2024-05-16T14:13:28.083Z

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WM-Stimmung will auch in Leverkusen nicht so recht aufkommen.
WM-Stimmung will auch in Leverkusen nicht so recht aufkommen. – Foto: Paul Krier

Diese WM lässt Leverkusen bislang kalt

Bei einem Fußball-Hochfest mitfiebern, das ist eigentlich Volkssport in Deutschland. Nicht so bei der „Fifa Qatar 2022“. Die Stimmungsflaute stellen auch heimische Trainer fest. Ob sich das noch ändert – bei einem Sieg heute gegen Costa Rica?

Die wenigen Wochen alle vier Jahre, in denen die Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen wird, gehören für Liebhaber des Sports zu den wichtigsten ihres Lebens. Wenn sich auf dem Rasen die besten Mannschaften der Welt messen, sich die Gespräche in der Kaffeeküche nur um ein Thema drehen, dann sind Fußballfans in ihrem Element. Doch das seit anderthalb Wochen laufende Turnier im Wüstenstaat Katar scheint die Menschen längst nicht so zu emotionalisieren wie frühere Hochfeste des Fußballs. Wir haben bei der fußballerischen Basis in Leverkusen nachgefragt: Wie sehen Trainer und Spieler im Amateurbereich diese WM? Was sagen sie zu dem Bündel an Stimmungskillern, vom ungewohnten Wintertermin über das klimatisch ungünstige Austragungsland, in dem Fußball keine Tradition hat, bis hin zu den Menschenrechtsverletzungen in Katar, die vor allem Fremdarbeiter, Homosexuelle und Frauen treffen?

Kaum WM-Feeling – das spürt zum Beispiel Stefan Müller. Der Schlebuscher, der lange den örtlichen SV in der Landesliga trainierte und jetzt in Bergisch Gladbach beschäftigt ist, sagt ganz klar: „Für mich fühlt es sich falsch an, und das merkt man alleine an unserer Umgebung: Im Normalfall hingen zum jetzigen Zeitpunkt Flaggen aus aller Herren Länder an den Häusern.“ Kollege Michael Czok vom BV Bergisch-Neukirchen erklärt, er schaue sich zwar das ein oder andere Spiel an, dann aber aus Trainersicht. Der Übungsleiter versucht, taktische Kniffe aus den Spielen der Profis herauszulesen. Wer weiß, vielleicht können die ja auch seinen Kreisliga-Fußballern von Nutzen sein.

Markus Hilmer, neuer Trainer beim SV Schlebusch, ist zwiegespalten. Er selbst bemerkt, dass er zwar an den fußballerischen Geschichten des Turniers interessiert ist, aber das ohne Euphorie. Seinen Kindern jedoch – 8 und 14 Jahre alt – möchte er den Zauber einer WM nicht nehmen. „Die brennen auf die Spiele, sind mit viel Leidenschaft dabei und sammeln die Klebebildchen“, erzählt Hilmer. Über das hierzulande umstrittene Gastgeberland und die dazugehörigen Gründe wurden sie aufgeklärt.

Michael Kunz, Klubchef und Interimscoach vom FC Leverkusen, sagt zu den Diskussionen um Katar: „Ich gehören zu den Menschen, die finden, Sport und Politik sollten getrennt werden. Dass das auf diesem Niveau nicht mehr möglich ist, zeigen die Vorberichterstattungen.“ Der Sportwissenschaftler befürwortet die Austragung in fußballfernen Ländern und stellt sich selbst die Frage, ob das selbstgerechte Auftreten des Westens so gänzlich richtig ist. Bei seiner Mannschaft sei die fehlende Begeisterung stark zu spüren, sagt er. Die Truppe setzt sich bei großen Spielen eigentlich gern zusammen – das Spiel der Deutschen gegen Spanien schauten aber nur eine Handvoll. „Das hat mich überrascht“, so Kunz.

Michael Czok bemerkt beim Training in Bergisch-Neukirchen, dass die WM nur ein beiläufiges Thema ist und die Umstände bei jedem Spieler andere Denkansätze und -prozesse anstoßen. Beim SV Schlebusch verfolgen die Akteure die Teams ihres jeweiligen Herkunftslandes durchaus intensiv, darüber hinaus aber bleiben ausschweifende Analysen und Diskussionen aus, sagt Markus Hilmer. Der gewohnte Hype, bemerkt auch Stefan Müller in Bergisch Gladbach, sei nicht da: „Das Fußballfieber packt mich und meinen Freundes- und Bekanntenkreis wenig.“ Die Vergabe, die Entstehung der Spielflächen, das Vorgehen des Gastgeberstaats und die kalte Jahreszeit lassen selbst die fußballverrückte Basis von dieser Fußball-WM ungewohnt viel Abstand nehmen. Mal schauen ob sich das ändert, sollte Deutschland an diesem Donnerstag gegen Costa Rica das Achtelfinale erreichen. Anstoß ist um 20 Uhr.

Aufrufe: 01.12.2022, 21:00 Uhr
RP / Tobias BrückerAutor