert die von Supolik ausgewählten Spieler im Idealfall zu einem neuen Club. Und natürlich spielt die monatliche Gage hier, das will der 41-Jährige erst gar nicht verschweigen, eine große Rolle. Maßgeblich sind aber auch andere Argumente: „Will ein Spieler pendeln, ist es gut. Wir kümmern uns aber auch um einen Arbeitsplatz und eine Wohnung.“ Sein Geld verdient Soccer-Zone über Provisionen bei Abschlüssen von Transfers – beispielsweise als Lukas Schröder zur DJK Vilzing wechselte. Manchmal, gerade in höheren Spielklassen, geht es aber nur darum, sich einen guten Ruf zu erarbeiten – wie bei den Vereinswechsel von Nemanja Radivojevic (2019 nach Donaustauf, 2021 nach Schalding).

Der Österreicher mit serbischen Wurzeln aus Wien hat sich im bayerischen Amateurfußball in den vergangenen Jahren durchaus einen Namen gemacht. Er hat sich den Traum erfüllt, den Sprung nach Deutschland zu schaffen und nachhaltig von sich zu überzeugen. "Ohne Johann hätte ich das nicht geschafft", macht der 21-jährige Mittelfeldspieler deutlich. Hofbauer hätte sich um alles gekümmert, sodass er sich darauf konzentrieren konnte, auf dem Platz sein Potenzial abzurufen. Soccer-Zone hat Probetrainings organisiert, Vertragsverhandlungen übernommen, generell die Bürokratie erledigt sowie eine Wohnung und einen Arbeitsplatz gesucht.

"Nachdem das alles gemacht war, war die Arbeit von Johann eigentlich erledigt", berichtet Radivojevic. "Aber er hat mich dennoch immer wieder angerufen und gefragt, wie es mir geht und wie er helfen kann. Es steckt also vielmehr dahinter als nur neue Vereine zu suchen." Deshalb ist das Talent natürlich von der Arbeit von Spielervermittlern – allen voran von Johann Hofbauer angetan. Geld, und das betont er insbesondere, wurde nie groß thematisiert. Er findet es auch keinesfalls übertrieben, dass selbst im Amateurbereich bereits Berater mit im Boot sind. "Es gibt sehr viele junge Spieler im Amateurbereich, die ein riesiges Potenzial haben, aber es dann am Ende nicht so weit schaffen, weil sie nicht die Kontakte dazu hatten."

Stichwort: Potenzial. Die weitläufige Meinung, auch der tschechische Fußball leidet unter Spielerschwund, kann Johann Hofbauer nur bestätigen. In der Folge sind es nicht mehr so viele Legionäre wie früher, die nach Deutschland wechseln können – und auch wollen. "Das liegt daran, dass im Nachbarland die Löhne gestiegen sind und viele keinen lukrativen Nebenjob mehr brauchen. Zudem sind viele einfach nicht mehr bereit, weite Anfahrtsstrecken auf sich zu nehmen. Die Mentalität hat sich also nicht nur bei uns seit Corona verändert.“

Wohingegen die Pandemie die Spielerseite beeinflusst hat, ist auf Seite der aufnehmenden Vereine keine Veränderung auszumachen, so Hofbauer. "Es ist insgesamt viel Geld im Spiel, wie schon immer. Der bayerische Raum ist eher rückläufig. In Österreich hingegen ist die Legionärs-Geschichte immer präsenter." Und auch die Konkurrenz von Soccer-Zone wird immer größer und teilweise aggressiver. Gerade in der benachbarten Alpenrepublik. "Manchmal sind 3,4 Vermittler an einem Transfer dran. Das ist dann natürlich ein Hauen und Stechen."

Andreas Michl hütete u.a. das Tor von Wacker Burghausen zu dessen Drittliga-Zeiten.
Andreas Michl hütete u.a. das Tor von Wacker Burghausen zu dessen Drittliga-Zeiten. – Foto: Michael Wagner

Den schwarzen Schafen wird aber ab Herbst das Leben deutlich erschwert. War es bisher so, dass sich Spielervermittler nur mit kleinen Hürden als solche bezeichnet und entsprechend aktiv werden durften, müssen alle Transfer-Zwischenhändler ab Herbst eine FIFA-Lizenz vorweisen. "Und die zu bekommen, ist nicht ohne", erzählt Johann Hofbauer. David Supolik hat die entsprechenden Prüfungen bereits bestanden. "Das sind 800 Seiten in englischer Sprache zu lernen."

Egal, ob man es gut findet oder nicht, dass inzwischen Spielerberater/-vermittler selbst auf den kleinen Dorfplätzen allgegenwärtig sind, sie gehören inzwischen einfach dazu. Genauso wie die Kohle, die selbst an der Basis mittlerweile regelmäßig und nicht zu wenig fließt. "Das liebe Geld ist das Wichtigste", stellt Andreas Michl nüchtern fest. Und auf dem ohnehin leeren Spielermarkt wird es immer schwieriger, den richtigen Akteur zu finden. Deshalb hat – notgedrungen, aber im Nachgang mit großer Zufriedenheit – auch der 43-jährige Manager des SK Schärding auf Johann Hofbauer zurückgegriffen. Er bekam Daniel Bares, der 27 Tore in 28 Spielen erzielte, den Landesligisten zum Vize-Titel schoss – und gleich darauf weitergezogen ist. So läuft das Geschäft...

Aufrufe: 025.6.2023, 07:45 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor