2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Sebastian Emre Stang ist aus der Regionalliga in die Berlin-Liga gewechselt.
Sebastian Emre Stang ist aus der Regionalliga in die Berlin-Liga gewechselt. – Foto: Mitsch Rieckmann

"Vieles würde ich anders machen"

Emre Stang spielt in der Berlin-Liga, vorerst. Denn während er beim TSV Rudow die Schuhe schnürt, absolviert der Mittelfeldspieler ein Studium. Später kann er sich nochmal vorstellen in der Regionalliga anzugreifen, lieber wäre ihm aber: Fußball im Ausland.

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Emre Stang

Herr Stang, Sie wurden unter anderem bei Union Berlin ausgebildet, haben bei Babelsberg und Fürstenwalde Regionalliga gespielt. Jetzt Rudow und Berlin-Liga- Warum hat der endgültige Schritt im überregionalen Fußball nicht geklappt?

Das ist schwer zu sagen. Ich denke, jeder will es bis in den überregionalen Fußball schaffen. Auch ich gehörte und gehöre dazu und ich habe auch meine Spiele gemacht - egal ob unter Cem Efe bei Babelsberg oder André Meyer bei Fürstenwalde. Oft habe ich auch ein Lob für meine Leistung bekommen. Oft wurde auch gesagt „du machst nichts falsch, bleib geduldig“. Dann frag ich mich „wenn ich nichts falsch mache, wieso spiele ich dann nicht?“. Als junger Spieler ist man nicht geduldig und versteht das meistens nicht.

Also waren Sie nie am richtigen Ort zur richtigen Zeit oder hatten Sie nie die richtigen Trainer?

Ich will niemandem die Schuld in die Schuhe schieben, es sollte bisher einfach nicht sein. Ich denke, dass ich auf jeden Fall das Potential dazu hatte, überregional zu spielen. Wieso es am Ende nicht geklappt hat, weiß ich ehrlich gesagt selber nicht. Natürlich muss man sich an die eigene Nase fassen und gucken, was für Fehler man selber gemacht hat. Denn niemand ist fehlerfrei, aber ich hatte auch viel Pech, das muss ich sagen.

Hat Ihnen auch das Vertrauen gefehlt?

Ich war verunsichert, ja. Ich habe ein gutes Spiel am Wochenende gemacht, gut trainiert und war dann beim nächsten Spiel auf einmal auf der Bank. Auf Nachfrage konnten mir keine richtigen Argumente geliefert werden. Da weiß man als Spieler nicht, wo man steht und was man noch ändern soll. Also ja, das hat mir in der Vergangenheit schon gefehlt.

Wie kam dann der Schritt zu Rudow zustande?

Ich habe mich für ein Studium entschieden und den Weg in die Berlin-Liga. Ich bin dankbar, dass Rudow an mich als Person und auch an meine Qualität glaubt und mir vertraut. Ich bin zu einer super Mannschaft gestoßen, mit der es echt viel Spaß macht, zu trainieren. Und zu einem Trainer, der sehr viel Erfahrung hat, eine Spielweise präferiert, die mir gefällt und der auch an mich glaubt. Auch wenn ich mal schlecht spiele. Ich spüre das Vertrauen und nur dann kann man seine besten Leistungen abrufen. Ich bin froh, beim TSV zu sein, mein Lehramt-Studium zu beenden und dann wird man sehen, wohin einen die Wege führen.

Zwei Ligaspiele, drei Tore. Besser hätte Ihr Pflichtspieleinstand beim TSV gar nicht sein können, oder?

Ich freue mich sehr, dass ich der Mannschaft mit meinen Toren helfen konnt. Wer mich aber länger kennt, der weiß, dass mir der persönliche Erfolg nicht so wichtig ist wie der der Mannschaft. Also könnte von mir aus auch unser Torwart drei Tore erzielen, Hauptsache wir gewinnen, dann ist alles gut. Schade aber, dass wir am Wochenende gegen Empor das Spiel so leicht aus der Hand gegeben haben. Das ärgert mich sehr, da bringt mir das Tor auch nicht viel.

Ein Sieg, eine Niederlage - kann man nach den zwei Spielen und den Eindrücken schon sagen, wohin der Weg in dieser Saison führt?

Ich denke, dafür ist es noch zu früh. Wir haben ein gutes Team, mit einer Mischung aus erfahrenen und vielen jungen Spielern. Die Mannschaft hat auf jeden Fall das Potential in der oberen Tabellenhälfte mitzuspielen, dafür muss man jedoch solche Spiele wie am Wochenende gegen Empor gewinnen. Aber ich bin sehr optimistisch, dass wir das als Mannschaft hinkriegen werden. Der Trainer wird unsere Fehler ansprechen und verbessern. Wir sind ein junges lernfähiges Team.

Sie gehören ja noch nicht „zum alten Eisen“, haben aber in den vergangenen Jahren schon bei mehreren Vereinen, vor allem überregional, Erfahrung sammeln können. Sehen Sie sich dadurch als Führungsspieler?

Teils, teils. Ich brauche keinem den Fußball erklären. Trotzdem sehe ich mich aber in der Pflicht, vor allem den jungen Spielern, ein paar Tipps zu geben, wie man das Eine oder Andere besser machen könnte. Vom Alter her bin ich genau in der Mitte bei uns, daher gebe ich meist den jüngeren Spielern bei uns ein paar Ratschläge. Einem Felix Schiller brauche ich nichts zu erzählen. Aber natürlich versuche ich gerne zu helfen, auch wegen meiner Erfahrun,g die ich im überregionalen Bereich gesammelt habe.

