2024-04-25T14:35:39.956Z

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Ein mäßig erfreuliches Erlebnis: Die durch Corona ersatzgeschwächten Denklinger (in blauen Trikots) mussten sich im Heimspiel gegen den MTV Berg mit einem torlosen Unentschieden begnügen.
Ein mäßig erfreuliches Erlebnis: Die durch Corona ersatzgeschwächten Denklinger (in blauen Trikots) mussten sich im Heimspiel gegen den MTV Berg mit einem torlosen Unentschieden begnügen. – Foto: Roland Halmel

„Wettbewerbsverzerrung“: Bezirksliga-Trainer toben nach Spielabsage durch BCF Wolfratshausen

SpVgg Haidhausen profitiert

Die abgesagte Partie zwischen dem BCF Wolfratshausen und der SpVgg Haidhausen erregt die Gemüter in der Bezirksliga Süd. Der Fall liegt nun beim Sportgericht.

Denklingen – Markus Ansorge versteht die Fußball-Welt nicht mehr. „Wo ist da die Fairness?“ fragt der Trainer des VfL Denklingen. Was ihn so sehr entsetzt, ist die Spielabsage der Bezirksliga-Begegnung zwischen dem BCF Wolfratshausen und der SpVgg Haidhausen. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass die Münchner einen schweren Gang vor sich hätten.

Doch dann mussten sie nicht einmal im Stadion in der Nähe des Märchenwalds antreten, weil Wolfratshausen wegen Personalproblemen schon im Vorfeld die weiße Fahne gehisst hatte. „Ich finde, das geht nicht“, empörte sich Ansorge. „Der BCF ist eine Mannschaft mit Vergangenheit. Die haben Bayernliga gespielt.“

SpVgg Haidhausen profitiert von Absage: „Für mich ist das Wettbewerbsverzerrung“

Das abgesetzte Spiel erregt deshalb die Gemüter in und um Denklingen so sehr, weil sowohl der VfL als auch der SC Oberweikertshofen und die SpVgg Haidhausen noch in das Rennen um die Aufstiegsplätze verwickelt sind. Während der VfL sowie der SCO am vergangenen Wochenende jeweils ein schweres Spiel bestreiten mussten, kam Haidhausen in den Genuss eines freien Wochenendes. Was insofern nicht unerheblich für die Denklinger ist, weil sie am kommenden Samstag in ihrem letzten Heimspiel der Saison auf die SpVgg treffen. „Für mich ist das Wettbewerbsverzerrung“, findet Ansorge. Zumal Haidhausen am grünen Tisch mit der Gutschrift von drei billigen Punkten aus dem Spiel in Wolfratshausen rechnen darf.

„Was sollen wir denn tun?“ fragt sich Helmut Forster. Seit 35 Jahren leitet der Abteilungsleiter die Geschicke des BCF, doch eine Situation wie diese hat er noch nicht erlebt. Zahlreiche Kicker hatten sich vor der Partie gegen Haidhausen verletzt gemeldet, zwei weitere infizierten sich in der vergangenen Woche mit Corona. Von den vier Torhütern war kein einziger einsatzfähig. Hätte er in dieser Situation ohne Rücksicht auf die Gesundheit seiner Fußballer seine Mannschaft ins Spiel schicken sollen? „Wir bekamen keine elf Leute zusammen, leider“, bedauerte er die Situation. Sein Verein ließ trotzdem nichts unversucht und wollte sich mit der SpVgg auf einen Nachholtermin einigen. Die lehnte jedoch ab. Denn für eine Neuansetzung bleiben nur noch zwei Wochen, dann ist die Saison in der Bezirksliga Süd vorüber.

BCF Wolfratshausen verteidigt sich: „Es geht nicht, dass wir mit acht Leuten auf den Platz gehen“

Es fällt schwer zu glauben, dass es in Wolfratshausen so wenige Fußballer gibt, um irgendwie noch eine funktionstüchtige Mannschaft zusammenzutrommeln, die zwar keine Chance hat, die Partie zu gewinnen, aber aus Verantwortung für die gesamte Liga und den Sportsgeist dann doch antritt. Es existiert auch eine Reserve, die – welch’ ein Zufall – jedoch am vergangenen Wochenende spielfrei war. Und deswegen hatten sich die Spieler schon längst etwas anderes vorgenommen und waren nicht greifbar gewesen.

