2024-04-25T14:35:39.956Z

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Rudi Bommer erwartet im Duell seiner beiden Ex-Klubs am Samstag ein Geduldsspiel.
Rudi Bommer erwartet im Duell seiner beiden Ex-Klubs am Samstag ein Geduldsspiel. – Foto: IMAGO/Fotostand / Ballasch

Rudi Bommer über Abstiegskampf und naive Löwen: „Wie viele Neuanfänge macht 1860 eigentlich?“

Drittliga-Experte im Interview

Ex-1860-Trainer und Drittliga-Experte Rudi Bommer sorgt sich im Interview. Am Samstag treffen seine beiden Ex-Klubs Duisburg und München aufeinander.

München - Er war der erste Löwen-Trainer nach dem Bundesliga-Abstieg 2004 – und später auch lange beim MSV Duisburg tätig, dem Gegner des TSV 1860 im Jahresauftaktspiel (Samstag, 16.30 Uhr, Grünwalder Stadion). Überhaupt kennt sich kaum einer besser in der 3. Liga aus als Rudi Bommer, der viele Jahre als Experte für MagentaSport im Einsatz war. Vor dem Neustart der 3. Liga sprachen wir mit dem Ex-Nationalspieler, der immer noch aktiv kickt – im Alter von 66 Jahren.

Herr Bommer, haben Sie Zeit, das Duell Ihrer Ex-Clubs anzuschauen? Oder müssen Sie selber auf dem Fußballplatz ran?

Ich hab Zeit – und werde es mir auf jeden Fall reinziehen. Bitter, dass meine Ex-Clubs so unten drin hängen. Und was meine Einsätze für die Traditionsmannschaft von Eintracht Frankfurt angeht: Momentan stehen Hallenturniere an, aber da ist mir die Verletzungsgefahr zu hoch.

„Weder den einen noch den anderen, da muss ich passen.“

Rudi Bommer kennt 1860-Trainer Giannikis und Sportchef Werner nicht.

Lassen Sie uns über die Löwen reden. Wie überrascht sind Sie von Tabellenplatz 15?

Sehr überrascht! Ich hatte eigentlich erwartet, dass sie eine bessere Rolle spielen. Ich kann aber nicht beurteilen, ob’s am Kader liegt – oder ob die Mannschaftsteile nicht zusammenpassen. Vom Tagesgeschehen bin ich zu weit weg. Was ich aber mitkriege: 1860 kommt nie zur Ruhe. Vielleicht liegt’s auch daran.

Anfang des Jahres übernahm nach langem Ringen ein neues Duo: Sportchef Christian Werner – und Trainer Argirios Giannikis. Kennen Sie die beiden?

Weder den einen noch den anderen, da muss ich passen.

„Jeder Club braucht eine Spielphilosophie – und die vermisse ich bei 1860.“

Rudi Bommer über die Löwen.

Im Podcast von MagentaSport sparen Ihre Ex-Kollegen Thomas Wagner und Christian Strassburger nicht mit Kritik. Auf zwei Novizen zu setzen, sei naiv von 1860, sagen sie – und im Abstiegskampf womöglich zu „risikoreich“.

Ich kann verstehen, dass sie das so sehen. Erfahrung ist selten von Nachteil. Wenn man aber mal zwei Ligen höher blickt: Sebastian Hoeneß zeigt, dass man als junger Trainer einiges bewirken kann. Was 1860 angeht, ist es ein mutiger Schritt – aber sicher auch kein ungefährlicher. Vielleicht wäre es besser gewesen, auf einen Trainer zu setzen, der die 3. Liga kennt.

Auf Marco Antwerpen?

Er wäre sicherlich nicht die schlechteste Wahl gewesen. Marco Antwerpen hat überall Erfolg gehabt, er kann eine Mannschaft mitreißen, Aggressivität vorleben. Ich bin sowieso kein Verfechter davon, immer auf Berater zu hören. Lieber auch mal selber eine Trainervita lesen! Wo hat einer Erfolg gehabt? Wie spielt er? Jeder Club braucht eine Spielphilosophie – und die vermisse ich bei 1860.

