2024-05-08T14:46:11.570Z

Ligabericht
Professionelles Foto bei den Profis: Der Fürther Julian Kolbeck ist seit dieser Saison Co-Trainer in Bayreuth
Professionelles Foto bei den Profis: Der Fürther Julian Kolbeck ist seit dieser Saison Co-Trainer in Bayreuth – Foto: SpVgg Bayreuth

Julian Kolbeck - der tagträumende Menschenfänger

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge hat der 28-Jährige Coach im Sommer den FC Eintracht Bamberg verlassen, um bei Drittliga-Aufsteiger Bayreuth als Co-Trainer zu arbeiten.

Julian Kolbeck ist beneidenswert. Er ist gerade einmal 28 Jahre alt - und bereits am Ziel seiner Träume angelangt. Er hat das erreicht, was er immer wollte, wofür er seit Jahren gekämpft hat. Das bittere, gleichzeitig aber auch reizvolle an seiner Geschichte: Er kann und darf nach dem Ziel-Einlauf erst gar nicht austrudeln lassen. Will er auch nicht. Er gibt angestachelt vom bisherigen Weg nun erst so richtig Gas.

Seit Sommer ist der Mittelfranke Co-Trainer von Thomas Kleine bei Drittliga-Aufsteiger SpVgg Bayreuth. Der Sprung in den Profifußball ist für den Fürther gleichbedeutend mit dem Schritt, dass er nun hauptberuflicher Übungsleiter ist. "Ich - und darauf liegt die Betonung: - darf mich nun den ganzen Tag mit Fußball beschäftigen." Was für viele Amateursportler klingt wie eine Botschaft aus dem Paradies, ist in Wirklichkeit harte Arbeit. Oder wie Julian Kolbeck es beschreibt: "Hauptberuflicher Trainer zu sein ist mehr als nur zwei Stunden Training pro Tag."

Auf dem ersten Blick hat sich nur wenig verändert im Vergleich zu seiner vorherigen Tätigkeit als Immobilien-Kaufmann. Er verlässt frühmorgens das Eigenheim und kehrt erst vor Anbruch der Dunkelheit zurück. Er verbringt viel Zeit im Büro. Die Außentermine sind eher rar gesät, aber gerade deshalb umso schöner. "Ich möchte damit nicht sagen, dass mir mein vorheriger Job keinen Spaß gemacht hat", unterstreicht Kolbeck. "Aber das ist nun noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Wer hat schon den Luxus und kann sein Hobby zum Beruf machen?"

Seit Sommer muss er nicht mehr im ohnehin randvoll gepackten Tag jede Minute mühevoll herausquetschen, um sich mit Fußball, seiner großen Leidenschaft, beschäftigen zu können. Seitdem er bei der SpVgg Bayreuth angestellt ist, ist es sogar seine Aufgabe, sich 24/7 mit System, Taktik, Trainingsinhalte und der Gegneranalyse zu beschäftigen. "Es war immer mein großer Traum, nur an Fußball denken zu dürfen. Es gibt nichts Schöneres als dauernd Lösungen und Ideen zu kreieren."

Das Symbolbild für seine Zeit beim FC Eintracht Bamberg - dort überzeugte Kolbeck nicht nur als Trainer, sondern auch als Mensch.
Das Symbolbild für seine Zeit beim FC Eintracht Bamberg - dort überzeugte Kolbeck nicht nur als Trainer, sondern auch als Mensch. – Foto: Sascha Dorsch

Bei der Altstadt, bei der es als Aufsteiger in die 3. Liga nur um den Klassenerhalt geht ("Den schaffen wird. Davon bin ich überzeugt"), ist der langjährige Geist der Amateur-Vergangenheit noch längst nicht vertrieben. Die Oberfranken bauen erst nach und nach Profi-Strukturen auf. Folglich kann Thomas Kleine noch nicht auf seinen so großen Stab zurückgreifen wie vielleicht andere Vereine in der Spielklasse. Diese Konstellation ist für Julian Kolbeck - so eigenartig es klingen mag - ein Vorteil. Er ist kein „Lehrbub“, sondern sofort voll gefordert. "Egal ob Trainingssteuerung, Aufstellung, System – alle Bereiche tangieren mich. Durch den kleineren Staff habe ich deutlich mehr Einblicke."