So stellt das Forster jedenfalls dar. Hinzu kommt, dass die Zweite des BCF in der Kreisklasse 2 selbst gegen den Abstieg kämpft. Hätte sie die lichten Reihen des Bezirksligisten aufgefüllt, wäre jeder Spieler aus der Reserve, der in der ersten Halbzeit zum Einsatz gekommen wäre, für die nächsten drei Partien in der Kreisklasse gesperrt gewesen. „Da geht ja gar nicht, dass wir noch unsere Zweite vernichten“, erklärte Forster, dass man sich in diesem Fall selbst geschädigt hätte. Und so war die Entscheidung für den Abteilungsleiter auch nicht verhandelbar. „Es geht nicht, dass wir mit acht Leuten auf den Platz gehen, zumal ohne Torwart.“

Auch Ligakonkurrenten kritisieren BCF Wolfratshausen scharf

Für diese Haltung kann man Verständnis aufbringen, man muss es nicht. „Klar ist, dass es für Oberweikertshofen und Denklingen extrem bitter ist, wenn Haidhausen kampflos die Punkte kriegt“, stellt Johannes Franz klar. Ähnlich wie sein Trainerkollege vom SV Raisting sieht es auch Martin Wagner. „Das geht gar nicht“, meint der Coach des FC Penzberg und spricht von „Wettbewerbsverzerrung“. Wie es stattdessen funktionieren kann, demonstrierte seine Mannschaft am vergangenen Samstag in Oberweikertshofen, wo sie allen Widrigkeiten zum Trotz über sich hinauswuchs und mit 3:2 gewann. Auch die Penzberger hatten im Vorfeld mit massiven Verletzungsproblemen zu kämpfen. Deshalb wäre es für Wagner inakzeptabel, die Dinge einfach so auf sich beruhen zu lassen. „So etwas gehört bestraft.“

Ob und wie dies geschieht, ist Sache des Sportgerichts, wo der Fall seit dem gestrigen Montag zur Verhandlung vorliegt. Wolf-Peter Schulte hat die Anzeige gestellt. Der Bezirksspielleiter ist nicht verwundert über die Empörung in Denklingen und in anderen Vereinen. „Es ist vollkommen klar, dass Ärger in der Liga aufkommt.“ Ob der BCF wirklich nicht in der Lage war, so wie sein Abteilungsleiter beteuert, eine vollzählige Mannschaft aufzubieten, kann er nicht beurteilen. Er weiß nur, dass die Farcheter bei ihm kein offizielles Attest hinterlegt haben für die beiden Spieler, die sich mit Covid 19 infiziert haben sollen. „Ich weiß nicht, ob das stimmt“, räumt er ein.

Fall liegt nun beim Sportgericht - Neuansetzung ausgeschlossen

Ob die Kicker des BCF nun an Corona erkrankt waren oder nicht, wird das Sportgericht nicht mehr interessieren. Laut Schulte wird es nur noch um zwei Dinge gehen. Zunächst um die Vergabe der Punkte an die SpVgg Haidhausen, die ja die Partie in Wolfratshausen zum festgesetzten Zeitpunkt austragen wollte. Und dann um die Höhe der Strafe für den BCF. Ein dritter Punkt, der sowohl für den VfL Denklingen als auch für den SC Oberweikertshofen von Interesse gewesen wäre, bleibt davon unberührt. „Das Spiel wird nicht mehr angesetzt“, ist sich Schulte sicher. Das nützt in dieser Situation nur den Münchnern.

„Ich habe schon vieles erlebt, aber so etwas noch nie“, kann sich Ansorge kaum beruhigen. Über das Saisonfinale legt sich nun ein Schatten aus Vorwürfen und Verdächtigungen. Egal, ob der BCF Wolfratshausen hinreichende Gründe besaß, das Spiel gegen Haidhausen abzusagen oder nicht, der Sportsgeist ist durch diese Entscheidung in Mitleidenschaft gezogen worden. Und das wird man den kommenden Spielen in der Bezirksliga Süd anmerken. (Christian Heinrich)

Aufrufe: 010.5.2022, 08:04 Uhr
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