2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Zum Verzweifeln: Der FSV Nieder-Olm ging als Tabellenführer aus der Bezirksliga Rheinhessen Nord heraus. Zu Beginn der Aufstiegsrunde fand sich der FSV trotzdem nur auf dem dritten Tabellenplatz wieder.
Zum Verzweifeln: Der FSV Nieder-Olm ging als Tabellenführer aus der Bezirksliga Rheinhessen Nord heraus. Zu Beginn der Aufstiegsrunde fand sich der FSV trotzdem nur auf dem dritten Tabellenplatz wieder. – Foto: Michael Wolff

Ein Jahr Auf- und Abstiegsrunden: Was bleibt hängen?

Alle freuen sich auf die Rückkehr zur alten Ligenstruktur +++ Vor allem die Punkteregel sorgte vergangene Saison für Unverständnis

Region. Aufgrund des unvorhersehbaren Verlaufs des Coronavirus entschieden sich der Südwestdeutsche Fußballverband (SWFV) und der Odenwaldkreis in Hessen in der vergangenen Saison für die Spaltung der Ligen in zwei Hauptrunden. Die ersten Vereine aus beiden Gruppen sollten in die Aufstiegs- und die hinteren in die Abstiegsrunde eingeteilt werden. Auf beiden Seiten des Rheins ist die Sonderform mit Auf- und Abstiegsplayoffs bereits nach einem Jahr wieder beendet. Rückblickend stellen die Verbände sich die Frage: Bleibt der neue Spielmodus in guter oder schlechter Erinnerung?

"Die Idee war noch nicht ausgereift"

Einer der Leittragenden des neuen Ligensystems war definitiv der FSV Nieder-Olm. Nach 14 gespielten Duellen in der Bezirksliga Nord grüßte das Team von Trainer Christian Lang von der Tabellenspitze. Der FSV konnte mit 28 Punkten und damit drei Zählern Vorsprung auf den ersten Verfolger SVW Mainz durchaus zufrieden mit den Leistungen in der Hauptrunde sein. Doch wenige Tage später fand man sich in der Tabelle der Aufstiegsrunde auf Tabellenplatz drei wieder. Ohne ein Spiel bestritten zu haben! Die Nieder-Olmer standen nun fünf Punkte hinter dem SVW und drei hinter dem VfR Nierstein auf dem dritten Rang. Für Trainer Christian Lang war das schlichtweg nicht fair: "Für mich war die Meisterschaft immer der ehrlichste Wettbewerb. Die neue Regelung fand ich einfach unglücklich und es spiegelt den Fußball nicht wieder, wie ich ihn verstehe."

Die Tabelle zur abgelaufenen Bezirksliga-Saison findet ihr hier.

Seiner Meinung nach hätte es viele Lösungen gegeben, die sportlich fairer gewesen wären, als lediglich die Punkte aus den direkten Duellen mit Konkurrenten mitzunehmen. Selbst eine Koeffizientenregelung hätte dem Übungsleiter noch eher zugesagt. "Du gehst als Tabellenerster aus der Hauptrunde raus und startest trotzdem mit fünf Punkten Rückstand in die Aufstiegsplayoffs. Das ist für mich nicht ganz fair." Daher freut sich der Mainzer auf eine Rückkehr zum alten Spielmodus. "Ich kann die Idee hinter den geteilten Gruppen verstehen, doch die Idee war noch nicht ausgereift", erklärt Lang. Wenn er die Wahl hätte, würde der Übungsleiter aus Nieder-Olm sich immer für den "normalen" Modus entscheiden.

"Das Fazit ist positiv, wir sind zufrieden mit der Entscheidung"

Auf der anderen Rheinseite ordnet der Kreisfußballwart des Odenwalds, Hartmut Schwöbel, die Entscheidung für getrennte Hauptrunden im Nachhinein als richtig ein. "Wir sind sehr zufrieden mit unserer Entscheidung. Die Inzidenzen gingen auf und ab und nahezu jeder Verein war mit Corona gebeutelt. Die wenigsten Spieler konnten direkt nach ihrer Quarantäne direkt wieder voll auf dem Feld angreifen. Durch die Teilung gab es etwas mehr Puffer." Doch auch Hartmut Schwöbel erkennt noch Schwächen an dem System, die bei einer zukünftigen Rückkehr definitiv geändert werden sollten. "Wenn wir nochmal zu diesem geteilten Ablauf zurückkehren müssen, sollte man aus der Qualirunde alle Punkte mitnehmen", erklärt der Kreisfußballwart, "damit können wir auch den vermehrten Absagen und Ausfällen von irrelevanten Spielen nach der Winterpause entgegenwirken." Nicht nur im Odenwald traten einige Vereine, sobald es feststand, ob sie in Auf- oder Abstiegsrunde einsteigen, nicht mehr auf dem Feld gegen Mannschaften, die in der jeweils anderen Runde weiterspielen, an. Solch eine Irrelevanz von Rundenspielen sehe Schwöbel als falsches Zeichen. In einer Meisterrunde sollten alle Spiele von gleicher Bedeutung sein.

