2024-05-24T11:28:31.627Z

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"Wegen dem Vereinsleben holst du keine Spieler mehr"

Nachspielzeit mit Patrick Hüthwohl +++ Spieler des SV Blau-Gelb Wiesbaden über den holprigen Saisonstart und sein Verhältnis zum Verein

Wiesbaden. Seine Fußballerlaufbahn startete Patrick Hüthwohl bei Germania Wiesbaden, wo er jedoch nach einer schwierigen Gruppenliga-Saison den Spaß am Fußball verlor und erstmals zum SV Blau-Gelb Wiesbaden wechselte. Nach kurzen Zwischenstationen bei Nordenstadt und abermals der Germania kehrte er zur Saison 2013/14 zu Blau-Gelb zurück. Seitdem ist Hüthwohl nun durchgängig für den SV aktiv, sowohl auf, als auch auch abseits des Platzes. Mit seiner Mannschaft stieg er 2016 in die Kreisliga A auf, wo Blau-Gelb seitdem verweilt. Im Interview spricht Hüthwohl über Veränderungen im Amateurfußball, warum er dem Verein solange die Treue gehalten hat, das Kellerduell gegen den VFR Wiesbaden am Mittwochabend und wieviele Jahre er noch im Tank hat.

FuPa: Hallo Patrick, am Mittwochabend habt ihr das Derby gegen den VfR Wiesbaden knapp verloren, wie kam es dazu?
Patrick Hüthwohl: In der ersten Halbzeit sind wir mit 1:0 in Führung gegangen, hatten das Spiel defensiv ganz gut im Griff, obwohl der VfR ein paar Chancen hatte und sind mit dieser Führung auch in die Pause gegangen. In der zweiten Halbzeit war es ein komplett anderes Spiel. Die Jungs waren einfach nicht so konzentriert wie in der ersten Hälfte. Wir fangen uns erst das 1:1 nach eigenem Einwurf und dann das 1:2. Im Anschluss haben wir hinten aufgemacht, mussten wir ja auch, da wir uns auf einem Abstiegsplatz befinden, und haben auf Dreierkette umgestellt. In der 85. haben wir dann sogar noch den Ausgleich geschossen und haben versucht noch einmal nachzulegen, um im Heimspiel gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf ganz wichtige drei Punkte zu holen. Mit dem Abpfiff fangen wir uns am Schluss aber durch einen Lucky Punch noch das 2:3. So ist das halt im Fußball, wenn du hinten drinstehst, hast du die Scheiße manchmal am Fuß, da kannst du Schalke letztes Jahr fragen.

FuPa: Du hast den schwierigen Tabellenstand bereits angesprochen, wie wollt ihr dieses Jahr noch das Ruder rumreißen und den Abstieg abwenden?
Patrick Hüthwohl: Dieses Jahr kommt alles zusammen, Verletzte, Abgänge, wie Hugo Sillero unseren Brasilianer, der zurück nach Brasilien gegangen ist und wir fangen uns späte Gegentreffer wie gegen den VfR (2:3; Anm. d. Red.) oder gegen Amöneburg (4:4; Anm. d. Red.) ein. Trotzdem bin ich guter Dinge, ein paar Verletzte kommen bald zurück und es stehen ja auch noch einige Spiele gegen Mannschaften an, wo wir die Dinger einfach gewinnen müssen, um am Ende über dem Strich zu stehen.

