2024-04-25T14:35:39.956Z

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Löwen zündeln nicht, sagt der Verein. Zündelt häufig: Die Westkurve.
Löwen zündeln nicht, sagt der Verein. Zündelt häufig: Die Westkurve. – Foto: Imago/Sven Leifer

„Sechs Punkte für Sechzig“: Stehen die Fans wirklich hinter dem 1860-Knigge-Katalog?

„Bringt rein gar nichts“

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Unter dem Titel „Sechs Punkte für Sechzig“ veröffentlichte der TSV 1860 einen Verhaltenskodex für das Grünwalder. Angeblich im Dialog mit den Fans.

München – Der TSV 1860 München präsentierte vor dem ersten Heimspiel des Jahres ein „Benimm dich“-Werk. „Sechs Punkte für Sechzig“ hatte der Verein über die Winterpause ausformuliert. „Im Dialog mit Fangruppierungen“, hob 1860 in einer Pressemitteilung hervor. Aber wie viel Fanmeinung steckt wirklich hinter der Stadionknigge?

„Sechs Punkte für Sechzig“: Die 1860-Stadionknigge im Wortlaut

  • Löwen streiten untereinander nicht: Wir stehen für ein respektvolles Miteinander sowohl auf, als auch neben dem Platz. Handgreiflichkeiten haben im Stadion nichts zu suchen. Sollte es zu Meinungsverschiedenheiten kommen, werden diese kommunikativ und gemeinsam geklärt. Natürlich steht die Fanbetreuung immer bereit um zu vermitteln.
  • Löwen werfen nicht: Becherwürfe (insbesondere von vollen Bechern) in Richtung Spielfeld sind nicht nur gefährlich und können zu Verletzungen führen, gleichermaßen kosten sie den Verein auch Geld und haben bei anderen Vereinen bereits zu Spielabbrüchen geführt. Becher auf dem Spielfeld werden vom DFB daher auch je nach Vorfall mit Geldstrafen oder anderen Sanktionen bis hin zu Geisterspielen bestraft.
  • Löwen zündeln nicht: Das Abbrennen von Pyrotechnik ist zum einen verboten, zum anderen kann es zu schweren Verletzungen von Unbeteiligten führen. Das Abbrennen von Pyrotechnik kostet den Verein jedes Mal viel Geld, welches uns an anderer Stelle nicht zur Verfügung steht.
  • Löwen beleidigen nicht: Wir wissen, Emotionen gehören zum Fußball und machen diesen Sport besonders. Diese dürfen aber nicht zu Verunglimpfungen von Gegenspielern, Schiedsrichtern („schwarze Sau“) oder sonstiger Funktionäre führen.
  • Löwen verschmutzen Giesing nicht: „Wir halten unser Viertel sauber“. Neben einem positiven Miteinander im Stadion ist uns auch an einer guten Beziehung zu den Anwohnern gelegen. Daher bitten wir alle Fans, Euch so zu verhalten, wie ihr Euch das auch um Euren eigenen Wohnort wünscht. Haltet die (Grün-)Flächen rund um das Grünwalder Stadion und den Grünspitz sauber und entsorgt Euren Müll und Eure Flaschen in die dafür vorgesehenen Mülleimer. Zudem weisen wir darauf hin, dass Bäume, Vorgärten, o.ä. keine Toiletten sind. Zwickt’s zam und nutzt die Toiletten im Grünwalder Stadion.
  • Löwen drängeln nicht: Wir wissen, die Lage des Grünwalder Stadions lädt dazu ein, erst kurz vor Spielbeginn ins Stadion zu kommen. Dies führt kurz vor Anpfiff aber immer wieder zu langen Schlangen an den Eingängen. Uns ist allen an der Sicherheit jedes einzelnen Stadionbesuchers gelegen. Daher führen unsere Ordnungsdienstmitarbeiter ihre Arbeit gewissenhaft durch, benötigen hierzu aber auch das Verständnis und die Mithilfe aller Löwenfans. Ein Gedränge an den Eingängen wirkt sich hierauf natürlich negativ aus. Wir bitten Euch daher: Kommt’s rechtzeitig zum Stadion.

Dialog mit den Fans? 1860 München stellte die „Sechs Punkte für Sechzig“ wohl alleine auf

Fussball Vorort / FuPa-Oberbayern hat sich in Giesing umgehört: Eine Fangruppe, die explizit mit dem TSV 1860 über den Verhaltenskodex gesprochen hätte, ist nicht aufgetaucht. Dem Vernehmen nach fußt der Verein die „Sechs Punkte für Sechzig“ auf anonyme Gespräche mit Fans über die gesamte Hinrunde.

1860 hat die Eindrücke scheinbar selbst gesammelt und selbst interpretiert. Einen Termin oder einen runden Tisch mit Vertretern der aktiven Fanszene gab es dem Vernehmen nach nicht. „Sie haben sich mit niemandem getroffen“, sagt uns der Vorstand eines großen 1860-Fanklubs, „mit der Ultra-Szene gab es auch auf keinen Fall Kontakt.“

„Sechs Punkte für Sechzig“: Neuer Verhaltenskodex hat wohl keinen Einfluss – „Das bringt rein gar nichts“

Stehen die Fans trotzdem hinter dem Verhaltenskodex? „Das bringt rein gar nichts“, ordnet ein Löwen-Fan ein. Für ihn kommt der 1860-Vorstoß aus dem Nichts: „Damit haben sie sich keinen Gefallen getan. Das war völlig unnötig.“ Im Grünwalder gilt ohnehin die Stadionordnung der Stadt München, die sämtliche Punkte des Löwen-Katalogs abdeckt. Warum jetzt ein vereinseigener Erklärtext? Das erschließt sich dem Löwen-Fan nicht.

Stadionknigge auf „Kindergartenniveau“: 1860-Fan fühlt sich bevormundet

„Ich bin ziemlich angepisst“, sagt der Fanklub-Vorstand sogar: „Die Punkte im Katalog des Vereins erklären sich doch fast alle mit gesundem Menschenverstand. Das ist auf Kindergartenniveau.“

Am Inhalt der „Sechs Punkte für Sechzig“ haben die Fans wenig auszusetzen. Trotzdem scheint es, als habe der Verein mit dem mahnenden Zeigefinger einigen vor den Kopf gestoßen. Die Pyrotechnik lässt sich die Giesinger Kurve außerdem sowieso nicht verbieten. Beim Heimspiel gegen Zwickau wurden in der Kurve Bengalos gezündet. (moe)

Aufrufe: 023.1.2023, 13:23 Uhr
Moritz BletzingerAutor