2024-04-25T14:35:39.956Z

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„So nicht Herr Hönisch“: Kristina Steckermeier (SV Kläham) weist den damaligen Spielertrainer des SC Oberweikertshofen, Florian Hönisch, in die Schranken. Steckermeier legte eine beachtliche Schiedsrichter-Karriere hin und pfeift sogar in der 2. Frauen Bundesliga. 
„So nicht Herr Hönisch“: Kristina Steckermeier (SV Kläham) weist den damaligen Spielertrainer des SC Oberweikertshofen, Florian Hönisch, in die Schranken. Steckermeier legte eine beachtliche Schiedsrichter-Karriere hin und pfeift sogar in der 2. Frauen Bundesliga.  – Foto: Dieter Metzler

Wie Bibiana Steinhaus: Diese Frauen haben auf dem Platz das Sagen

Widerspruch und Spott

Gerade einmal drei Prozent aller Schiedsrichter in Deutschland sind Frauen. Wir stellen ein paar von ihnen vor. Auf dem Platz ist klar, wer dann die Hosen an hat.

Landkreis – Als die deutsche Spitzen-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus, die vor kurzem ihre Karriere beendete, zum ersten Mal ein Fußballspiel der Männer pfiff, gab es viel Widerspruch und Spott. Zu Unrecht, wie sich schnell zeigte. Weibliche Schiedsrichter sind von der Bundesliga bis in den Amateurbereich trotzdem nur selten zu finden. Gerade einmal drei Prozent aller deutschen Schiedsrichter sind Frauen.

In der Schiedsrichtergruppe Ammersee ist es gar noch schlechter um weibliche Schiris bestellt, wie Schiri-Chef Christian Erdle (Aufkirchen) bestätigt. Von den 213 aktiven Schiedsrichtern sind mit Sonja May, Catlyn Franke, Annika Knauf und Sandra Billard gerade einmal vier Frauen dabei – 1,88 Prozent. „Warum keine Frau an die Pfeife will, das müsste man sie schon selber fragen“, meint Erdle auf die Frage nach dem Grund. „Ich denke aber, dass der Schiedsrichter eher ein Einzelkämpfer in einer rauen männerdominierten Sportart ist. Das könnte doch einige abschrecken.“ Die vier Frauen an der Pfeife aus der Region ließen sich davon jedenfalls nicht beeindrucken. Sie sorgen regelmäßig für Ordnung auf den Fußballfeldern.

Catlyn Franke ist Trainerin, Spielerin und Schiedsrichterin

„Ich habe 2017 im Rahmen der C-Trainerlizenz die Schiri-Prüfung abgelegt und es macht mir großen Spaß“, sagt die 22-jährige Catlyn Franke vom SC Gröbenzell. Kein Wunder, denn sie spielt aktiv Fußball beim FFC Wacker München und ist auch Trainerin bei ihrem Heimatverein in Gröbenzell. Eingesetzt wird sie hauptsächlich im Nachwuchsbereich von der D- bis A-Jugend sowie den Frauen. „Als Spielerin hadere ich häufig mit den Schiris“, gesteht sie. „Doch wenn man selbst pfeift, bringt man mehr Verständnis auf“, sagt sie. Ein Verständnis, das sie auch selbst als Schiri meistens erlebt hat. „Mir wurde immer der Respekt entgegengebracht, und ich wurde nach dem Spiel meistens gelobt“, sagt Franke.

Sie erinnert sich aber auch an eine kritische Szene. Als ein Spieler nach einem Pressschlag verletzt liegen blieb und sie nur Schiri-Ball gab, stürmte der Trainer auf den Platz. „Als ich ihn aufforderte, den Platz zu verlassen, nahm er seine komplette Mannschaft vom Feld.“ Aber selbst nach so einer Situation habe sie von den Zuschauern Unterstützung nach dem Spiel erhalten. Die bestätigten ihr, dass sie mit ihrer Entscheidung richtig gelegen sei. Auch ein Spielabbruch gehört bereits zu ihren Erfahrungen. Dabei habe aber sie viel Unterstützung von den Trainern und den Spielführern erhalten. „Ich hatte dabei das Gefühl, ich bekomme einen Frauen-Bonus. Die Angelegenheit landete vorm Sportgericht, und ich musste zum ersten Mal einen Bericht zu den Vorfällen abgeben.“

Die 29-jährige Sandra Billard pfeift seit zwei Jahren für den TSV Herrsching. Auch sie machte den Schiri-Schein wegen ihrer Trainer-C-Lizenz. „Ich habe aber mit jedem Spiel mehr Spaß am Pfeifen“, sagt die Herrschinger Torhüterin. Hauptsächlich eingesetzt im Jugendbereich findet sie es wichtig, dass die Kinder die Erfahrung mit einem Schiri lernen. „Die Spiele der Kinder werden meistens nicht von offiziellen Schiris geleitet“, bedauert sie. Als Torhüterin habe sich ihre Meinung zu den Schiris komplett geändert. „Früher habe ich oft gemeckert gegen den Schiri“, sagt sie. „Seitdem ich aber selber pfeife, kann ich als Spielerin jetzt die Entscheidungen besser nachvollziehen.“

„Lustig finde ich, wenn die Trainer ,Herr Schiedsrichter’ zu mir ins Spielfeld rufen.“ Durch eine stets souveräne Leistung auf dem Platz habe sie sich längst den Respekt erarbeitet. „Es gibt Vereine, die wünschen mich sogar als Schiri“, sagt sie.

