2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Kurz vor Weihnachten steigt ein ganz besonderes Spiel im Borussia-Park.
Kurz vor Weihnachten steigt ein ganz besonderes Spiel im Borussia-Park. – Foto: Marcel Eichholz

Borussia: Was eine Legende zur Legende macht

Am 17. Dezember kommen jene, die sich im Borussia-Park einen Namen gemacht haben. Doch eine Generation können sie nicht übertreffen.

Borussia Mönchengladbach ist ein Traditionsverein. Und als solcher ein Ort voller Legenden. Zum einen sind da die Geschichten, die zeitüberdauernd sind. Der Pfostenbruch 1971, der Büchsenwurf im selben Jahr, Günter Netzers Selbsteinwechslung im Pokalfinale 1973, die Pfiffe des Herrn van der Kroft in Madrid 1976 – alles Momente, die sinnstiftend waren für Borussias DNA. Und natürlich getragen wurden von Fußballern, die sich Legendenstatus erspielt haben.

Eine Legende ist, so definiert der Duden, eine „Person oder Sache, die so bekannt geworden ist, einen solchen Status erreicht hat, dass sich bereits zahlreiche Legenden um sie gebildet haben“. Es ist zu unterscheiden zwischen Ikonen, Kultspielern, Leit- und Symbolfiguren. Borussen also, die in ihrer Zeit dazu beigetragen haben, Borussia zu dem zu machen, was sie ist. Die glorreichen 70er, die Zeit der Fohlenelf, dominieren diesbezüglich alles für immer, hier gab es acht Titel, Borussia hatte eine der besten Mannschaften Europas und spielte, ja, legendär.

„Netzer, Vogts und Heynckes Jupp“, wie die Fans dichteten, und die anderen Ur-Fohlen sind die Legenden erster Ordnung in der Borussen-Geschichte, aufgeteilt in drei Zeitzonen: Die erste Generation der Fohlenelf bis zum Abgang von Günter Netzer, der Ikone, die über allem schwebt. Dann die zweite Generation bis zum Ende der Ära von Meistertrainer Hennes Weisweiler, dann Udo Latteks Fohlen bis 1979. Die Dekade wird geklammert vom ewigen Borussen Berti Vogts, der immer da war, und dem besten Torschützen aller Borussia-Zeiten Jupp Heynckes. Das ist der Olymp der Gladbacher Legenden, das zeitlose Ideal des Borussen-Fußballs.

Dann sind da die Legenden zweiter Ordnung. Die Kultspieler der 80er Jahre, die titellos blieben, aber Momente produzierten, die typisch waren für Gladbach: das unfassbare Neun-Tore-Halbfinale gegen Werder Bremen und danach der verschossene Pokalendspiel-Elfmeter des Lothar Matthäus von 1984, das spektakuläre Nicht-Tor von Hans-Günter Bruns in München, das Aus in Madrid nach dem größten Spiel der 80er Jahre, dem 5:1 im verregneten Düsseldorf 1985. Dramen der Diva Borussia.

Auch die Pokalsieger-Generation von 1995 um Stefan Effenberg gehört dazu – mit der spektakulär-tragischen Vorgeschichte von 1992, mit den vier gehaltenen Elfmetern von Uwe Kamps im Halbfinale gegen Leverkusen und der anschließenden Final-Enttäuschung gegen den Zweitligisten Hannover. Dann kam der Aufschwung, es gab den bis heute letzten Titel, die Europa-Rückkehr, zwei Jahre wie im Rausch. Borussia war wieder wer und brachte nebenbei die Viererkette in die Bundesliga.

Die Protagonisten dieser Generation, die durch zwei legendäre Wolfsburg-Spiele, das Pokalfinale 1995 und den verhinderten Abstieg von 1998, eingerahmt wird, bilden heute einen wesentlichen Teil der Weisweiler Elf, Gladbachs Traditionsteam. Aus den 95ern setzt sich – zusammen mit den Ikonen der 70er sowie den Kultspielern der 80er Jahre – auch die 2000 gewählte Jahrhundertelf der Borussen zusammen.

Verbunden ist all das mit dem Bökelberg, der durch sein Verschwinden zum Mythos geworden ist. Nun schaffen die Borussen eine neue Legenden-Kategorie, die „Legenden des Parks“, die am 17. Dezember (19 Uhr) gegen das aktuelle Gladbacher Team antreten. Natürlich: „Legende“ ist ein großes Wort, das wie fast alle seiner Art heute inflationärer benutzt wird als zu früheren Zeiten, doch gibt es eben auch nur dieses, um Ereignissen und Personen eine gewisse Größe zuzuordnen.

Und ja, der Borussia-Park hat sich durchaus emanzipiert vom Bökelberg, weil es inzwischen fast zwei Generation von Fans gibt, die das alte Borussen-Stadion nicht mehr erlebt haben, und es auch in seiner Zeit Ereignisse gab, die Borussias Geschichte prägen: Der Wiederaufstieg von 2008, die Last-Minute-Rettung von 2009, die Relegationsrettung von 2011 und die Europa-Rückkehr nebst Champions-League-Erlebnissen – da ist ein Gegengewicht zur großen, unerreichbaren Vergangenheit der 70er entstanden, auch die jüngeren Generationen der Gladbach-Fans haben ihre „Wo-warst-du-als?-Momente“.

Die Spieler der Neuzeit, die definiert wird durch den Umzug ins neue Stadion, haben zweite Liga gespielt, aber eben auch Europapokal, sie sind die nächste Legenden-Generation, die nun gesammelt vorspielen darf kurz vor Weihnachten, in der Musik würde man sagen: Es ist ein Borussen-Sampler des 21. Jahrhunderts. Einige Legenden sind fraglos größer als andere in einem Klub wie Gladbach, doch hat gleichwohl jede Zeit ihre Legenden. Geeint werden die Legenden der Vergangenheit und der Gegenwart sowie die zukünftigen, weil sie zur Tradition des Klubs gehören, die sie zugleich mitgeformt haben.

Legendenspiel Am 17. Dezember um 19 Uhr treffen zahlreiche Legenden des Borussia-Parks auf die aktuelle Mannschaft. Unter rp-online.de/borussia finden Sie eine Bilderstrecke mit allen 167 Profis, die bislang im neuen Stadion für Borussia aufgelaufen sind.

Aufrufe: 023.11.2022, 20:00 Uhr
RP / Karsten KellermannAutor