FuPa: In den ersten Jahren, die du bei Blau-Gelb gespielt hast, lief es richtig gut. Ihr seid aufgestiegen und wart auch danach immer im oberen Mittelfeld der Tabelle zu finden. In den letzten drei, vier Jahren habt ihr dann schlechter abgeschnitten, woran liegt das?
Patrick Hüthwohl: Im Aufstiegsjahr war der große Vorteil, dass unsere Leistungsträger alle noch jünger und demensprechend fitter waren. Ich selbst war damals beispielsweise Anfang 30 und hatte nur drei Knie-OPs hinter mir, mittlerweile bin ich bei fünf. Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir älter und verletzungsanfälliger geworden sind, ist der Wadenbeinbruch von Pasquale Merla, dem ich an dieser Stelle eine gute Besserung wünschen will. Den Bruch hat er sich letzte Woche im Training ohne Fremdeinwirkung zugezogen. Außerdem kamen früher junge Spieler zu uns, weil sie gemerkt haben, dass Blau-Gelb ein geiler Verein ist, was ja auch immer noch so ist, nur was heutzutage immer schwieriger ist, ist das Thema Geld. Wir zahlen nichts, sogar in unserer Vereinshymne heißt es: „Wir spielen nur aus Spaß und kriegen gar kein Geld.“ Das Problem ist, fast alle anderen Vereine zahlen den Spielern Geld, sogar in der B-Liga gibt es häufig Siegprämien und dadurch kommen gar keine jungen Spieler mehr zu uns. Mit dem Vereinsleben, dass wir beispielsweise nach dem Spiel teilweise noch vier Stunden zusammensitzen und ein Kasten Bier ausgegeben wird, somit holst du keine Spieler leider. Auch hatten wir sechs Studenten vom BKA, die, nachdem sie ihr Studium beendet, haben nach Berlin gezogen sind. Zudem haben wir unseren Torwart Philipp Tiemann kurz vor Ende der Wechselperiode an die SG Orlen verloren, was ich auch verstehen kann. Phipsi war der Manuel Neuer der A-Klasse, der hat pro Spiel zwei bis drei hundertprozentige Bälle abgewehrt.

FuPa: Du hast dein Alter und die vielen OPs bereits angesprochen, wie viele Jahre für Blau-Gelb hast du noch im Tank?
Patrick Hüthwohl: Ich habe mich letztes Jahr in der Coronazeit etwas gehen lassen, die zusätzlichen Kilos dann aber als Ansporn genommen um wieder richtig fit zu werden und merke mittlerweile, dass es wieder deutlich besser geht auf dem Platz. Ich bin Fußballer seit ich vier bin, bin ein Vereinsmensch, Blau-Gelb ist meine Familie, ich selbst wasche auch die Trikots, mein Onkel ist erster Vorsitzender im Verein, also ich werde, solange ich noch gerade laufen kann und keine jungen Spieler nachrücken, für den Club spielen. Solange mich der Verein braucht, bin ich für den Verein da.

FuPa: Seit 2013 bist du jetzt durchgängig für Blau-Gelb aktiv, wie kommt es, dass du dem Verein so treu bist?
Patrick Hüthwohl: Ich habe die ersten 23 Jahre meines Fußballerlebens bei der Germania verbracht. Dann sind wir in die Gruppenliga aufgestiegen und haben jedes Wochenende 9:0 auf die Mütze bekommen. In der Zeit habe ich den Spaß am Fußball verloren. Bei Blau-Gelb waren dann mein Onkel und ein paar andere Leute, mit denen ich gut klarkam, weswegen ich zurück in die B-Liga gegangen bin um wieder ein bisschen zu kicken und Spaß zu haben. Blau-Gelb ist Familie für mich, ich kenne das Vereinsleben, seit ich ein Kind bin, deswegen mache ich so Sachen wie die Trikots zu waschen gerne. Blau-Gelb ist wirklich einer der letzten Vereine, bei denen das Vereinsleben noch wirklich gelebt wird. Da verlangt keiner, obwohl er den ganzen Sonntag hinter dem Grill steht und Würstchen brät, auch nur einen Cent. Leider stirbt sowas aber heutzutage aus. Vor allem die jungen Spieler sind nach dem Training immer direkt weg und kümmern sich um nichts, zum Beispiel darum die Tore vom Feld zu tragen.

FuPa: Kannst du dir vorstellen nach deiner Aktivenkarriere bei Blau-Gelb ein Amt zu übernehmen, beispielsweise als Jugendtrainer oder Vorstand?
Patrick Hüthwohl: Wenn dann so in Richtung Vorstand, Trainer wollte ich nie sein, weil du als Trainer immer auf dem Platz stehen musst. Irgendwas mit Vorstand oder Abteilungsleiter würde aber ganz gut passen, weil ich auch durch die Arbeit ein paar Kontakte habe. Ich bin bei uns auch jetzt schon derjenige, der sich um die Gastwirtschaft kümmert und als letzter das Vereinsheim abschließt. Blau-Gelb werde ich, egal in welcher Form, immer die Treue halten.

Aufrufe: 01.10.2021, 09:00 Uhr
Tim StammAutor