Rudi Bommer würde für einen neuen Stürmer für den TSV 1860 „ein bisschen mehr ausgeben“

Giannikis wurde auch geholt, um mit ihm mittelfristig etwas aufzubauen. Macht 1860 den zweiten Schritt vor dem ersten?

Also, zunächst sollte man sich immer um die aktuelle Saison kümmern. Das andere kann natürlich parallel laufen. Aber: Wie viele Neuanfänge macht 1860 eigentlich?

Eine weitere wichtige Position bei 1860, das Sturmzentrum, wurde bisher nicht besetzt. Ein Wagnis?

Ich bin immer der Meinung, dass du die mittleren Positionen gut besetzt haben musst – vom Torwart über den Sechser bis zu einem Stürmer mit Torriecher. Für so einen würde ich als Verein immer ein bisschen mehr ausgeben. Zumal ja keiner weiß, wann der aktuelle Neuner (Joel Zwarts/Red.) zurückkommt. Schambein kann sich aus meiner Erfahrung hinziehen.

„Da müsste jetzt schon alles schieflaufen, dass sie die anderen noch mal rankommen lassen.“

Rudi Bommer über das Spitzenduo Dresden und Regensburg.

Anders hat es der MSV Duisburg gemacht, wo der erst- und zweiligaerprobte Daniel Ginczek anheuerte. Ein guter Griff?

Aus meiner Sicht ist das ein guter Transfer. Ginczek hat Erfahrung. Andererseits: Es ist immer schwierig, wenn du im Winter nachlegen musst, weil du im Sommer geschludert hast. Da musst du wirklich Glück haben, dass du einen mit Qualität findest, der dich da unten wieder rauszieht.

Blicken wir ans andere Ende der Tabelle: Sind Dresden und Regensburg schon durch?

Ich glaube schon. Da müsste jetzt schon alles schieflaufen, dass sie die anderen noch mal rankommen lassen.

„Platz 15 – da bist du voll dabei! Du musst im Kopf umswitchen, sonst kann das böse enden.“

Rudi Bommer über die Situation beim TSV 1860 vor dem Start im Jahr 2024.

Und dahinter: Mit wem rechnen Sie alles im Kampf um Platz drei?

Sandhausen hat sich mit Jens Keller berappelt. Saarbrücken hat sicher Chancen – wenn sie nicht zu sehr vom Pokal träumen. Der dritte Platz ist ja runter bis Bielefeld machbar. Dass Ulm so weit oben steht, ist übrigens keine Überraschung für mich. Die Südwest-Regionalliga ist die stärkste, die wir haben – Elversberg lässt grüßen. Ich habe ja selber den FC Dreieich trainiert (bis 2018) und diese Liga bespielt – das ist schon enorm, mit welchen Etats da einige Clubs unterwegs sind.

Zurück zu 1860: Ist es ein Problem, dass keiner im Team auf Abstiegskampf eingestellt war?

Das kommt darauf an, wie schnell sie sich der Situation bewusst werden. Platz 15 – da bist du voll dabei! Du musst im Kopf umswitchen, sonst kann das böse enden. Auch für Duisburg wird das noch eine ganz schwere Kiste

„Die Nerven werden sicher auch eine Rolle spielen. Ich rechne mit einem Geduldsspiel.“

Rudi Bommer über das Duell TSV 1860 gegen MSV Duisburg.

Wer gewinnt dann das Duell am Samstag?

Gute Frage. Heimspiele sind ja heutzutage kein Selbstläufer mehr. Die Nerven werden sicher auch eine Rolle spielen. Ich rechne mit einem Geduldsspiel.

Und wann wird man Sie wieder als Drittliga-Experte im Fernsehen sehen?

Nicht mehr, glaube ich. Ich hab das fast fünf Jahre gemacht – meistens bin ich erst mitten in der Nacht zu Hause in Aschaffenburg angekommen. Ich hab jetzt ein gewisses Alter. Da schaut man Fußball auch gerne genüsslich – wie jetzt am Samstag. (Interview: Uli Kellner)

Aufrufe: 018.1.2024, 13:17 Uhr
Uli KellnerAutor