2024-05-02T16:12:49.858Z

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Sascha Mölders jubelt im Trikot des TSV 1860.
Sascha Mölders jubelt im Trikot des TSV 1860. – Foto: MIS

Klartext-Interview von Mölders zur Löwenkrise: „Es wollen zu viele mitreden – auch in der Kabine“

Ex-Kapitän

Sascha Mölders kennt sich aus mit dem TSV 1860. Im Interview erklärt er die Löwen-Krise – und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund!

Herr Mölders, sind Löwen-Niederlagen eigentlich erträglicher, wenn man vor dem Fernseher sitzt?
Sascha Mölders: Wenn du selbst auf dem Platz stehst, kannst du das Spiel noch beeinflussen. Das geht vor dem Fernseher nicht. Aber trotzdem: Beides ist schlimm.
Das 0:3 der Löwen gegen Verl haben Sie sich daheim angeschaut. Bei Instagram schrieben Sie dann „Ich bin sprachlos – an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten“.
Mölders: Und das habe ich auch genau so gemeint. Die Meinung teilt im Übrigen auch jeder Spieler, jeder Verantwortliche und jeder Fan. Die Tendenz der letzten Wochen war bei Sechzig München ohnehin nicht gut – selbst beim 3:1 zu Hause gegen Zwickau hat mich die Leistung nicht vollständig überzeugt. Aber das Spiel gegen Verl war fußballerisch der absolute Tiefpunkt.
Wo liegt der Fehler im Löwen-Spiel?
Mölders: Für meinen Geschmack fehlt es an Kämpferherz. Jeder Sportler kommt mal in die Situation, dass es nicht läuft. Aber dann muss ich als Spieler anders auftreten, Schaum vor dem Mund haben. In der aktuellen Situation brauchst du mir jetzt nicht anzufangen mit Schönspielerei. Damit gewinnst du keinen Blumentopf in dieser Liga. Sechzig muss jetzt spielen wie Meppen, Oldenburg und Co.: Du musst Gas geben, marschieren, malochen. Die Spieler müssen wissen, dass Sie um die Existenz kämpfen. Sechzig braucht Schaum vor dem Mund und darf nicht davor zurückschrecken, auch mal einen Gegenspieler abzuschrubben. Sie müssen das Spiel in Halle angehen wie ein Pokalspiel. Die Fans wollen sehen, dass du dir als Spieler den Allerwertesten aufreißt. Wenn du das machst, gehst du nach dem Spiel in die Kurve, bekommst Applaus und dann ist das Ergebnis zweitrangig.
Sie sind noch immer gut vernetzt mit Spielern des TSV. Von außen betrachtet: Hat die Mannschaft ein strukturelles Problem?
Mölders: Stimmt, ich habe noch Kontakt. Einige haben mir jetzt wieder geschrieben. Das zeigt mir auch, dass ich so viel damals nicht falsch gemacht haben kann. Ich habe den Spielern gesagt: Ihr müsst euch jetzt zusammenraufen, auch wenn natürlich einige Spieler eher vom Typ Lautsprecher sind, andere weniger. Aber jeder muss Verantwortung übernehmen. Da müsste jetzt mal einer sein, der auf den Tisch haut.
Würde ein Sascha Mölders der Mannschaft jetzt guttun?
Mölders: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich immer alles gegeben habe. Ich kann mit meiner Art eine ganze Mannschaft mitreißen und darüber auch die Fans. Das habe ich immer geschafft. Ich könnte auf jeden Fall helfen.
Würden Sie, wenn der Verein wegen Motivationsproblemen bei Ihnen anfragt?
Mölders: (lacht) Ich werde mich niemals irgendwo anbieten. Ich bin Spielertrainer in Landsberg und bin da auch sehr glücklich. Aber wenn Sechzig auf mich zukäme, wäre ich immer gesprächsbereit.
War es ein Fehler, Michael Köllner vom Hof zu jagen?
Mölders: Im Nachhinein ist man ja immer schlauer. Ich glaube, Sechzig hat ein ganz anderes Problem. Es wollen zu viele Leute ein Wörtchen mitreden – auch in der Kabine. Ein Beispiel dafür ist der zweite Co-Trainer Franz Hübl. Er war früher Video-Analyst und meint jetzt, die Spieler bewerten zu können. Er redet sie schlecht, macht die ganze Kabine wild. Aber mehr möchte ich dazu auch nicht sagen.
Seit über drei Wochen gibt es keinen neuen Cheftrainer bei Sechzig, Günther Gorenzel hat übernommen und muss gleichzeitig einen neuen Coach finden. Wie bewerten Sie diese Doppelfunktion?
Mölders: Ich glaube nicht, dass Günther das tut, weil er Freude daran hat, jeden Tag bis spät abends zu arbeiten. Ich will mir gar nicht ausmalen, bis wann er im Büro ist. Aber es gibt eben keinen anderen. Co-Trainer Stefan Reisinger ist ja regelmäßig bei Lizenz-Lehrgängen in Frankfurt.
Ist die Hängepartie in der Trainer-Frage ein Problem für eine Mannschaft?
Mölders: Wenn es Spieler gibt, die deswegen nicht alles reinwerfen, kann ich nur sagen: Die Mannschaft muss mit so einem Schmarrn aufhören. Muss! Die Spieler sollen sich aufs Fußballspielen konzentrieren. Als Spieler kann dir doch egal sein, wer an der Linie steht. Da braucht mir keiner kommen und erzählen, er könne sich nicht konzentrieren, nur weil noch kein neuer Trainer da ist. Aber es stimmt schon, dass so eine offene Personalie natürlich grundsätzlich nicht zur Ruhe im Verein beiträgt. Sechzig tut gut daran, wenn sie Anfang nächster Woche einen neuen Trainer präsentieren. Es geht um Ruhe. Sechzig braucht Ergebnisse und Ruhe.
Und welchen Trainertypen?
Mölders: Es gibt genau zwei perfekte Kandidaten. Der eine wurde gerade in Nürnberg freigestellt und heißt Markus Weinzierl. Ich weiß nicht, ob er sich die 3. Liga antun würde, aber ich kenne Markus. Der ist wie geschaffen für solche Situationen wie die, in der Sechzig gerade steckt.
Und Nummer zwei?
Mölders: Daniel Bierofka. Ein emotionaler Mensch, der den Verein liebt und an ihm hängt. Er könnte der Mannschaft weiterhelfen, weil er vorlebt, was es heißt, Löwe zu sein. Er war bei uns damals sehr beliebt in der Mannschaft. Wenn Daniel Bierofka zurückkäme, käme das sicher gut an in der Mannschaft.
Bisher scheiterte eine Entscheidungsfindung an der Uneinigkeit der beiden Gesellschafter.
Mölders: Das ist eben im Profi-Fußball so, dass mehrere Parteien ein Mitspracherecht in Vereinen haben. Es geht bei 1860 nur mit beiden Seiten. Entscheidend ist, dass man sich einig wird. Es geht um Sechzig München, der Verein steht über allem. Dieser Klub hat so viele Möglichkeiten, aber dafür muss jeder mit anpacken. Vom Träumen allein hat noch nie jemand Erfolg gehabt.

Aufrufe: 022.2.2023, 15:24 Uhr
Jacob AlschnerAutor