Annika Knauf: Jüngste Schiedsrichterin

Mit 17 Jahren ist Annika Knauf von den Grün-Weißen aus Gröbenzell die jüngste Schiedsrichterin in der Gruppe. Sie pfeift seit zwei Jahren und hat bisher rund 40 Spiele geleitet. Zum Pfeifen sei sie eher zufällig gekommen, als sie bei Turnieren aushalf und sie dabei von einem Trainer beobachtet wurde. „Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, Schiri zu machen.“

Die Gymnasiastin, die für die U17 auf Torejagd geht, empfindet das Pfeifen als „angenehmen Ausgleich“ gegenüber dem selber Spielen. „Zudem sammelt man unglaublich viele Erfahrungen“, meint Knauf. Mädchen-Mannschaften seien angenehmer zu pfeifen. „Die Mädels motzen kaum und wenn, dann nicht so schlimm wie die Jungs.“ Viel schlimmer seien die Zuschauer und die Trainer, habe sie festgestellt. Die würden den Fairplay- Gedanken häufig mit Füßen treten. „Das muss man ausblenden, wenn es einem zu viel wird. Dann hat man kein Problem damit.“

Teilweise ganze Familien als SchiedsrichterInnen unterwegs

Gleich zu Beginn ihrer Karriere musste sie zwei Jugendspieler, die sich prügelten, mit Rot vom Platz schicken. „Das war krass und ich fühlte mich als Unerfahrene ein wenig überfordert.“ Aus dem Vorfall habe sie aber gelernt. „Seitdem gab es bei meinen Spielen weder eine Prügelei noch eine rote Karte“, erzählt Knauf.

Sonja May (41) ist eine Spätberufene unter den Schiedsrichterinnen. Aber eigentlich war es wohl nur eine Frage der Zeit, wann sie zur Pfeife greift, denn nicht nur ihr Mann, der beim TSV West Schiri-Obmann ist, sondern auch ihr Sohn sind aktive Referees. „Ich bin mit dem Fußball seit meiner Jugend verbunden“, sagt die mehrfache Mutter. So hat sie beim SV Puch, TSV West und in Berlin, ihrer Heimatstadt, in der Verbandsliga gespielt. Außerdem war sie Trainerin beim FC Puchheim und trainiert beim TSV West eine Mädchen-Mannschaft.

Zum Pfeifen kam Sonja May aber erst, als sie Schiri-Obmann Erdle versprach, einen Neulingskurs zu absolvieren, weil sie sich bei einem Hallenturnier über eine Schiri-Leistung echauffierte. Die Prüfung legte sie nach der Geburt der jüngsten Tochter im Frühjahr 2020 ab.

Frauen-Teams stehen im Schatten der Männer

Wegen der Corona-Pandemie und der Unterbrechung der Fußball-Saison kam Sonja May bisher erst auf drei Spielleitungen. Lob und anerkennende Worte aber gab es dazu von allen Seiten. „Selbst von einem Trainer, dessen Mannschaft hoch verlor, erhielt ich ein ,Sehr gut gepfiffen, Schiri’“, berichtet sie. Und während der Corona-bedingten Auszeit beantwortet May fleißig Fragebögen, mit denen Lehrwart Wolfgang Klotz (Moorenweis) die Referees der Gruppe regelmäßig löchert. „Dadurch, dass mein Mann und mein Sohn pfeifen, habe ich eine gute Kontrolle bei der Beantwortung der Fragen“, sagt Sonja May. Und sie hat offensichtlich eine strenge Regelauslegung „Bei dir fliegt ja nach einem Foul fast jeder vom Platz“, kommentierte ihr Mann Andreas lachend ihre Antworten.

In der Berichterstattung und in der öffentlichen Wahrnehmung stehen die Frauen-Teams im Fußball oft im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Das wollen wir ändern. Wir stellen die Landkreis-Klubs und herausragende Spielerinnen aus der Region in loser Reihenfolge vor.

(Dieter Metzler)

Aufrufe: 023.12.2020, 09:39 Uhr
Fürstenfeldbrucker Tagblatt / Dieter MetzlerAutor