Wie war es, als mit Felix Schiller plötzlich ein Ex-Profi neben Ihnen im Training stand. Erkennt man das an seiner Ausstrahlung und wie hilft er der Mannschaft?

Felix ist ein sehr lockerer und lustiger Typ, der trotzdem immer noch Vollgas gibt. Das schätze ich sehr an Ihm. Ich glaube nicht, dass jeder Spieler, der aus dem Profifußball in den Amateurbereich wechselt, noch so motiviert wäre, wie er es ist. Er ist nicht umsonst unser Kapitän. Seine Ausstrahlung und Erfahrung auf dem Platz geben uns Spielern mehr Energie, um bis an unser Limit zu gehen. Man kann viel von Ihm lernen.

Viele Spieler wechseln aus der Regional- oder Oberliga in die Berlin-Liga. Manche sogar noch weiter runter. Im Fall von Felix Schiller sogar von noch weiter oben. Bei Vielen sieht man kein Unterschied zu anderen Spielern. Warum „passt“ man sich dem Niveau an, liegt es wie eben angesprochen, an der Motivation?

Ja, ich habe schon von vielen gehört, dass man sich dem Niveau anpasst. Ich finde, es stimmt nicht ausschließlich. Ich persönlich will immer mein Bestes geben und achte nicht darauf, wo ich bin. Ich gebe beim TSV Rudow genauso viel Gas, wie zum Beispiel bei Babelsberg und Fürstenwalde.

Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Unterschiede zwischen den Ligen?

Der Unterschied liegt vor allem bei den Bedingungen. Ich denke, dass viele Mannschaften, erst recht in der Regionalliga, auf Profi-Niveau trainieren, die meisten aber nicht das Budget oder die äußeren Gegebenheiten haben. Wir haben in diesem Sommer jeden Tag trainiert und hatten in sechs Wochen Vorbereitung nur vier freie Tage. Profis trainieren ähnlich, vielleicht ein bisschen mehr, aber da herrschen ganz andere Bedingungen. Man wird dort viel intensiver gefördert - durch Videoanalysen und Einzeltrainer und sowas.

Das ist ja nun erst einmal Vergangenheit. Hand aufs Herz: Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?

Ja sicher, im Laufe der Zeit lernt man immer mehr Dinge dazu und würde gewisse Schritte immer anders gestalten. Die Gelegenheit, damals Berlin zu verlassen, wäre im Nachhinein betrachtet wohl die beste Option gewesen. Aber im Großen und Ganzen sind es viele Kleinigkeiten, die ich anders machen würde.

Können Sie sich vorstellen nochmal ganz oben anzugreifen, wenn das Studium beendet ist?

Definitiv. Wichtig war für mich jetzt, dass ich erstmal studiere, um später Sicherheit und einen Beruf in der Tasche zu haben. Wenn sich die Gelegenheit bietet, nochmal in der Regionalliga zu spielen oder noch höherklassiger, dann werde ich nochmal angreifen.

Sie haben unter André Meyer trainiert, der zuletzt Co -Trainer bei Aue war. Hat man sein Talent bereits in Fürstenwalde erkennen können? War er der Übungsleiter, von dem Sie am meisten lernen konnten?

André Meyer kenne ich noch aus meiner U19-Zeit bei Union Berlin, schon dort war er zwei Jahre lang mein Trainer. Ich habe schon damals gesagt, dass er es früher oder später in den Profibereich schaffen wird und sich dort auch festsetzen kann. Er ist ein sehr akribischer Trainer, der seine Spielphilosophie verfolgt, aber sich auch Gegnern anpassen kann während eines Spiels. Der enge Draht zu den Spielern und sein Training machen ihn in meinen Augen zu einem super Trainer. Außerdem ist er ein sehr emotionaler Typ, der seine Spieler von der Seitenlinie und in der Kabine stets motivieren kann. Seine Trainingseinheiten sind immer durchdacht und haben einen Plan, außerdem machen sie meistens Spaß. Ich gönne es ihm sehr.

Viel haben Sie schon gesehen, aber gibt es noch ein bestimmtes Ziel, das Sie in Ihrer Karriere verfolgen?

Ich würde gerne Berlin verlassen. Ich denke, das würde mir ganz guttun und ich würde bei null anfangen. Zu Beginn würde mich die Regionalliga West sehr ansprechen, denn ich denke, dass ich dort mit meinen Stärken am Ball evtl. mehr auffallen kann als in der Regionalliga Nordost - wo es doch meist nur körperlich zur Sache geht. Ich lasse nach meinem Studium alles auf mich zukommen und möchte mich dahin bestens präsentieren und mich natürlich auch fit halten. Sportliche Einheiten an freien Tagen gehören natürlich auch dazu, oft gehe ich dafür Tennis spielen, aber auch kleine lockere Laufeinheiten zum Abschalten stehen manchmal auf dem Programm. Ansonsten ist mein größtes Ziel der FC Barcelona, deswegen habe ich damals mit dem Fußball angefangen. Allgemein der Schritt nach Spanien wäre sehr verlockend.


Die Fragen stellte Marcel Peters.

Profil: Sebastian Emre Stang

Aufrufe: 021.8.2019, 11:59 Uhr
Marcel PetersAutor