Häufig war der TuS Dietkirchen und Kevin Kratz (rot) nur zweiter Sieger in der Hessenliga. Das Team von Trainer Thorsten Wörsdörfer holte in der Aufstiegsrunde lediglich einen Punkt.
Häufig war der TuS Dietkirchen und Kevin Kratz (rot) nur zweiter Sieger in der Hessenliga. Das Team von Trainer Thorsten Wörsdörfer holte in der Aufstiegsrunde lediglich einen Punkt. – Foto: Patrick Schuch

"Für uns war es wie die fünfte Kerze auf dem Adventskranz"

Es gibt natürlich nicht nur Leidtragende des neuen Modus. Thorsten Wörsdörfer und sein Team des TuS Dietkirchen durften bereits im Winter den, von vielen nicht erwarteten, Klassenerhalt in der Hessenliga bejubeln. Der neue Modus war für den höchstgehandelten Abstiegskandidaten die Chance schon frühzeitig für Planungssicherheit zu sorgen. Mit neun Punkten aus den letzten drei Spielen vor der Winterpause sicherte sich das Team aus Dietkirchen die Teilnahme an den Aufstiegsplayoffs und den damit verbundenen Nicht-Abstieg. "Wir hatten unseren Höhepunkt am zweiten Advent. Unsere Form die Tage vor Weihnachten war einfach überragend", erinnert sich der Trainer des Hessenligisten. Es habe sich wie die fünfte Kerze auf dem Adventskranz angefühlt, erzählt der Trainer grinsend.

Die Tabelle der Hessenliga findet ihr hier.

In der Aufstiegsrunde des Hessenliga gelang dem Team von Thorsten Wörsdorfer nicht mehr allzu viel. Lediglich einen Punkt holte der TuS aus den zehn Spielen. Für den Verein aus dem Kreis Limburg-Weilburg kein Problem. "Es waren schwierige Wochen, denn viele Komponenten haben nicht mitgespielt", erklärt Wörsdörfer kritisch, "psychologisch war unser Ziel bereits erreicht und physisch ließ die Trainingsintensität spätestens mit dem Corona-Einschnitt nach. Trotzdem haben wir mit dem Punkt gegen Stadtallendorf die Meisterschaft entschieden." Im Großen und Ganzen sei der Trainer natürlich glücklich wie die vergangene Saison verlaufen sei. Seine Mannschaft habe von der geteilten Runde eindeutig profitiert. Doch wenn der erfahrene Trainer die Wahl hätte, würde er sich sofort für den bekannten Modus entscheiden.

Eine herausragende Saison krönte der TuS Hackenheim mit dem Aufstieg in die Landesliga West.
Eine herausragende Saison krönte der TuS Hackenheim mit dem Aufstieg in die Landesliga West. – Foto: Mario Luge

"Die gute Idee war noch nicht zu Ende gedacht"

Trotz des souveränen Aufstiegs seiner Mannschaft ist Hackenheims Spielertrainer Tim Hulsey aus dem Kreis Bad Kreuznach nicht vollständig zufrieden mit der Umsetzung des geteilten Ligensystems. "Dieser Modus gab uns wieder eine Möglichkeit die Saison zu Ende zu bringen. Es gab eine Perspektive", resümiert der Hackenheimer. Doch vor allem wegen drei Punkten sieht der Spielertrainer die Saison nicht als vollständigen Erfolg an.

Erstens: Nur Punkte gegen Mannschaften, die ebenfalls in die Aufstiegsrunde gehen, mitzunehmen, sieht Hulsey als sinnfrei an: "Es sollte in jedem Spiel um etwas gehen." Auch der langen Pause zwischen den Nachholspielen der Hauptrunde und dem Start der Aufstiegsrunde im März kann der Landesliga-Aufsteiger nichts abgewinnen. Zu guter Letzt die Anhäufung von Spielabsagen an den letzten Spieltagen der Haupt- sowie Auf- und Abstiegsrunden. Doch hierbei liege laut Hulsey die Schuld nicht beim Verband. "Es ist ganz klar die Verantwortung jedes einzelnen Vereins, dass alle Spiele bestmöglich bestritten werden. Auch in einer regulären Saison kann es sein, dass man am Ende ein Spiel ohne Bedeutung austrägt. Absagen gab es hier die letzten Jahre auch keine."

Die Abschlusstabelle der Aufstiegsrunde Bezirksliga Nahe findet ihr hier.

FuPa-Fazit:

Eine ungewöhnliche Saison mit großen Herausforderungen durch das Coronavirus ging größtenteils reibungslos über die Bühne. Das geteilte Spielsystem konnte durchaus einigen Trainern positives Feedback abgewinnen. Doch der gravierende Wermutstropfen der Saison bleibt die begrenzte Punktemitnahme aus der Hauptrunde. Eine Regel, die nahezu allen Sportlern im Nachhinein als nicht fair erscheint. Sollte der geteilte Spielmodus daher jemals wieder notwendig sein, würde der Verband allen Amateursportlern einen Riesengefallen tun, wenn alle Punkte aus der Hauptrunde mit in die Auf- und Abstiegsrunden genommen werden. Denn ein fairer Wettbewerb ist die Quintessenz unserer Leidenschaft für den Fußball.

Aufrufe: 019.7.2022, 06:00 Uhr
Karim MathisAutor