2024-05-17T14:19:24.476Z

Allgemeines
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Vernünftiger Entscheid oder fehlender Mut?

Stimmen nach dem Saisonabbruch-Antrag der Regionalverbände

Das vorzeitige Saisonende ist aufgrund der anhaltenden Coronavirus-Situation nur noch Formsache. Unter den Fussballern löste der Beschluss dennoch kontroverse Diskussionen aus.

Der Entscheid kam nicht mehr überraschend. Am Samstag beantragten Amateurliga und die 13 Regionalverbände – darunter auch der FVRZ – beim Zentralvorstand des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) wegen der anhaltenden Coronavirus-Krise den Saisonabbruch.

Die Worte von Scramoncini

Erstaunliche Worte wählte Willy Scramoncini, Leiter Spielbetrieb beim FVRZ, im "Tages-Anzeiger".

"Es ist davon auszugehen, dass der Teamsport nicht vor dem 8. Juni wieder aufgenommen werden darf." Dies sei zu spät, um die Saison geregelt zu beenden. Denn bei einigen Vereinen sind die Plätze ab Mitte Juni gesperrt, andere tragen dann Grümpelturniere aus, eine wichtige Einnahmequelle. Ausserdem steige die Verletzungsgefahr massiv, wenn über längere Zeit zwei bis drei Matchs pro Woche gespielt werden müssen.

Die Absegnung ist nur noch eine Formsache – und das Ergebnis: Keine Auf- und Absteiger, keinen Cupsieger. Die Teilnehmer an der Hauptrunde des nächsten Schweizer Cups werden per Los ermittelt.

Das Echo ist gross. Und der Beschluss wird kontrovers diskutiert. Einerseits ist von einer vernünftiger, richtigen Enscheidung die Rede. Anderseits haben auch nicht wenige für das Handeln der Verbandsköpfe eher ein Kopfschütteln übrig.

Sieger sind Verlierer, Verlierer sind Sieger

Fakt ist aber sowieso: Sieger werden nun zu Verlierern, Verlierer zu Siegern. Der FC United Zürich darf ein weiteres Jahr in der 2. Liga interregional herumirren. Das abgeschlagene Schlusslicht der Gruppe 6 setzte in der Vorrunde der nun abgebrochenen Saison 38 (!) Spieler in nur elf Partien ein.

Für die zweite Meisterschaftshälfte wäre erneut mindestens eine Handvoll neue Akteure aufgelaufen. Denkwürdig ist insbesondere das peinliche 1:17 gegen Chur 97.

Und damit sind wir bei den Betrogenen. Der Leader aus dem Bündner Hauptort überwinterte mit sechs Punkten Vorsprung auf den FC Seuzach, den nächsten Verfolger. Die ganze Basisarbeit ist durch die Annulation hinfällig geworden.

"Das finde ich nicht vernünftig. Diesen Antrag an den Zentralverband ist nicht im Sinne des Breitenfussballs. Schade hatten die Verbandspräsidenten nicht den Mut, die bestehenden Ranglisten zu werten – Aufstiege zuzulassen und auf Abstiege zu verzichten. Dies wäre eine echte Wertschätzung für die Vereinsfunktionäre, Staffs und Spieler gewesen. Der Ausgleich der Gruppengrössen hätte in der Saison 21/22 erfolgen können", äusserte sich Churs Präsident Josef Müller nach dem Entscheid deutlich gegenüber dem "SonntagsBlick".

Churs Präsident stellt Einigkeit in Frage

Und der Klubchef stellt die nach Aussen getragene Einigkeit unter den Regionalverbänden in Frage. "Auch andere Präsidenten, nicht nur solche, welche dem Ostschweizer Fussballverband angehören, waren eigentlich meiner Meinung. Ich denke, der OFV hat das schon so vertreten an der Sitzung, aber vermutlich aufgrund von Kompromissvorschlägen nicht durchsetzen können. Ich glaube nicht, dass der Entscheid einstimmig war."

Stellvertretende Beispiele gibt es natürlich auch im FVRZ. Der designierte Absteiger Walllisellen darf sich über den Klassenerhalt in der 2. Liga freuen. Der seit Jahren für seine verlässlich-seriöse Nachwuchsarbeit bekannte SC Veltheim kann dafür den Wiederaufstieg in die 2. Liga vergessen – trotz beträchlichem Vorsprung. Die Enttäuschung in den Reihen des Winterthurer Klubs ist entsprechend gross.

Ohne einen Punkt zum Ligaerhalt

In der Gruppe 5 der 3. Liga holte Thayngen im Herbst nicht einen Punkt! Die hochüberlegenen Langnau am Albis und Küsnacht verbleiben dafür in der 4. Liga.

Deshalb: Der SFV (und damit auch des FVRZ) geht mit der Annulation der Meisterschaft wohl den einfachsten Weg. Schon öfters profilierte er sich in der jüngeren Vergangenheit als Reformer (Einführung der Strafpunkteregel, Spielerwechsel à go go). In der aktuellen Ausnahmesituation sucht er allerdings scheinbar keine flexible Lösung. Es wird zunächst auf Zeit gespielt, und dann die Saison ganz abgeblasen.

Der FVRZ skizziert zwar Ende März drei mögliche Szenarien. Sie bleiben aber natürlich reine Theorie, da er im selben Schreiben ebenso festhält, sich an die Weisungen von oben zu halten. Was bleibt ihm auch anders übrig.

"Wenn am 15. Mai die Rückrunde im Amateurfussball nicht gestartet werden kann, wäre es vernünftig, die Saison abzubrechen. Der Meisterschaftsbetrieb würde sich in diesem Fall bis weit in den Juli, also bis in die Sommerferien hinein ziehen", sagte Luigi Ponte, der Präsident des Aargauer Regionalverbands, unlängst zur "Aargauer Zeitung".

Krise als Chance?

Doch weshalb überhaupt in solchen Grenzen denken? Es wäre womöglich auch eine Gelegenheit gewesen, die Krise als Chance zu nutzen und neue Wege zu begehen. Gerade in Zeiten, in denen mittlerweile nahezu ganzjährig gespielt wird. Und gewisse Trainer dies auch ausnutzen, und insbesondere in der Wintervorbereitung Testspiel um Testspiel bestreiten – und damit so quasi schon eine ganze Meisterschaft vor der Meisterschaft. Oder aber man hätte das Geschehene (und damit die Hinrunde) zumindest in die nächste Saison mit einfliessen lassen können.

"Ein Abbruch ist keine Lösung sondern das Eingeständnis der Niederlage gegen das Virus, welches wir momentan alle zusammen bekämpfen", kommentierte der SC Veltheim den Entscheid auf seiner Facebook-Site. Dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen.

Aufrufe: 019.4.2020, 12:20 Uhr
Redaktion regional-fussball.chAutor