Eddersheim. In Sebastian Metzgers Leben dreht sich alles um die Kugel. Zwei Jahrzehnte seines Lebens war die favorisierte Kugel des ehemaligen Regionalliga-Kickers in der Regel weiß, bestand aus Leder und hatte einen Umfang von knapp 70 Zentimetern. Seit einigen Jahren priorisiert das 40-jährige Multitalent eine andere Sportart, wo die Kugeln deutlich kleiner, gelb und mit einer Filzschicht umhüllt sind. Und mit einem Schläger über ein Netz gedroschen werden.
Tennis ist in den letzten Jahren nicht nur der Mittelpunkt von Metzgers sportlichem Leben geworden. Sondern auch das berufliche Standbein. Seit 1. März ist Metzger beim hessischen Tennisverband mit Sitz in in Offenbach für die Ausbildung der Trainer verantwortlich. In der Zeit davor war er bei Vereinen angestellt, gab dort freiberuflich Tennis-Training, nachdem er mit Mitte zwanzig die Sportart (wieder) für sich entdeckt hatte.
Im Probetraining bei den Bayern
Bis dahin hatte lange Zeit der Fußball Vorrang. Metzger, dessen Vater Bernhard einst beim SV Wiesbaden auf Drittliga-Niveau kickte, teilte das Schicksal vieler junger Talente, die in mehreren Sportarten begabt sind: Er musste sich in jungen Jahren für einen Sport entscheiden. Fußball oder Tennis? Metzger wählte den Fußball.
Spielte sich bei der U19 des SV Wehen gar in den Fokus des FC Bayern. An der Säbener Straße absolvierte er mit 18 vier Wochen ein Probetraining, stand mit Schweinsteiger, Lahm und Trochowski auf dem Platz. Weil der FCB zulange zögerte, kam er wieder zurück. "Sonst hätte es vielleicht als Profi was werden können", glaubt Metzger.
In Weilbach Debüt als Spielertrainer
Der damalige SVWW-Manager Bruno Hübner holte ihn wieder zurück zu Wehen, bei Metzgers späteren Stationen bei Eintracht Frankfurt II und dem FC Eschborn war er er mit Mitte Zwanzig für zwei Saisons auf Profi-Niveau unterwegs. "Die 3. Liga wäre möglich gewesen, mindestens Hessenliga hätte ich eigentlich weiter spielen können", schätzt Metzger ein.
Doch bei seinem Heimatverein, dem FC Eddersheim, war er lange auf Verbandsliga-Niveau unterwegs. Ehe er bei Gruppenligist Germania Weilbach zum ersten Mal in die Rolle des Spielertrainers schlüpfte. "Als Mario Jung zu Oberliederbach ging, fragte man mich ob ich übernehmen kann", blickt Metzger zurück. Metzger übernahm, coachte noch eineinhalb Saisons weiter. Und ging dann mit Bruder Dominic zum SV Heftrich in die KOL Rheingau-Taunus. Eine Familienangelegenheit. "Mein Patenkind spielte da", sagt Metzger.
20 Jahre später fällt die Wahl auf Tennis
In den zwei Jahren klopfte der SVH fast sogar ans Tor zur Gruppenliga. Im Sommer 2017 hörte Metzger auf. Die Trainingsbeteiligung sei ihm zu wenig gewesen, um etwas bewegen zu können, sagte er damals. Dazu erlitt er im Spiel gegen Presberg nach eine heftige Verletzung, brach sich nach Kollision mit der Stange am Spielfeldrand vier Rippen.
Nun, da die Karriere im Fußball vorerst vorbei war, konnte er wieder wählen. Fußball oder Tennis? Metzger wählte diesmal, 20 Jahre später, Tennis. Das schon damals wichtige berufliche Standbein des freiberuflichen Tenniscoaches baute er weiter aus. Und fing nun selbst wieder an, häufiger zu spielen. "Ich konnte spielen und trainieren, wann ich wollte, und mir die Zeit besser einteilen. Dazu kommt, dass es sich im Tennis im Trainerbereich wesentlich einfacher Geld verdienen lässt als im Fußball, wo man nur in der absoluten Spitze vom Trainerjob leben kann", sagt der dreifache Familienvater.
Einer wie Murray
Parallel dazu blühte der ehrgeizige Sportler auch selbst mit dem Schläger in der Hand auf. In der Altersklasse Herren 35 wurde er 2021 im kroatischen Umag Europameister. Dazu spielte er 2018 (in Miami) und 2022 (in Portugal) zwei Weltmeisterschaften in seiner Altersklasse mit.
"Ich bin relativ fit, ein guter Counter-Puncher wie Andy Murray und mental stark. Genau wie früher in meiner Zeit als Stürmer", sagt der Rechtshänder über sein Spiel. Nach einem Achillessehnenriss vor eineinhalb Jahren hat er sich mittlerweile zurückgekämpft. "Ich bin gut in Schuss, mache dreimal die Woche etwas für meinen Körper", sagt Metzger. Der nun die nächste Karrierstufe erklimmen will. Demnächst beginnt er die A-Tennis-Trainer-Ausbildung, vom Status her ungefähr vergleichbar mit dem Fußballlehrer. "Als Quereinsteiger ist das ein großer Erfolg für mich", sagt Metzger stolz.
Leidenschaft zum Beruf gemacht
In den Fußball wird er als aktiver Coach nicht mehr zurückkehren. Zu sehr hat er sein berufliches und sportliches Leben in allen Facetten mittlerweile auf den Tennis ausgerichtet. "Ich konnte meine Leidenschaft zum Beruf machen", freut sich Metzger. Gegen die weiße Lederkugel tritt er allerdings ab und an nochmal. Bei den Alten Herren im Heimatverein FC Eddersheim.
Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir in unregelmäßigen Abständen bekannte Trainer aus der Region, die aktuell nicht mehr an der Seitenlinie stehen. Ihr habt Vorschläge für einen Protagonisten, der Teil der Serie werden soll? Dann mailt uns an fupa@vrm.de!
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