2024-04-30T13:48:59.170Z

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Welch ein Ausblick, welch eine Lage! Das Gelände des TFV Ober-Hörgern ist einmalig in die sattgrüne Landschaft der Wetterau eingebettet.
Welch ein Ausblick, welch eine Lage! Das Gelände des TFV Ober-Hörgern ist einmalig in die sattgrüne Landschaft der Wetterau eingebettet. – Foto: Foto-Jaux.

Wo die Störche beim Rasenmähen zusehen

AUF DIE PLÄTZE: +++ Naturidylle beim TFV Ober-Hörgern +++ Verein steckt viel Zeit und Aufwand in Aufrechterhaltung der einzigartigen Verhältnisse +++ Sanftes Grün, saftige Zweikämpfe +++

Auf zwei Seiten des großen, satt-grünen Rasenfeldes plätschert Wasser, hinter der Außenlinie macht ein Maulwurf mit frischen Hügeln auf sich aufmerksam. Biber, Bisamratten, Mäuse, sogar Kormorane: "Wir haben hier eigentlich alles, was in der heimischen Tierwelt unterwegs ist", erzählt uns Platzwart Dieter Düringer beim Besuch vor Ort. Aber nicht nur die idyllische Lage des Sportplatzes des TFV Ober-Hörgern ist besonders. Hinter dem Verein liegen auch einige bewegte Jahre, um sich die Spielstätte überhaupt zu erhalten. Die Wogen sind längst geglättet - interessant ist die Story rund um den TFV-Platz allemal.

Los ging es beim TFV kurioserweise nicht in Ober-Hörgern, sondern auf dem alten Handballfeld im benachbarten Münzenberg. Einige Zeit nach der 1972 erfolgten Vereinsgründung wies die Stadt dem Club ein neues Sportgelände zu - eine Wiese am Ober-Hörgerner Ortsrand. Diese bereitete der Verein mit viel Engagement zu einem aufgrund der vielen Schatten spendenden Pappeln zwar gerne mal feuchten, aber mehr als ordentlichen Fußballplatz auf.

Das Gelände ist Teil des "Auenverbund Wetterau", sodass der TFV von Anfang an deutlich mehr Auflagen zu erfüllen hatte als anderswo. Vier Jahre nach dem Start stellte man einen Antrag auf Neuzuweisung. Diesem ließ man nach nochmaliger Überlegung und Rücksprache mit Experten, die eine sehr lange wie frustrierende Übergangsdauer prognostizierten, allerdings einen ganz anderen Antrag folgen - nämlich den auf endgültigen Verbleib. Der Konflikt um den Platz inmitten der Natur (wir befinden uns Mitte der 1980er Jahre) kochte ziemlich hoch, sogar überregional wurde über die lokalen Streitigkeiten um das TFV-Gelände berichtet. "Da habe ich noch ganze Ordner voll mit Dokumenten und Berichten", erzählt Düringer, "das ganze Dorf stand damals hinter uns, entsprechend waren alle froh, dass es Ende der 80er Jahre dann gut für uns ausging und wir bleiben durften." Das Vereins-Urgestein legt Wert darauf, das Thema nicht nochmal befeuern zu wollen. "Wir haben heute ein exzellentes Verhältnis zur Bürgermeisterin, es gibt da überhaupt keine Probleme, kein Nachkarten mehr."

Auch deswegen wieder schnell zurück in die Gegenwart. Düringer hätte aufgrund all der Besonderheiten rund um sein Gelände wohl auch kaum Zeit für politische Scherereien. Beispiele gefällig? Zäune am Platz müssen kleintiergerecht sein, Wasser darf nur aus dem Mühlgraben, nicht aber aus der ebenso nahen Wetter entnommen werden. Parkplätze unmittelbar am Spielfeld gibt es nur zwei Stück. Und so weiter und so fort. Jetzt in der der coronabedingten Pause hatten Düringer und Co. übrigens über die Maßen viel zu tun: "Kaum ist hier mal ein paar Wochen kein Spielbetrieb, schon beginnt die Natur damit, sich alles zurückzuholen", erklärt der Platzwart, "mir schauen beim Mähen dauernd die Störche zu, Brennnesseln müssen zurückgeschnitten werden, Mäuse machen uns das Leben schwer und die Nilgänse sind auch mit von der Partie." Immerhin: Der Maulwurf traut sich trampel-lärmbedingt weiter nur an die Außenlinie und respektiert das heilige Grün.

Am Bachufer sind mehrere spezielle Kescher angebracht. "Damit kann jeder den Ball aus dem Wasser fischen. Meistens machen es die Ersatzspieler der beiden Teams", so Düringer. Regelmäßig veranstaltet der Club intern Umwelttage, wobei Teile des Geländes wieder auf Vordermann gebracht werden. Die Stadt zahlt einen jährlichen Fixbetrag, um die Pflege der Anlage kümmert sich der TFV als Eigentümer dann komplett selbst. Egal ob es um das Vertikutieren des Rasens, das Pflanzen von Schwarzerlen oder den Bau von Steg-Geländern an den beiden Bachbrücken geht.

Und klar, legendäre Partien gab es maulwurfunabhängig in Ober-Hörgern natürlich auch schon en masse. Spielertrainer Christian Teschner erinnert sich an ein Heimspiel gegen den FC Nieder-Florstadt, als der Wind derart stark war, dass Abstöße im eigenen Toraus landeten. Entgegen naheliegender Gedanken, Spiele beim TFV könnten früher ausfallen als anderswo, steht der Fakt, dass der Platz durch die Entfernung der 29 Pappeln ("die haben sich nachträglich als teils innen hohl und damit gefährlich herausgestellt", Düringer) viel trockener ist, als man es im "Auenland" annehmen würde. "Bevor bei uns abgesagt wird, sind in benachbarten Orten meist längst schon die Spiele abgesetzt", so Düringer nicht frei von Stolz.

Apropos stolz: Gerne blickt man beim TFV, übrigens 2016 Hessens "dollstes Dorf", zurück auf den Durchmasch von der B-Liga in die Bezirksoberliga im Jahr 2000. 750 Zuschauer wohnten dem Relegationsrückspiel gegen den VfR Butzbach bei. Dem überraschenden 2:0-Hinspielsieg ließ man ein begeisterndes 7:4 vor großer Kulisse folgen. Vor fast ebenso vielen Zuschauern scheiterte der TFV vor wenigen Jahren mit 1:2 gegen Burg-Gräfenrode. Immer mit dabei am heimischen Platz allerdings die gefürchtete Kampfstärke. "Ich denke, die anderen Mannschaften kommen nicht so gerne zu uns, weil der Platz per se mit seiner Größe auch für viele Zweikämpfe und eine gewisse sportliche Härte steht. Das sind Tugenden, die den Verein auch seit Jahren prägen", präzisiert Teschner, der in diesem Sinne noch einigermaßen frisch von den 7:3-, 7:2- und 8:2-Siegen im letzten Spätsommer gegen Ilbenstadt, Beienheim II und Ockstadt schwärmt, "als sich die Mannschaft in einen Rausch gespielt hat." Vor den "legendär nahe" am Platz stehenden Fans. Und bei so vielen Toren hat vielleicht sogar mal der Maulwurf aus dem Erdboden aufgeschaut.

Storch und Kormoran sind wahrscheinlich eher diese Perspektive in Ober-Hörgern gewohnt.
Storch und Kormoran sind wahrscheinlich eher diese Perspektive in Ober-Hörgern gewohnt. – Foto: Foto-Jaux.

Aufrufe: 013.7.2020, 08:14 Uhr
Dennis BellofAutor