Es ist aber längst nicht so, dass der 28-Jährige von Null anfangen muss. Gewisse, für sein Alter nicht gerade wenige Erfahrungswerte sind durchaus schon vorhanden. Als Spieler, er hat seine Karriere aus Verletzungsgründen früh beendet, wurde er im NLZ der SpVgg Greuther Fürth ausgebildet. Später, im Herrenbereich, kickte er Regionalliga – für das Kleeblatt, aber auch für Bayreuth. Seit dieser Zeit ist der Kontakt zu den Oberfranken nie abgerissen. Und als Thomas Kleine, ein ehemaliger Weggefährt bei Fürth, als Trainer der SpVgg installiert wurde, fügten sich die Puzzleteile zusammen.

Doch: Halt! Eine sehr wichtige Station für den Jung-Trainer wäre nun fast unter den Tisch gefallen. Der FC Eintracht Bamberg. Der Nord-Bayernligist gab ihm die große Chance, sich auf gehobenen Amateurniveau als Übungsleiter zu beweisen. Und Julian Kolbeck lieferte. Er formte einen Schwung voller Talente zu einem eingeschworenen Team, das in der Saison 21/22 lange um den Aufstieg mitspielte. Nicht nur deshalb hat er Eindruck hinterlassen bei den Domreitern. "Julian hat eine unheimliche Fachkompetenz, die seltene Gabe, ein Spiel sofort lesen zu können", berichtet FCE-Vertreter Sascha Dorsch. "Und er ist ein Menschenfänger. Wir sind heute noch regelmäßig in Kontakt, das spricht für sich."

Diese Wertschätzung ist keine Einbahnstraße. Auch Kolbeck selbst blickt ohne Wenn und Aber auf eine positive Zeit in Bamberg zurück. So positiv, dass er – als das Angebot von Bayreuth reinflatterte – sogar kurz überlegte, ob er es annimmt. Aber nur kurz. Stichwort: Traum. "Ich bin Sascha und Jörg Schmalfuß, mit dem ich ja fast im selben Atemzug nach Bayreuth gegangen bin, sehr dankbar. Sie hatten nicht nur den Mut, auf einen damals 26-jährigen Trainer zu setzen. Sie haben mich dann auch in kein Korsett geschnürt, sondern mich machen lassen."

Und er hat geliefert. So gut, dass bis nach Bayreuth durchgedrungen ist. "Kole ist ja noch ein sehr junger Trainer – sehr dynamisch und wissbegierig. Zudem ist er analytisch stark und gut strukturiert. Sein, sicher auch dem Alter geschuldeter, enger Draht zu den Spielern bildet eine vertrauensvolle Basis zwischen Spielern und Trainern", zählt Altstadt-Manager Michael Born die Qualitäten seines Co-Trainer auf. Und dieser habe genau das umgesetzt, was man sich von ihm erwartet hat: "Julian ist sehr fleißig. Ich denke, man kann auch von außen gut erkennen, dass das Trainerteam zusammen mit der Mannschaft eine sehr gute Entwicklung genommen hat."

Viel Lob für Julian Kolbeck, nachdem er sein großes Ziel in wahnsinnig schneller Zeit erreicht hat. Eigentlich die ideale Gelegenheit, sich mal zurück zu lehnen. Manche würden sich vielleicht sogar zufrieden geben. Aber nicht so B+-Lizenz-Inhaber, der alle weiteren Prüfungen bis hinauf zur Pro-Lizenz vehement anstrebt. Der 28-Jährige hat, wenn man so will, in seiner vorherigen Leistungsklasse gewonnen. Der Ehrgeiz treibt ihn an, nun die nächste Stufe zu meistern...

Aufrufe: 09.2.2023, 19:40 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor