2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Ein Gesicht des Löwen-Aufschwungs: Joseph Boyamba, zuletzt einer der formstärksten Spieler des TSV 1860.
Ein Gesicht des Löwen-Aufschwungs: Joseph Boyamba, zuletzt einer der formstärksten Spieler des TSV 1860. – Foto: IMAGO/Cathrin Müller /M.i.S.

Joseph Boyamba hat Aufstieg des TSV 1860 noch nicht abgehakt: „Unsere Hoffnung ist wieder da!“

Flügelflitzer im großen Interview

Geht doch noch was in Richtung 2. Bundesliga? Offenisvspieler Joseph Boyamba hat noch Hoffnung auf ein Comeback des TSV 1860 München. Das Interview.

München – Seit Sommer 2022 ist Joseph Boyamba, 26, Löwe. Nach furiosem Start rutschte er wie die gesamte Mannschaft des TSV 1860 in eine Krise, nun ist er ein Gesicht des Aufschwungs unter Trainer Maurizio Jacobacci. Unser Interview über die Giesinger Winter-Depression, das Thema Aufstieg und Boyambas Zukunft bei Sechzig.

Herr Boyamba, passend zu Ihrem Wiedersehen mit Borussia Dortmund II sind Sie und die Mannschaft wieder in Form, oder?

Das kann man so sagen. Im Duell gegen Aue ist uns die Kehrtwende nach einer schwierigen Phase geglückt und damit steigt natürlich auch das Selbstvertrauen.

Schon vor dem Hinrunden-Spiel gegen Dortmund II sprachen Sie davon, dass die Duelle mit Schwarz-Gelb besonders für Sie sind.

TSV 1860 München: Joseph Boyamba kennt noch viele Gesichter bei Borussia Dortmund

Und das ist natürlich auch weiterhin so. Ich hatte in Dortmund schöne zwei Jahre, kenne noch viele Gesichter da – in der U 23 und bei den Profis. Durch unsere Fans hatten wir ja schon im Westfalenstadion gefühlt ein Heimspiel, aber es ist auch schön, dass die Dortmunder jetzt wieder nach München kommen und erleben, wie unsere Fans daheim drauf sind.

In der Hinrunde war das Dortmund-Spiel ein Knackpunkt für Sie bei Sechzig: Vorher hatten Sie oft gespielt, danach aber setzte Sie Michael Köllner nur noch sporadisch ein. Wissen Sie, wieso?

Ich selbst konnte mir das kaum erklären. Ich war – wie in vielen Spielen zuvor auch – ein Aktivposten. Die Entscheidung lag beim Trainer, anscheinend hat ihm meine Leistung in gewissen Belangen nicht gereicht und das muss ich akzeptieren.

„Er hat bei Sechzig viel aufgebaut, seine Ansätze mit uns als Team waren gut. Aber unsere Entwicklung hat irgendwann stagniert.“

Joseph Boymba über Ex-Trainer Michael Köllner.

Ab Herbst fiel die Leistung der gesamten Mannschaft ab, kaum noch ein Spiel wurde gewonnen. Können Sie sich das im Nachhinein erklären?

Es gab gewisse Erwartungen. Vor der Saison haben wir uns als Team oft zusammengesetzt und uns den optimalen Saisonverlauf ausgemalt: immer steil nach oben. So läuft es aber eben nicht immer, alle unsere Konkurrenten hatten mal eine Schwächephase. Unsere war etwas länger und darunter leidet natürlich dann auch das Selbstverständnis für einige Abläufe. Dass bei der Erwartungshaltung, welche wir durch den guten Start geweckt hatten, auch im Umfeld Unruhe aufkommt, ist nachvollziehbar. Als Spieler versuchst Du natürlich das ausblenden und Deine Leistung sportlich bringen. Das ist uns nicht gelungen. Dass wir so viele Spiele verloren, unnötige Gegentore bekommen haben und nach vorne weniger Durchschlagskraft hatten . . . da kam alles zusammen.

Und dann wurde Köllner entlassen; der Trainer, der Sie nach München geholt hat. Sicher keine einfache Situation, oder?

Stimmt. So blöd es klingt: Auch wenn ich nicht mehr so viel spielen durfte, bin ich mit Michael Köllner gut klargekommen. Zwischenmenschlich war er hervorragend, auch fachlich voll in Ordnung. Er hat bei Sechzig viel aufgebaut, seine Ansätze mit uns als Team waren gut. Aber unsere Entwicklung hat irgendwann stagniert.

„Du kommst jeden Tag aufs Gelände und gehst davon aus, dass bald ein neuer Trainer vorgestellt wird.“

Joseph Boyamba über die zähe Trainersuche beim TSV 1860 München.

Vier Wochen lang wartete der gesamte Löwen-Kosmos dann auf einen neuen Trainer.

Diese Zeit war schwierig. Du kommst jeden Tag aufs Gelände und gehst davon aus, dass bald ein neuer Trainer vorgestellt wird. Klar, Herr Gorenzel hat in der Zwischenzeit übernommen, aber es ist etwas anderes, wenn du einen festen Trainer für einen längeren Zeitraum hast.

Unter Günther Gorenzel, dem Sportchef und Übergangstrainer, bekamen Sie ganze 43 Minuten Einsatzzeit in vier Spielen. War es für Sie persönlich besonders schwierig?

