2024-05-08T14:46:11.570Z

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Grafenauer Urgestein: Daniel Ranzinger
Grafenauer Urgestein: Daniel Ranzinger – Foto: Karl-Heinz Hönl

Ranzinger: »Bin einer der selbstkritischsten Menschen weit und breit«

Grafenaus Routinier gibt einen Einblick in seine Gefühlsweilt und den durchwachsenen Saisonverlauf der Stodbärn

Als junger Spieler sorgte Daniel Ranzinger als Senkrechstarter der TSV Grafenau mächtig für Furore. Folgerichtig folgte der Wechsel zum damaligen Bayernligisten TSV Bogen, später lief der dynamische Angreifer noch für den Landesligisten FC Sturm Hauzenberg auf, ehe er vor fünf Jahren zu den Stodbärn zurückkehrte. Wir haben uns mit dem 30-jährigen TSV-Urgestein unter anderem über die derzeit alles andere als sportlich rosige Situation unterhalten.

Daniel, vor der Saison wollte der TSV Grafenau in der Bezirksliga Ost ganz vorne mitmischen. Ein halbes Jahr später sieht die Lage komplett andere aus und ihr befindet euch mitten im Abstiegskampf. Was sind aus deiner Sicht die Gründe, dass der eigentliche Anspruch und die Wirklichkeit so weit auseinander klaffen?
Daniel Ranzinger (30): Nach dem wir in der abgebrochenen Corona-Saison 2019/21 nur haarscharf die Meisterschaft verpassten und wir 2021/2022 Dritter wurden, war es meiner Meinung nach legitim, dass man die Ziele als Mannschaft und Verein für diese Saison dementsprechend hoch angesetzt hatte. Aber ich denke, dass wir uns eben genau zu sehr auf diesen Lorbeeren ausgeruht haben. Wir glaubten, es läuft diese Saison auch wieder von alleine so rund. Zudem haben sich die gegnerischen Mannschaften natürlich nochmal etwas anders auf uns eingestellt. Auch der Eigendruck jedes einzelnen Spielers spielt bestimmt noch eine Rolle. Diese Kombination hat uns dann zu oft die abgezockte und lockere Spielweise genommen, die uns in den Jahren zuvor ausgemacht hat. Nicht zu vergessen ist aber leider auch das Verletzungspech, das uns die Saison verfolgt. Klar, das ist Jammern auf hohem Niveau, weil das jeder Mannschaft passieren kann, aber wir haben halt noch keine drei Spiele in Folge mit der gleichen Startelf bestreiten können.




Bereits nach dem dritten Spieltag wurde ziemlich überraschend Spielertrainer Tom Beyer entlassen. Gerade die defensive Stabilität, die euch in den letzten Jahren ausgezeichnet hat, ging dadurch ein Stück weit verloren. Habt ihr euren Ex-Coach als Spieler nicht ersetzen können?
Einen Spieler. der so viel Erfahrung mitbringt wie Tom, kann man nicht einfach so von heute auf morgen gleichwertig ersetzen. Natürlich macht sich so ein Verlust dann erstmal auf dem Platz bemerkbar, wenn von der hintersten Reihe nicht mehr die klaren Kommandos kommen. Weil wir eigentlich keinen richtigen Innenverteidiger als Ersatz im Kader hatten, haben wir dann Marco de Lima umfunktioniert. Nach dem er sich mit Johannes Vogl etwas eingespielt hatte, hat er sich dann aber leider verletzt und so mussten wir die Mannschaft erneut umbauen und improvisieren.



In der TSV-Offensive ist nach wie vor Ondrej Sima das Maß der Dinge. Wenn der Mittelstürmer nicht dabei ist, dann ist das Grafenauer Angriffsspiel oft nur ein laues Lüftchen. Seid ihr von eurem tschechischen Angreifer abhängig?
Simi ist und war für uns ein Glücksfall. Seit seiner Verpflichtung spricht die Statistik für ihn und er passt auch sehr gut zu unserer Spielweise. Mittlerweile haben sich jedoch schon viele Mannschaften auf ihn eingestellt und er hat es nicht mehr ganz so leicht wie in den Jahren zuvor. Dennoch gibt er auf dem Platz immer alles für die Mannschaft und bringt seine bestmögliche Leistung. Man darf aber nicht vergessen, dass wir auch schon Punkte geholt haben, wenn er aufgrund beruflicher Verpflichtungen nicht auflaufen konnte. Grundsätzlich sind wir jedoch sehr froh, so einen tollen Spieler und Typen in unserem Team zu haben.




Du bist mittlerweile ein alter Hase, hast in deiner Laufbahn sogar schon Bayernligaluft geschnuppert und vor allem bei den höherklassigen Stationen beim TSV Bogen und FC Sturm Hauzenberg einiges gesehen. In jungen Jahren warst du der Top-Goalgetter der Stodbärn, mittlerweile wirst du fast ausschließlich auf dem Flügel eingesetzt. Wie zufrieden bist du mit deinen eigenen Leistungen? In Sachen Torausbeute gäbe schon etwas Luft nach oben, oder?
Es ist kein Geheimnis, dass ich in den vergangenen Jahren nicht wirklich das abrufen konnte, was andere und vor allem ich persönlich von mir erwartet habe. Als Angreifer wirst du an Toren gemessen und von denen erzielte ich definitiv zu wenig. Vielleicht liegt es daran, dass ich mir immer selbst zu viel Druck mache. Ich bin wahrscheinlich einer der selbstkritischsten Menschen weit und breit bin. Ich kann mich an fast kein Spiel erinnern, bei dem ich so richtig zufrieden mit mir selbst war. Wenn ich nach einem Spiel für eine gute Leistung gelobt werde, aber eine klare Chance vergeben haben oder einen dummen Fehlpass gespielt habe, liege ich nachts oft noch wach und ärger mich eben genau über diese eine schlechte Aktion. Bei einer Niederlage ist das Wochenende ohnehin komplett gelaufen. Mittlerweile geht es mir aber nicht mehr nur um Tore. Wichtig ist für mich ist, als erfahrener Haudegen auf dem Platz voran zu gehen und meinen bestmöglichen Einsatz zu zeigen, um mit meiner Mannschaft das Feld als Sieger zu verlassen.



Wie zuversichtlich bist du, dass der TSV Grafenau den Karren noch aus dem Dreck ziehen kann?
Wir haben in dieser Saison war zu wenig, aber immerhin ein paar Mal gezeigt, was wir wirklich können. Auch wenn es aktuell tabellarisch nicht gerade rosig aussieht, brauchen wir uns vor keiner anderen Mannschaft zu verstecken. Wir haben eine gute Mischung aus jungen, hungrigen Spielern und bereits erfahrenen Akteuren. Dadurch haben wir einen gesunden Konkurrenzkampf, der jeden dazu zwingt, in den Trainingseinheiten immer Gas zu geben. Auch die Stimmung in der Mannschaft, war trotz der vielen Rückschläge, auf und neben dem Platz eigentlich nie richtig schlecht und das alles stimmt mich zuversichtlich, dass wir uns gemeinsam da unten raus arbeiten werden.




Du bist heuer 30 Jahre alt geworden. Wie sehen eigentlich deine fußballerischen Pläne über das Saisonende hinaus aus? Wird es vielleicht sogar irgendwann den Spielertrainer Daniel Ranziger zu sehen geben?
Für mich ist der TSV Grafenau der erste Ansprechpartner. Ein großer Traum wäre es für mich, mit meinem Heimatverein irgendwann noch den Aufstieg in die Landesliga zu packen. So ein Erfolg wäre das höchste der Gefühle. Ob das jemals klappen wird, steht freilich auf einem anderen Zettel, zumal wir derzeit mitten im Abstiegskampf stecken. Mit dem Thema Spielertrainer habe ich mich schon ein paar Mal auseinandergesetzt. Ich möchte allerdings noch eine Weile die Freiheiten, die man als Spieler hat, etwas genießen. Noch dazu kommt, dass ich beruflich seit Kurzem eine leitende Stelle bekleide. Dementsprechend sind meine Verpflichtungen dort größer geworden und beanspruchen viel Zeit, die mir wiederum für die Traineraufgaben fehlen würde. Sobald sich dies jedoch mal eingependelt hat und mir mein Gefühl sagt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, kann ich mir eine solch Aufgabe gut vorstellen.

Aufrufe: 015.12.2022, 09:30 Uhr
Thomas SeidlAutor