Es war sehr schwierig, die Mannschaft verlieren zu sehen und gleichzeitig zu wissen, dass ich mit meiner Qualität der Mannschaft hätte helfen können. Wenn man immer gesagt bekommt, dass man im Training Gas geben soll und man das auch tut, am Ende aber doch wenig Spielzeit bekommt, denkt man sich: Wofür mache ich das eigentlich? Man arbeitet für sich selbst. Wenn man sich im Training hängen lässt, kommst du in eine Abwärtsspirale. Wenn du dann nicht mehr hundertprozentig bei der Sache bist, erhöht das die Gefahr von Verletzungen. Dann kann es auch mal knallen, das gehört dazu. Es war nicht immer einfach, positiv zu bleiben.

TSV 1860 München: Unter Trainer Maurizio Jacobacci ist die gute Laune in Giesing zurück

Wie haben Sie das dennoch geschafft?

Ich habe mich nicht aufgegeben. Ich weiß, was ich kann. Früher oder später, wusste ich, würde meine Leistung wieder gefordert sein. Man sieht jetzt, dass ich der Mannschaft helfen kann.

Zwei Tore gelangen Ihnen nämlich in vier Spielen, in denen sich die Mannschaft jeweils steigerte und in Aue endlich wieder mit einem Sieg belohnt hat. Ist die gute Laune zurück in Giesing?

Definitv. Das verkörpert der Trainer und die Mannschaft nimmt das auf. Klar: Die Fans erwarten von uns, dass wir über Kampf und Leidenschaft ins Spiel kommen. Da gebe ich ihnen auch Recht. Letztlich müssen wir auch unsere spielerischen Qualitäten auf den Platz bringen. In den letzten drei, vier Spielen haben wir wieder gezeigt, wozu wir als Mannschaft im Stande sind zu leisten.

„Ehrlich gesagt: Nein.“

Joseph Boyamba auf die Frage, ob er von seinem neuen Trainer vorher schon mal gehört hatte.

Hatten Sie schon einmal von Maurizio Jacobacci gehört, ehe er Ende Februar vorgestellt wurde?

Ehrlich gesagt: Nein. Bevor er unser Trainer wurde, habe ich mich schlau gemacht über ihn. Von ein paar Spielern hatte ich gehört, dass er fachlich und zwischenmenschlich sehr gut sein soll.

Bestätigt sich das?

Ja. Natürlich haben wir erst vier Spiele unter ihm gespielt, da muss man die Kirche noch im Dorf lassen. Aber es sieht bis hierhin nicht schlecht aus. Die Hoffnung ist zurück, dass unsere Entwicklung bis zum Saisonende in die richtige Richtung geht.

TSV 1860 München: Trainer Jacobacci lässt im Training viele Dinge wiederholen, damit Automatismen greifen

Was macht er besser als seine Vorgänger?

Er zeigt noch akribischer auf, wie seine Spielidee aussieht, nimmt sich viel Zeit für jeden Spieler. Und wir wiederholen die Dinge so lange, bis sie funktionieren. Die Automatismen in der Mannschaft greifen allmählich und es ist wichtig, dass das Selbstvertrauen wieder zurück ist.

Öffentlich tritt Jacobacci ruhig und bescheiden auf. Wie ist er in der Kabine?

Ähnlich. Er ist sehr gelassen, auch vor den Spielen ist in der Kabine eine gute Stimmung. Er ist ein harmonischer und kommunikativer Mensch, was jedem Spieler guttut.

Sie scheinen einen ganz besonders guten Draht zu ihm zu haben, liegen ihm nach Ihren Toren in den Armen.

Ja. Wir haben zu Anfang ein längeres Gespräch, das hat er mit jedem Spieler geführt. Da habe ich ihm gesagt, dass es bei mir nicht viel braucht, damit ich meine Leistung abrufe. Außer Vertrauen. Dass ich das dann auch zurückzahle. Unser Verhältnis ist ganz gut.

„Es wäre ein hartes Stück Arbeit, aber wenn wir eine kleine Serie starten, könnten wir am Ende vielleicht doch noch die Chance bekommen.“

Joseph Boyamba über ein Comeback im Aufstiegskampf.

Sofern Sechzig nicht aufsteigt, läuft Ihr Vertrag am Saisonende aus. Würden Sie gern bleiben?

Ich mag den Verein. Aber natürlich muss ich meine Zeit hier auch reflektieren, da gibt es Pro und Contra. Man wird sehen, in welche Richtung es geht.

Steigert es die Chancen auf Ihren Verbleib, wenn der Löwen-Trainer auch in der nächsten Saison Jacobacci heißt?

Das könnte gut sein, ja.

Womöglich aber stellt sich die Frage ja gar nicht, wenn Sechzig doch noch aufsteigt und sich Ihr Vertrag dadurch automatisch verlängert.

Noch ist es nicht zu spät. Es wäre ein hartes Stück Arbeit, aber wenn wir eine kleine Serie starten, könnten wir am Ende vielleicht doch noch die Chance bekommen. Die Konkurrenz macht auch Fehler. Wie gesagt, wir waren in einer Abwärtsspirale. Aber wofür spielen wir Fußball, wenn wir keine Ziele hätten? Wir haben uns nie aufgegeben! (Interview: Jacob Alschner)

Aufrufe: 024.3.2023, 10:05 Uhr
Jacob AlschnerAutor